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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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unsere formelle Entgegnung. Da Ihr nicht vorhabt, den Kläger zu befriedigen, müsst Ihr Euch innerhalb einer Frist von zwanzig Tagen dem Fortgang des Verfahrens stellen. Um die Sache zu beschleunigen, schlage ich vor, dass wir auf diese Frist verzichten und gleich mit der Beweisaufnahme beginnen.«
    »Wie Ihr es für richtig haltet, Magister von Homburg.«
    Jawohl, dachte er nicht ohne Schuldgefühle, die ganze unangenehme Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen, das wäre wohl das Beste.
    »Noch etwas. Vor dem eigentlichen Prozess werden Kläger wie Beklagte den Kalumnieneid schwören müssen.«
    »Was ist das?«
    »Nur eine Förmlichkeit, die aber durchaus ernste Folgen haben kann. Man schwört, berechtigte Gründe für die eigene Stellungnahme zu haben und keine Verleumdungen oder falsche Anklagen zu führen. Wird man im Nachhinein dessen überführt, kann es empfindliche Strafen nach sich ziehen.«
    »Ich klage doch niemanden an.«
    »Natürlich nicht. Dennoch müssen beide Seiten schwören.«
    »Ich will nichts als in Frieden leben und meine Tochter erziehen«, sagte sie gequält.
    »Tja. Das wollen wir wohl alle«, erwiderte Mathis und klemmte sich seine Tasche fester unter den Arm. »Gut. Dann wollen wir mal.«
    Agnes beugte sich zu ihrer Sophie und küsste sie. Stingin nahm die Kleine bei der Hand und machte sich mit ihr auf den Weg. Das Mädchen ging unwillig, ließ sich ziehen, trippelte dann aber doch etwas verloren neben der Magd her. Agnes sah ihr mit feuchten Augen nach. Dann gab sie sich einen Ruck.
    »Lasst uns hineingehen, Magister«, sagte sie.
    Sie drängten sich durch die inzwischen gut gefüllte Vorhalle. Manche nickten ihr freundlich zu, eine Frau sprach sie kurz an und drückte ihr die Hände. Aber da waren vor allem solche, die sie mit gehässiger Genugtuung beäugten.
    »Was wollen die alle hier?«, raunte sie erschrocken.
    Mathis hatte in seinem langen Berufsleben längst aufgehört sich zu fragen, warum die Welt so voller Neider war, die nichts ergötzlicher fanden, als andere in den Staub getreten zu sehen.
    »Prozesse werden am öffentlichen Aushang bekannt gegeben«, sagte er. »Und Euer Fall scheint die Gemüter zu erregen.«
    Am Eingang zum Gerichtssaal standen Wachen mit langen Hellebarden, blank polierten Helmen und Brustpanzern. Sie hielten die Menge zurück, grüßten aber höflich, als sie von Homburg und Augustin erkannten, und ließen die drei in den Saal. Düster und eisig war es in dem altehrwürdigen, holzgetäfelten Raum. Ein wenig modrig roch es, und das zaghafte Kaminfeuer vermochte kaum, die klamme Kälte zu vertreiben. An der Stirnseite befand sich eine erhöhte Estrade, auf der, flankiert von den Schöffenbänken, das breite Richterpult thronte.
    Ihre Schritte hallten auf den schachbrettartig verlegten Fliesen, als sie durch die Absperrung des Zuschauerbereichs gingen. Helmbert Bellendorf und sein Mandant waren schon vor ihnen eingetroffen und saßen auf der Klägerseite gegenüber. Bellendorf ungezwungen zurückgelehnt, den Talar lässig über die Schultern geworfen. Fleischiges, glatt rasiertes Gesicht, umrahmt von einer fast weißen Löwenmähne. Er war besonders ausgesucht gekleidet. Das hochgeschnittene Wams schimmerte in dunkler Seide ganz nach spanischer Mode, feine Spitzen umfassten eng den wuchtigen Hals, und ein ausladender Siegelring zierte den Ringfinger. Sollten seine Fähigkeiten auch nur annähernd der Güte seiner Kleidung entsprechen, musste er ein wahrer Meister der
iuris prudentia
sein.
    Mathis nickte ihm kurz zu und bot Agnes einen Stuhl an, während Augustin ihr aus dem Umhang half. Heute war sie hochgeschlossen und in gedeckten Farben gekleidet, das Haar unter einer Haube versteckt.
    Man setzte sich.
    Von Homburgs Blick fiel auf Richard Charman.
    Neben Bellendorf nahm sich der Mann bescheiden aus, in einfaches, wenn auch gutes Tuch gekleidet, ein schlichtes Barett auf dem Haupt. Er war von mittlerer Größe, sehnig und zäh und in der gesamten Erscheinung durchaus gut aussehend und vertrauenswürdig.
    Was den vorteilhaften Eindruck jedoch störte, war die aufdringliche Weise, in der er Agnes Imhoff musterte, als wollte er mehr, als nur ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie hielt seinem Blick einen Augenblick lang stand, dann errötete sie heftig und sah zur Seite. Etwas seltsam kam Mathis dieser Austausch vor.
    Der Schreiber nahm seinen gewohnten Platz ein und spitzte eine Gänsefeder nach. Und während von Homburg

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