Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
meinte, ich solle nicht alles glauben, was ein Seemann mir erzähle. Aber mein Bier habe ihm gut geschmeckt.«
Der Vogt lachte auf, erst leise, dann dröhnend, und erhob sich von seinem Stuhl. »Zu schade, dass dieser Clewin wie vom Erdboden verschluckt ist. Gewiss wäre es sehr aufschlussreich, ihn zu befragen.«
Ursel atmete erleichtert aus. Es war alles ausgesprochen, die Befragung schien zu Ende.
»Wenn das dann alles ist? Ich musste meine Wirtschaft abgesperrt zurücklassen. Gewiss steht schon der eine oder andere vor verschlossener Tür.«
»Ihr habt Recht. Bitte entschuldigt, wenn die Stadt Köln Euch gar zu lang von Euren Diensten abgehalten hat. Aber Ihr werdet verstehen, wie wichtig die Aussage dieses Clewin möglicherweise für den weiteren Prozess ist.«
Ursel war nicht ganz sicher, was der Vogt damit andeuten wollte, traute sich jedoch auch nicht, ihn zu fragen. Langsam stand sie auf.
»Dann wünsche ich noch einen guten Tag.«
»Ach, Wirtin, eines noch. Wann, sagtet Ihr, habt Ihr der Witwe des Andreas Imhoff von dem Geständnis des Schiffers erzählt?«
Heiß stieg Ursel die Röte ins Gesicht. »Aber das habe ich gar nicht gesagt.«
Der Vogt machte einen Schritt um seinen Schreibtisch herum. »Und doch entspricht es der Wahrheit, oder nicht? Ich nehme kaum an, dass Ihr mich für dumm verkaufen und angeben wollt, Ihr hättet der Agnes Imhoff nicht von dem Gespräch berichtet.«
Ursel senkte den Kopf. »Nein«, gab sie leise zu.
»Gut.« Er nickte zufrieden. »Wann habt Ihr also mit Agnes Imhoff darüber gesprochen?«
»Schon vor einigen Wochen.« Ursel hielt den Kopf gesenkt. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
»Mein Büttel berichtete mir außerdem, dass der einäugige Clewin nach einem Besuch von Agnes Imhoff im Hause dieser Else Hals über Kopf verschwunden sei. War das,
nachdem
Ihr Frau Imhoff von dem Gespräch mit dem Schiffer berichtet hattet?«
»Ich denke schon.«
»Also können wir festhalten, dass die Witwe Imhoff vom Betrug ihres Mannes Kenntnis hatte«, fasste er zusammen, und mit leiser Stimme, als spräche er zu sich selbst, fügte er hinzu: »Jetzt bleibt noch die Frage zu klären, ob sie sich nur Clewins Wissen erkauft hat oder ob das Geld für etwas anderes bestimmt war …«
Von welchem Geld redete er? Doch ehe sie nachfragen konnte, deutete er auf die Tür und sagte: »Danke. Ihr könnt gehen, Ursel Rumperth.«
Sie wollte etwas erwidern, doch die Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf, und aus dem heftigen Pochen ihres Herzens war ein Rauschen in ihren Ohren geworden. Rasch knickste sie und hastete ohne ein weiteres Wort hinaus.
KAPITEL 12
15. 11. 1534
Vierter Verhandlungstag
» H immel, Ursel, wo bleibst du denn? Wir frieren uns ja was ab.«
Eine kleine Gruppe Männer wartete bereits vor der Schänke, als die Wirtin atemlos und noch immer aufgewühlt beim
Kleinen Ochsen
ankam. Rasch zog sie den Schlüssel hervor und sperrte auf. »Ich musste dringend fort«, war die einzige Erklärung, die sie herausbrachte. Unter keinen Umständen hätte sie freiwillig erzählt, dass sie bei einer Befragung in der Vogtei gewesen war.
Als Letzter trat der Zimmermann Rudolf Urban ein, der Ursel noch gestern zugesichert hatte, alles zu berichten, was sich im Gericht ereignete.
»Das erste Würzbier geht auf mich, als kleine Entschädigung für euer Warten«, kündigte Ursel an, während sie das Feuer unter dem großen Kessel neu entfachte. »Rudolf, kommst du rüber und hilfst mir?«, fragte sie und zwinkerte ihm zu.
»Sicher helfe ich dir«, sagte der Zimmermann laut, kam herüber und legte ein paar Scheite in die Feuerstelle.
Die Wirtin beugte sich nah an ihn heran. »Das erste Bier ist für dich. Und erzähl mir ja alles, was sich im Gericht ereignet hat.«
Rudolf nickte, zog sich einen der Schemel heran, nahm Platz und beobachtete Ursel, wie sie eifrig Krüge herbeischaffte und immer wieder in den Kessel sah, um zu prüfen, ob das Würzbier zum Ausschank bereit war.
Den Zimmermann hatte sie recht gut kennengelernt, kam er doch schon seit Jahren fast täglich in die Wirtschaft. Seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren hatte sie niemanden mehr an sich herangelassen. Sie war sich bewusst, dass sie nicht gerade die Frau war, die Männern den Schlaf raubte. Mit ihrer zugegebenermaßen schroffen Art musste sie auf viele fast einschüchternd wirken. Doch auch wenn sie keine Schönheit war, gab es Einige, die sich gern ihrer angenommen hätten. Rudolf war da
Weitere Kostenlose Bücher