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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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schalt sich selbst eine Närrin, so harsch den Bütteln gegenüber aufgetreten zu sein. Sie musste sich jetzt zusammennehmen und ganz darauf konzentrieren, keinen weiteren Fehler zu machen, der sie in noch größere Bedrängnis bringen konnte. Sie wäre nicht die Erste und gewiss nicht die Letzte, der durch einen unbedachten Satz an falscher Stelle die Worte im Munde umgedreht wurden.
    So sehr hing Ursel ihren Gedanken nach, dass sie fast am Haus der alten Else vorbeigegangen wäre. Abrupt blieb sie stehen.
    »Hier ist es.«
    Der Büttel stieg die Stufen hinauf und klopfte an. Die Wirtin wartete zusammen mit dem anderen auf der Straße.
    Die alte Else öffnete die Tür.
    »Ja?«
    »Wir suchen den einäugigen Clewin. Ist er hier?«
    »Clewin?« Die Augen der Alten verengten sich. »Den habe ich schon seit Monaten nicht mehr gesehen.« An dem Büttel vorbei erspähte sie Ursel auf der Straße.
    »Bei Ursel Rumperth ist Clewin nicht«, erklärte der Stadtsoldat, als er dem Blick der Alten folgte. »Dort waren wir gerade. Stimmt es, dass er sonst hier wohnt?«
    »Schon, wenn er gerade nicht auf dem Rhein umherschippert. Meist heuert er nur für kurze Zeit an. Doch diesmal ist es anders.«
    »Was ist anders? Wie meinst du das?«
    »Er kam nicht wieder.«
    »Von einer Schifffahrt?«
    Else schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Von heute auf morgen ist er verschwunden.«
    »Und das ist ungewöhnlich?«
    »Ja. Wir waren …«, sie zögerte und schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Wir waren vertraut miteinander, kann man sagen.« Else fuchtelte sichtlich erzürnt mit den Armen. »Sonst gab er mir Bescheid, wenn er wieder hinausfuhr. Doch diesmal raffte er seine Sachen zusammen und verschwand klammheimlich. Nicht einmal verabschiedet hat er sich.«
    Plötzlich wurde Else nachdenklich. »Ich habe mich immer gefragt, ob das vielleicht mit dem hohen Besuch zu tun hat.«
    »Wer hat ihn besucht?«, fragte der Büttel scharf.
    »Ihr kennt sie alle.«
    »Jetzt spiel dich nicht so auf, Weib, sondern sag uns, von wem du sprichst.«
    Else genoss es sichtlich, wie die Besucher gebannt an ihren Lippen hingen.
    »Wird’s bald, oder soll ich dich zur Befragung zum Vogt mitnehmen, auf dass du dort sprichst?«
    »Schon gut.« Sie hob den Kopf und schloss theatralisch die Augen. »Ich spreche von Agnes Imhoff, der reichen Tuchhändlerwitwe.«
    Der Büttel drehte sich zu seinem Kollegen um und nickte ihm zu.
    »Was wollte die Imhoff von Clewin?«
    »Woher soll ich das wissen?« Else hob die Hände. »Als ob ich lauschen würde.«
    »Nun?« Der Büttel sah sie auffordernd an.
    »Ich konnte es nicht verstehen«, gestand sie schließlich. »Ganz leise haben sie in seiner Kammer gesprochen. Kaum ein Mucks war zu hören. Aber als sie herauskam, die feine Dame, war ihr Gesicht ganz rot, und sie stürzte förmlich davon.«
    »Weshalb?«
    Else zuckte die Schultern.
    Der Büttel zog eine Augenbraue hoch. »Weißt du sonst noch etwas?«
    »Nein.«
    »Gut. Wenn er wiederkommen sollte, dein Seemann, dann sag ihm, dass der Stadtvogt ihn zu sprechen wünscht. Und zwar schleunigst.« Nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: »Ihm wird nichts vorgeworfen. Er soll nur eine Aussage machen, das ist alles.«
    »Der kommt nicht wieder«, stellte Else klar.
    »Trotzdem. Solltest du ihn sehen, mache umgehend Meldung beim Vogt. Und noch etwas –« Er hob mahnend die Hand. »Wenn wir erfahren sollten, dass er hier war und du dich nicht gerührt hast, dann …«
    »Ich hab schon verstanden«, entgegnete sie, wartete kurz, bis er einen Schritt zurücktrat, und schloss ohne ein weiteres Wort die Tür.
    »Warum muss ich mitkommen und Else nicht?«, fragte Ursel, als der Büttel die Treppe herabstieg.
    »Wenn der Vogt noch Fragen an sie haben sollte, können wir sie immer noch holen. Fürs Erste erfüllen wir unseren Auftrag und bringen dich zu ihm. Und nun komm.«
    Ursel wurde immer unbehaglicher. Mit pochendem Herzen folgte sie den Männern, bis sie die Vogtei erreichten. Nach einem kurzen Klopfen öffnete ein Büttel, erkannte seine Leute und ließ die drei eintreten.
    »Er ist oben in der Schreibstube und erwartet euch bereits.«
    »Folg mir, Wirtin. Der Vogt mag es nicht, zu warten. Und es hat schon viel zu lange gedauert, dich hierher zu schaffen.«
    Zögernd stieg Ursel die Treppe hinter ihm hinauf. Der Büttel klopfte, trat ein und schloss die Tür. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sie wieder geöffnet wurde.
    »Du kannst jetzt

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