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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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gemalten Blumen auf deinem Teller hast du alles verschlungen, Edward. Geht es dir jetzt besser?«
    »Sehr viel besser. Und jetzt lass bitte alles stehen und liegen und lass uns den Kaffee im Wohnzimmer trinken.«
    »Es ist ja nichts mehr da, was ich abtragen könnte. Wir haben alles ratzekahl verputzt, wie die Heuschrecken.«
    »Meine Mutter sagte immer: Eine gute Verdauung ist ein wahrer Segen. Wie recht hatte sie doch!«
    »Du erwähnst deine Mutter selten, Edward«, sagte seine Frau, als sie im Wohnzimmer saßen.
    »Du weißt, sie starb, als ich fünf Jahre alt war. Meine Erinnerung an sie ist also eher skizzenhaft. Auf dem Dachboden liegen Fotos von ihr. Irgendwann grabe ich die mal aus. Du wirst sehen, sie war eine sehr liebe Frau.«
    »Und woran ist sie gestorben?«
    »Bei der Geburt meines Bruders. Der starb dann auch.«
    »Wurde er noch getauft?«
    »Ja doch. Terry.«
    »Wie dein Vater?«
    »Ja. Und der hat nie wieder geheiratet. Wir beide sind also Einzelkinder.«
    »Dafür haben wir uns ja nun.«
    »Ja, man muss Gott danken.«
    »Weshalb gehst du eigentlich nicht mehr in die Kirche, Edward?«
    »Und warum gehst du nicht mehr in die Synagoge, Monica?«
    Sie schmunzelten beide.
    »Schöne Heiden sind wir beide, ein hübsches Paar«, sagte er.
    »Bestimmt nicht. An Gott glaube ich«, verbesserte sie ihn. »Du etwas nicht?«
    »O doch. Manchmal stelle ich mir vor, Er möchte der stellvertretende Commissioner Thorsen sein.«
    »Alter Affe«, lachte sie. »Willst du die Nachrichten im Fernsehen anschauen?«
    »Nein, danke vielmals. Ich möchte lieber einen geruh…«
    Das Telefon klingelte.
    Er erhob sich schwerfällig. »Das ist nun mein geruhsamer Abend. Ich telefoniere im Arbeitszimmer.«
    Es war Mrs. Ellerbee.
    »Mr. Delaney, ich muss mich bei Ihnen für das Gespräch heute Morgen entschuldigen. Mir ist erst hinterher aufgegangen, dass Sie all diese Arbeit ja ohne Not auf sich genommen haben, und es tut mir leid, dass ich so schroff war.«
    »Machen Sie sich nichts draus, Madam. Ich weiß, wie Ihnen das alles zusetzt. Und ich weiß auch, wie schwer es ist, in solchen Fällen die Geduld nicht zu verlieren.«
    »Ich bin im Begriff, über das Wochenende nach Brewster zu fahren, Mr. Delaney, und mir ist noch etwas eingefallen, was Ihnen eventuell weiterhelfen könnte. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich auf ein paar Minuten bei Ihnen vorbeikomme?«
    »Jederzeit gern, Madam. Wir haben schon gegessen.«
    »Dann bis gleich.«
    Er unterrichtete seine Frau, die nicht erbaut war.
    »In der Küche sieht es aus wie… Hängen in der Toilette im Flur frische Handtücher? Ist noch Zeit, dass ich mir was anderes anziehe?«
    »Monica, du siehst tadellos aus. Und in der Toilette hängt bereits ein sauberes Handtuch. Vor allem beruhige dich, mein Schatz, es ist nicht die Königin von England, die hier Besuch macht.«
    Doch als Mrs. Ellerbee dann kam, sah es nicht nur im Wohnzimmer aufgeräumt aus, sondern auch passabel in der Küche, und beide Delaneys erwarteten ihren Gast etwas steif, fest entschlossen, sich unbeeindruckt zu zeigen - was ihnen aber misslang.
    Diane Ellerbee war die Liebenswürdigkeit in Person. Sie fand die Wohnung ungemein behaglich und lobte, was ihr unbeirrbarer Blick mit absoluter Gewissheit als das wertvollste Möbelstück erkannt hatte, einen antiken Schreibsekretär, der Duncan Phyfe zugeschrieben wurde, und versicherte Delaney in aller Aufrichtigkeit, nie und nirgendwo einen besseren Wodka Gimlet gekostet zu haben, als den von ihm zubereiteten.
    Tatsächlich spielte sie die Rolle der großen Dame so breit aus, dass sich in Delaneys altem Polizistenhirn sogleich die Überzeugung festsetzte, diese Frau sei ungeheuer nervös und führe etwas Besonderes im Schilde. Von nun an war er ganz locker und beobachtete leicht amüsiert die Unterhaltung zwischen seiner Frau und Mrs. Ellerbee. Diese trug Rock und Pullover aus pilzfarbiger Wolle, dazu kniehohe Stiefel aus butterweichem Leder, außer dem Ehering aber keinen Schmuck und so gut wie kein Make-up. Das flachsblonde Haar fiel ihr auf die Schultern und ließ ihr Gesicht weich und verletzlich erscheinen.
    Nun wandte sie sich ihm zu mit der Frage: »Ist die Liste der Patienten, die ich Ihnen gab, von irgendwelchem Nutzen für Sie gewesen, Mr. Delaney?«
    »Von großem Nutzen, Madam. Sie alle werden derzeit überprüft.«
    »Hoffentlich haben Sie nicht erwähnt, dass diese Liste von mir stammt?«
    »Selbstverständlich nicht. Wir sagen allen, dass sämtliche

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