Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
Rat. Ich will mich also kurz fassen.« Er warf das Löwenhaupt wirkungsvoll in den Nacken und starrte nachdenklich an die Decke, um sich zu sammeln. »Im Monat April dieses Jahres bestellte Andreas Imhoff, Ehemann der Beklagten, inzwischen verstorben, wie wir wissen … er bestellte also einen großen Posten flandrischen Tuches bei meinem Mandanten. Was sage ich, eine ganze Schiffsladung davon, im Werte von … einen Augenblick, ich habe es bei den Geldwechslern hier in Köln umrechnen lassen …« Er eilte an seinen Tisch und blätterte in den Papieren. »Hier ist es … eine unglaubliche Summe von zweihundertachtzig Kölnischen Mark Silber. Ein wahres Vermögen.«
Bei diesen Worten ging ein Geflüster durch den Saal, was bei Richter Hauser ein Stirnrunzeln auslöste.
Bellendorf bewegte sich leichten Fußes wieder auf die Schöffen zu und fuhr in vertraulichem Ton fort. »Mein Mandant verlangte natürlich Sicherheiten, wie es bei einem Geschäft dieser Größe üblich ist. Schließlich musste er sein ganzes Barvermögen einsetzen, um die Bestellung in Antwerpen zusammenzukaufen.«
Zwei der Schöffen, die selbst Kaufleute waren, nickten verständnisvoll.
»Zur Sicherheit bot Herr Imhoff daraufhin zwei Anwesen an, das Imhoff’sche Wohnhaus, genannt
Wolkenburg
– seltsamer Name, nicht wahr? Und dazu das Gasthaus
Zum kleinen Ochsen,
dessen Betrieb verpachtet ist. Der Gegenwert dieser Bürgschaft entspricht in etwa dem Umfang der Bestellung, wie ich mir habe bestätigen lassen.«
Er eilte zu seinem Tisch und nahm einen Schluck Wasser zu sich. Dann sah er sich im Saal um und sprach mit lauter Stimme: »Da mein Mandant noch immer unschlüssig war, verwies Herr Imhoff ausdrücklich auf die Unterschrift seiner rechtmäßig angetrauten Gemahlin unter dem Schuldschein, die ihm, wie er sich ausdrückte, in allen Geschäften ein treuer Partner sei und somit gleichfalls bürge.«
Nun brandete ein heftiges Raunen auf, worauf Richter Hauser scharf mit einem Holzhammer auf sein Pult klopfte. Der Lärm verebbte nur widerwillig.
»Die Unterschrift habe ich selbstverständlich per Gutachten prüfen lassen. Es handelt sich ohne Zweifel um die der Beklagten hier im Saal, Frau Agnes Imhoff.« Er reichte dem Richter ein Schriftstück, das dieser kurz überflog und dann mit einem Kopfnicken der Akte beifügte.
»Ist dies nicht ungewöhnlich?«, fragte Hauser. »Ich meine, dass eine Frau die Schuldscheine ihres Mannes mit unterschreibt?«
»Nicht so ungewöhnlich, wie man meint«, erwiderte Bellendorf. »Es gibt nicht selten Ehefrauen, die ganz auf eigene Rechnung Geschäfte treiben. Frau Imhoff ist eine in Köln bekannte und geachtete Frau. Mein Mandant hatte somit keinen Grund, an den Worten seines Vertragspartners zu zweifeln.«
Hauser nickte befriedigt.
Mathis überkam das unbestimmte Gefühl, die beiden hätten sich abgesprochen. Er war nahe daran, aufzuspringen und Einspruch zu erheben. Aber ein warnender Blick von Hauser ließ ihn auf seinem Stuhl erstarren. Augustin, dem die Sache offenbar nicht entgangen war, sah verwundert zu ihm herüber. Mathis biss sich auf die Lippen.
»Ich bitte fortzufahren, Magister Bellendorf«, sagte Hauser.
»Das Geschäft wurde also abgeschlossen und die Ware, allerfeinstes Tuch, pünktlich im Monat Mai vom Kontor meines Mandanten in Antwerpen geliefert.« Nun wanderte Bellendorf wieder zu den Schöffen hinüber und hob die Augenbrauen, bis sie fast im Haaransatz verschwanden. »Umso größer das Erstaunen, als die Lieferung im Laufe des Monats Juni wieder nach Antwerpen zurückkam, begleitet von einem bitterbösen Brief, in dem Herr Imhoff darauf bestand, von dem Handel zurückzutreten, da es sich um minderwertiges, beschädigtes Gut handle.«
»Und? War dem so?«, fragte Hauser.
»In der Tat. Billigste, auch noch durch Wassereinwirkung geschädigte Ware. In keiner Weise aber jene, die von meinem Mandanten geliefert worden war. Ganz offensichtlich vertauschte Imhoff die Ware, um meinen Mandanten auf höchst hinterlistige Art um sein Geld zu prellen.«
»Verstehe«, bemerkte Hauser, den nun ein lautes Rumoren aus den Zuschauerreihen zu übertönen drohte, denn alle Besucher fühlten sich gleichzeitig genötigt, die vorgenannten Einzelheiten zu erörtern.
»Ruhe im Saal!«, donnerte Hauser. »Ich lasse sonst räumen.«
Nur langsam wurde es wieder stiller.
»Ist das alles so weit?«, fragte er Bellendorf.
»Noch eines, Herr Rat«, erwiderte dieser und lächelte gefällig. »Da mein
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