Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
volle. »Und bringt noch einen Becher«, rief Charman ihm mit rauer Stimme hinterher. Dann wandte er sich Agnes zu. »Entsprechend meinem schlechten Benehmen auf dem Marktplatz hatte ich eigentlich nicht erwartet, Euch noch mal leibhaftig zu sehen«, begann er und zwinkerte ihr dabei vertraulich zu.
»Setzt Euch doch«, bot er freundlich an, als sie nicht sogleich etwas erwiderte, und schob ihr einen Stuhl zurecht. »Ich bin Euch gern zu Diensten!« Seine Augen funkelten im Kerzenschein, als er sie unvermittelt anlächelte.
Zu Diensten? Hatte sie schon jemals einen Mann getroffen, der bereit war, ihr zu dienen? Und dann noch unter solch unglücklichen Umständen? Für Andreas kam so etwas jedenfalls nicht in Frage. Bei ihm war es umgekehrt, die Frau diente dem Mann, indem sie ihm untertan war.
Zögernd setzte sie sich nieder. Erst nachdem der Wirt den Becher gebracht hatte und wieder gegangen war, schlug sie die Kapuze zurück.
Charman starrte sie an wie eine Erscheinung. »Jesus«, sagte er nur, und das mit einer Betonung, die offenbar seinem merkwürdigen Akzent geschuldet war. »Euer Anblick verzaubert mich stets aufs Neue. Weiß Euer Gatte überhaupt, wie glücklich er sich schätzen darf, mit einer so schönen Frau verheiratet zu sein?«
»Ihr müsst entschuldigen«, begann sie zögerlich und senkte angesichts seiner Schmeicheleien verlegen den Blick, »wenn ich unangemeldet hier erscheine, aber …«
Während sie ihm von ihrer Absicht berichtete, ihm nun doch zu helfen, hielt sie mehrmals inne, um nach Worten zu suchen. Charman hingegen schien sie gar nicht zu hören. Er schaute sie nur unentwegt an. Plötzlich löste er sich aus seiner Erstarrung, schloss den Mund wieder, der für einen Moment offen gestanden hatte, und schluckte. Agnes’ Blick fiel auf seinen breiten Hals und seinen Adamsapfel, der währenddessen auf und ab hüpfte.
»Ihr wollt mir also helfen«, wiederholte er ungläubig. »Und das, nachdem Ihr mein Ansinnen vom Markt so vehement abgelehnt habt?«
Sie nickte, froh darüber, dass der von ihr befürchtete Wutausbruch offenbar ausblieb. »Ich weiß inzwischen, dass mein Mann Euch tatsächlich Unrecht getan hat«, fuhr sie hastig fort. »Ich schäme mich so sehr für ihn. Und im Augenblick ist er verreist … da dachte ich …«
»Was dachtet Ihr?« Er hob eine Braue und schaute sie fragend an.
»Ich dachte, dass ich die Angelegenheit wiedergutmachen könne, indem ich Euch ein Geschäft vorschlage. Ich könnte Euch eines meiner eigenen Häuser abtreten, wenn Andreas nicht bereit ist, den Schaden zu zahlen.«
»Abgesehen davon, dass Ihr mit beiden Häusern gebürgt habt – denkt Ihr ernsthaft, das würde er zulassen?« Charman schien sichtlich verblüfft. »Euer Gatte behauptet, er könne seine Schulden nicht bezahlen, da all sein Vermögen Euch gehöre und Ihr nicht haftbar zu machen seiet. Was allerdings Unsinn ist, da ich zum einen vor Abschluss des Geschäfts Erkundigungen über seine Bonität habe einholen lassen und Ihr zum anderen mit Eurer Unterschrift für ihn gebürgt habt.« Leicht verärgert zuckte er mit den Schultern. »Weshalb also soll ich auf die Hälfte meines Geldes verzichten? Wenn Euer Ehemann nicht einlenkt, werde ich die Sache wohl zu Gericht geben müssen«, beschied er verdrießlich.
»Tut das nicht«, bettelte sie. »Vielleicht können wir uns ja gütlich einigen. Schließlich konnte ich nicht wissen, was er vorhat, als er mich zur Unterschrift aufrief. Er zwingt mich des Öfteren, meinen guten Namen für seine Geschäfte herzugeben. Hätte ich geahnt, was er im Schilde führt, hätte ich niemals unterschrieben.«
»Das ist bedauerlich, aber es geht auch um
meine
Existenz!«
Agnes blickte verstört auf. »Was ist Euch lieber? Prozessieren und vielleicht alles verlieren? So aber bekommt Ihr mit Gewissheit die Hälfte des Schadens ersetzt. Außerdem weiß ich von jemandem, der Andreas schwer belasten könnte. Wenn Ihr meinem Ehemann damit droht, lenkt er bestimmt ein. Er mag ein Betrüger sein, aber dumm ist er nicht.«
Charman kniff fragend die Augen zusammen, was ihn geradezu wild aussehen ließ.
»Wiederholt das noch einmal«, sagte er rau.
»Ich habe einen Zeugen, der den Betrug bestätigen kann, einen Handlanger von Andreas, der ihm geholfen hat, den Schwindel mit Eurer Ware durchzuführen. Er ist in Köln. Ich habe ihn getroffen, und er wäre gegen ein gewisses Salär bestimmt bereit auszusagen, wenn man ihm garantieren würde, dass er straffrei
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