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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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wissen. Ich mag mich irren, aber mir ist ganz so, als ob Gerber bloß große Töne spuckt. Kann sein, dass er mal dran gedacht hat, aber wirklich getan hat er es meiner Meinung nach nicht. Gerber ist so gestört, dass er behaupten würde, den Präsidenten entführt zu haben, wenn ihm das einfiele.«
    »Mir tut er leid«, sagte Jason.
    »Ja, ja, aber nicht allzu leid. Er könnte sich doch als der herausstellen, hinter dem wir her sind. Übrigens interessiert mich seine Drohung, den Mann an der Theke einfach abzuknallen, mehr als sein Geständnis. Hat er das ernst gemeint, Keisman?«
    »O ja, Sir, daran habe ich keinen Zweifel. Mindestens hätte er den Mann verprügelt, wenn ich ihn nicht auf ein anderes Thema gebracht hätte.«
    »Na ja, es wäre nicht das erste Mal. Der Mann ist eine öffentliche Gefahr. Jason, am besten wird es sein, Sie nehmen sich Gerber ebenfalls vor. Wissen Sie unterdessen, wo Gerber zur Tatzeit gewesen ist, Keisman?«
    »Leider nein, Sir. Ich habe mit mehreren Barkeepern gesprochen, in den Kneipen, wo er sich meist rumtreibt, aber keiner, auch die Kellner nicht, erinnert sich, ob er an dem Freitagabend dort war. Kennen tun sie ihn schon, weil er überall unbeliebt ist, aber schließlich ist das jetzt Wochen her.«
    Delaney nickte und schaute auf seine gefalteten Hände. Er schwieg ziemlich lange und sagte dann, ohne die Stimme zu heben oder aufzublicken:
    »Jason, tun Sie mir einen Gefallen. Irgendwo muss es Beratungsstellen für Vietnamveteranen geben. Vielleicht auch eine Klinik. Oder sonst einen Ort, wo die Veteranen zusammenkommen können. Sehen Sie mal zu, ob man ihm auf diese Weise vielleicht helfen kann. Ich will nicht einfach zusehen, wie der Junge total vor die Hunde geht. Auch wenn er den Mord an Ellerbee nicht begangen hat, dürfte er sich schon sehr bald auf andere Weise furchtbar in die Scheiße setzen.«
    »Mache ich, Sir.«
    Nachdem die beiden weg waren, vervollständigte Delaney das Dossier von Gerber durch ein Protokoll seiner Unterhaltung mit Keisman. Dieses sogenannte Geständnis war ein weiteres Faktum, das bedacht sein wollte. Delaney hielt es für reine Phantasie, nicht, weil er Gerber den Mord nicht zutraute, sondern weil Delaney sich nicht vorstellen konnte, dass der Fall Ellerbee eine so einfache Aufklärung fand. Er gestand sich ein, dass ihm dies nicht recht gewesen wäre. Das wäre so enttäuschend gewesen, als fiele ein Fußballspiel aus wegen Regens. Wenn er ganz ehrlich sein wollte, musste er zugeben, dass ihm die Ermittlungen im Grunde eben doch Spaß machten. Was ja nur bewies, dass der alte Hund noch nicht tot war.
    Delaney war nicht der einzige, der Spaß an diesen Ermittlungen fand. Die Kriminalpolizistin Venable genoss es ebenso sehr. Zum ersten Mal durfte sie selbständig in einem Mordfall tätig werden, ohne einen männlichen Partner, der ihr ungebetene und unerwünschte Ratschläge erteilte, oder ihr zudringliche Fragen über ihr Liebesleben stellte. Kam hinzu, dass Joan Yesell ihr überaus sympathisch war. Venable war jünger als Yesell, hatte aber ebenfalls eine unerträgliche Mutter und im Moment keinen festen Freund. Manchmal hätte sie am liebsten geheult, weil sie sich so einsam fühlte, wenn es auch nie so schlimm wurde, dass sie daran gedacht hätte, sich die Pulsadern zu öffnen. Zweimal hatte sie jetzt länger mit Joan gesprochen und den Eindruck gewonnen, sie kämen prächtig miteinander aus, allerdings war beidemal diese unmögliche Mutter dabei gewesen und hatte sich immer wieder eingemischt. Auf die Fragen, die Boone und Delaney gestellt hatten, und die auch Venable stellte, bekam sie die gleichen Antworten. Ihr fielen aber auch noch andere ein.
    »Haben Sie eigentlich je Doktor Ellerbees Frau kennengelernt, Joan?«
    »Einmal, als ich auf den Doktor wartete, habe ich sie gesehen?«
    »Sie soll doch so bezaubernd aussehen?«
    »Ja, das tut sie.«
    »Ziemlich abgebrüht, wenn Sie mich fragen«, warf die Mutter ein.
    »Dann kennen Sie sie also auch?« Venable war erstaunt.
    »Genaugenommen nicht«, wand die alte Yesell sich, »aber nach dem, was ich von meiner Tochter höre…«
    »Ich kenne sie ebenfalls nicht. Können Sie sie beschreiben, Joan?«
    »Groß. Schlank. Sehr elegant. Echtes Blondhaar. Als ich sie sah, trug sie das Haar aufgesteckt und wirkte richtig … majestätisch, könnte man sagen.«
    »Pah, so toll wird es schon nicht sein«, sagte die Mutter wegwerfend.
    Obwohl sie nicht glaubte, dies könne wichtig sein, nahm Venable auch

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