Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
stellte sich an seiner statt vor den Richter.
»Einspruch!«, rief Helmbert Bellendorf und fuchtelte mit dem Finger in Richtung Gerlin. »Ich möchte das Gericht darauf hinweisen, dass die soeben getätigte Aussage haltlos und nahezu unverschämt ist.« Er wandte sich dem Schreiber zu. »Notiert das, hört Ihr? Die Klägerseite verbittet sich jegliche Spekulationen über intime Verhältnisse, vor allem wenn sie auf Beobachtungen fußen, die durch einen Türspalt gemacht wurden – in tiefster Nacht! Es gibt keinerlei Beweise für ein derartiges Verhältnis, außer der Aussage dieser … dieser Frau!«
Gerlin stockte der Atem.
Hauser sah zu seinem Schreiber, der hastig Notizen machte, und wies dann Helmbert Bellendorf mit einer ungeduldigen Handbewegung an seinen Platz. »Es ist notiert. Dennoch bleibt die Frage, was geschah, als Andreas Imhoff das Haus verließ – in der Annahme, seine Frau habe ihn mit dem Kläger betrogen. Daher bitte ich nun Euren Mandanten nach vorne.«
Als Charman vor ihm stand, erinnerte der Richter ihn daran, dass er bereits auf die Bibel geschworen hatte. Dann begann er ohne weitere Einleitung: »Ist es richtig, dass Andreas Imhoff Euch am Abend des 3. September aufsuchte und des Verhältnisses mit seinem Eheweib beschuldigte?«
»Ja, er war bei mir«, sagte dieser scheinbar selbstbewusst und strich sich über das dunkelblonde Haar. Doch ein stetes Zucken am rechten Augenlid verriet seine Nervosität. »Andreas Imhoff kam in mein Zimmer gestürmt, ohne anzuklopfen. Er war außer sich vor Wut und wäre mir gewiss an die Gurgel gegangen, hätte sich nicht auch der Wirt in diesem Moment dort aufgehalten, um mein Abendbrot anzurichten.« Er lachte kurz auf und ballte die Faust. Muskeln zeichneten sich unter seinem Hemd ab und ließen einen wohlgeformten Körper erahnen. »Er hätte es nur versuchen sollen. Aber er hielt es ja eher mit dem schwachen Geschlecht, für einen Mann und einen dicken Wirt fehlte ihm wohl der Mut!«
Ein paar zustimmende Lacher schlichen sich in die Stille.
»Was ist dann geschehen?«
»Der Wirt hat sich rasch nach unten verzogen, und so prasselten allerlei Vorwürfe auf mich ein, die mehr als lachhaft waren. Dann ging er wieder.«
»Ohne Euch Strafe anzudrohen?« Richter Hausers Augen verengten sich. »Oder konntet Ihr ihn womöglich von Eurer Unschuld überzeugen?«
»Andreas Imhoff ließ mir keinerlei Zeit für Erklärungen. Er hat gedroht, mich und meinen Ruf als Händler mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu vernichten und als einflussreiches Mitglied der Kölner Tuchhändlergilde dafür zu sorgen, dass ich hier und in anderen wichtigen Handelsstädten des Reiches keinerlei Geschäfte mehr tätigen kann. Mit dieser Drohung hat er den Raum verlassen.«
»Und Ihr seid ihm gefolgt?«
»Nein! Das bin ich nicht.«
»Wollt Ihr mir weismachen, die Vorwürfe hätten Euch kalt gelassen? Ihr macht auf mich den Eindruck eines furchtlosen und starken Mannes. Es wäre Euch gewiss ein Leichtes gewesen, ihn zu überwältigen und zu töten und ihn so davon abzuhalten, Euch das Geschäft für alle Zeiten zu verderben!«
»Das mag sein, aber ich zog es vor, meine Wut in Wein zu ertränken. Der Wirt des
Schwarzen Hahns
wird es bezeugen können.« Richard Charman schüttelte vehement den Kopf. »Nein, ich werde mir doch keinen Mord in die Schuhe schieben lassen!«
»Ihr hättet auch jemanden dafür bezahlen können.«
»Bezahlen?« Inzwischen hatte Charmans Gesicht ein dunkles Rot angenommen. »Ein guter Gedanke, Hoher Rat.« Er streckte seinen Arm weit von sich und wies auf Agnes, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. »Hat sich das Gericht eigentlich schon einmal gefragt, warum Frau Imhoff dem einäugigen Clewin Geld gegeben hat?«, rief er mit sich überschlagender Stimme. »Sie selbst hat mir davon erzählt!«
Gerlin erstarrte. Agnes sollte dem Flussschiffer Geld gegeben haben, über dessen Person Stingin noch am Tag zuvor befragt worden war? Was hatte das alles zu bedeuten?
Der Richter hob eine Augenbraue, doch bevor er etwas erwidern konnte, stand Agnes auf, sichtlich erschüttert, und schob dabei energisch ihren Anwalt von sich, der sie wieder einmal daran hindern wollte. »Ich habe ihm das Geld doch nur gegeben, um die Wahrheit herauszufinden«, rief sie unter Tränen. »Diese ganzen Anschuldigungen sind haltlos, ebenso wie das gesamte Verfahren. Ich ertrage das nicht mehr!« Damit entfernte sie sich von ihrem Platz auf der Bank, und
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