Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
unzählige Statuetten aus Silber und Bronze. Düstere Ölgemälde und wertvolle Pelze mit dumpf glotzenden Tierköpfen bedeckten die Wände. Die Fenster waren verhüllt von schweren Damastvorhängen, so dass kein Licht von außen eindringen konnte. Der Raum wurde einzig und allein von einem prasselnden Feuer in einem steinernen Kamin erhellt, der nahezu die gesamte gegenüberliegende Seite einnahm.
In einem Sessel mit hoher Lehne, direkt neben dem Feuer, saß der alte Richter.
Hieronymus Hauser mochte fast siebzig Jahre alt sein, das einst schwarze, wellige Haar hatte mittlerweile die Farbe kalter Asche angenommen, der kleine runde Kopf war von tiefen Falten übersät und schien fast völlig zwischen dem schwarzen Stoff des viel zu großen Mantels zu versinken.
Hausers blinde Augen starrten wie zwei erloschene Kohlen in die Dunkelheit. Leise summte er die altertümliche Melodie, die bis vor kurzem noch die Flöte gespielt hatte.
Mit einem Mal brach der Richter ab und lächelte.
»Eine italienische Weise, äußerst anrührend, findet Ihr nicht auch, von Küffen?«, fragte er sein Gegenüber. »Wenn man blind ist, gieren die anderen Sinne geradezu nach Eindrücken. Mein einziger mir verbliebener Diener spielt mir das Lied immer vor, wenn ich mich einsam fühle. Und, bei Gott, ich fühle mich oft einsam.«
»Woher wusstet Ihr, dass ich es war, der an Euer Portal geklopft hat?«, erkundigte sich Augustin steif.
»Ich habe, nun ja … Nachforschungen angestellt. Halb Köln spricht davon, dass Ihr den Fall Imhoff noch einmal aufrollen wollt, wisst Ihr das?« Der Richter wies ihm mit einer ungeduldigen Kopfbewegung einen Platz neben dem Kamin zu. »Außerdem erkenne ich Eure Stimme, von Küffen. Sie ist noch genauso schneidig und arrogant wie vor zwanzig Jahren. Ich habe Euch nicht vergessen. Man sagt, Ihr seid ein erfolgreicher Anwalt geworden?«
»Ich besitze einen gewissen Ruf.« Augustin ließ sich in einem der schweren gepolsterten Sessel nieder und musterte den mit teuren Möbeln vollgestellten Saal. Alles wirkte eine Spur zu protzig, zu schrill, wie dicke Farbe, die ein hässliches Bild übertünchen soll.
»Ein hübsches Anwesen habt Ihr da, Meister Hauser«, fuhr Augustin nachdenklich fort. »Als ich Euch das letzte Mal sah, wohntet Ihr, glaube ich, noch in einem weitaus kleineren Haus.«
Ein Zucken ging durch die vielen Falten von Hausers Gesicht. Augustin brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass der alte Richter schmunzelte.
»In der Tat, ich bin zu Geld gekommen«, antwortete Hauser schließlich und tastete nach einer Karaffe auf dem Tisch neben sich. Zitternd goss er roten Wein in ein Glas, Tropfen rannen wie Blut über das Nussfurnier.
»Dieses Anwesen ist das Haus meiner Träume«, murmelte der Richter und strich über die elfenbeinernen Intarsien der Tischplatte. »Doch leider habe ich nicht mehr viel davon. Seitdem meine Augen mich vor Jahren im Stich gelassen haben, kann ich all die teuren Möbel, Statuen und Teppiche nicht mehr sehen, ich kann sie nur noch riechen und fühlen. Außerdem ist es recht einsam hier, seit meine gute Betty gestorben ist und die Kinder aus dem Haus sind.« Er nahm einen kräftigen Schluck und leckte sich die spröden Lippen. »Aber was soll’s! Lange habe ich ohnehin nicht mehr zu leben. Lasst uns also die wenigen Jahre noch so genussvoll wie möglich verbringen.«
»Auch Agnes und Sophie Imhoff hatten ein schönes Haus«, sagte Augustin leise. »Die
Wolkenburg
war das Haus
ihrer
Träume. Doch sie mussten es schon vor langer Zeit verlassen.«
Mit einem lauten Scheppern stellte Hauser das Glas zurück auf den Tisch, so dass weiterer Wein über den Rand schwappte. Die faltigen Hände des Richters zitterten.
»Lasst uns dieses unwürdige Katz-und-Maus-Spiel beenden, von Küffen«, zischte er. »Seit Ihr in Köln herumschnüffelt, war mir klar, dass Ihr nicht eher Ruhe geben würdet, bis Ihr die Wahrheit ans Licht gezerrt habt. Ihr wart schon damals so.« Zornig richtete der alte Mann sich in seinem Sessel auf. »Die Wahrheit ist: Ja, ich habe in dem Prozess damals Geld genommen! Das ist in solchen wichtigen Verhandlungen üblich. Und ich schäme mich auch nicht dafür. Die Imhoff war ein intrigantes Weib, das mit ihrem Mann gemeinsame Sache gemacht hat. Wo kämen wir hin, wenn jeder Ehemann, der Schulden macht, das Vermögen seiner Gattin überschreibt und fröhlich weiter betrügt? Es war an der Zeit, dieses unselige Gesetz zu ändern. Wir mussten einen
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