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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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keine Ausnahme, da war sie sich sicher. Sie hatte ihren Ehemann nicht so sehr geliebt, um keinen Nachfolger ins Auge zu fassen. Im Gegenteil, Egbert war ein Widerling gewesen. Ein Säufer und Hurensohn und zudem meist sein bester Gast, und so hatte sein frühes Ende im Grunde niemanden überrascht. Während eines Saufgelages war er, das Glas mit dem letzten Schnaps noch in der Hand, einfach umgefallen und liegen geblieben. Ein paar Männer hatten Egbert daraufhin an allen Vieren gepackt und ins Bett geschafft, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte. Als Ursel ihn tags darauf hatte wecken wollen, hatte er in seinem Erbrochenen gelegen und sich nicht mehr geregt. Und von da an kümmerte sie sich allein um die Schänke. Es hatte alle überrascht, dass Andreas Imhoff einem alleinstehenden Weib die Wirtschaft weiterhin zur Pacht überließ. Ursel war sich sicher, dass dessen Frau Agnes ihn damals dazu überredet hatte. Auch aus diesem Grund musste sie alles über den Prozess erfahren. Womöglich würde der Ausgang der Verhandlung nicht nur über das Schicksal der Agnes Imhoff entscheiden, sondern auch über ihr eigenes. Denn sollte dieser Engländer am Ende den Prozess gewinnen, stand auch der Pachtvertrag der Schänke und damit Ursels Zukunft auf dem Spiel.

    Ursel füllte einen Krug und stellte ihn geräuschvoll vor Rudolf ab. »Hier, als Dank für deine Hilfe. Und gleich bin ich bei dir.«
    Rasch hob sie die anderen Humpen an und bewirtete die weiteren Gäste.
    »So!« Ursel ließ sich auf den Schemel vor ihm fallen. »Und nun berichte. Aber alles und ganz genau, hörst du? Warum wurde heute der Prozess abgebrochen? So was hat es noch nie gegeben.« Ursel schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Ah, du hast also schon davon gehört! Stell dir nur vor, Gerlin Metzeler, die Cousine deiner Verpächterin, hat ausgesagt, Agnes Imhoff habe sich mit dem Engländer, diesem Charman, eingelassen.«
    »Ach, so ein Unsinn! Agnes Imhoff ist eine grundehrliche und treue Seele. Anders als ihr Mann es war.«
    »Ursel, ich sage dir, solch einen Prozess hat Köln noch nicht gesehen. Dicht an dicht haben die Menschen gesessen und aufgeregt miteinander gesprochen. Als dann Frau Metzeler auch noch gesagt hat, sie habe Andreas Imhoff davon erzählt, woraufhin dieser direkt zum Engländer gegangen und noch am selben Abend gestorben sei, brach ein wahrer Tumult aus. Doch als der Richter dann den Charman zu sich nach vorne rief, hätte man einen Mausefurz hören können, so ruhig war es. Manch einer traute sich kaum zu atmen.«
    Ursels Anspannung wuchs. »Und die Agnes? Was hat sie daraufhin getan?«
    »Man hat sie davon abhalten müssen, den Saal zu verlassen, so wütend war sie! Dabei war sie so schön. Fast so schön wie du.«
    Die Wirtin machte eine Handbewegung, als wollte sie eine Fliege verscheuchen. »Ja, gewiss, so wie ich. Lass das jetzt. Erzähl mir lieber, was dann geschehen ist.«
    Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen, und eine weitere Gruppe Männer betrat die Schänke.
    Ursel sah auf. Sonst war sie über jeden Gast froh, der ihre Wirtschaft besuchte. Doch jetzt hätte sie lieber Rudolf weiter zugehört. »Ich bin gleich wieder bei dir. Geh ja nicht weg, hörst du?«, sagte sie und stand hastig auf, um mit der ihr eigenen freundlichen und zugleich unnahbaren Miene die Biergläser auf die Tische zu stellen. Nur ein Mann bestellte zusätzlich einen Schnaps. Alle anderen beließen es bei dem erwärmten Würzbier.
    Mit flinken Griffen versorgte Ursel ihre Gäste, sie fand ein freundliches Wort für jeden und verstand es, sich geschickt aus begonnenen Gesprächen zu lösen, um sich wieder Rudolf zu widmen. Sie wischte die Hände an ihrer Schürze ab, die sie über das grobe Leinenkleid geschnürt trug.
    »Also, du wolltest mir gerade erzählen, was geschehen ist, als Charman vorgetreten ist.«
    Rudolf senkte die Stimme und beugte sich näher an Ursel heran. »Charman hat ausgesagt, dass Andreas Imhoff gedroht habe, ihm die Geschäfte zu versauen. Daraufhin sei er wieder gegangen.«
    »Und das hat Hauser geglaubt?«, fragte Ursel verwundert.
    Urban zuckte die Schultern. »Charman hat beteuert, sich damals die ganze Zeit im
Schwarzen Hahn
aufgehalten zu haben, was der Wirt des Gasthauses wohl bestätigen kann. Dabei hat Hauser es erst einmal belassen.«
    »Hm, das passt eigentlich gar nicht zu seinem Ruf. Doch erzähl weiter«, forderte sie. »Was ist dann geschehen?«
    »Es ist noch schlimmer gekommen. Dann nämlich hat Charman mit

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