Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
davonkommt.«
»Wer ist es?«
Agnes schüttelte den Kopf. »Ich will es Euch gerne sagen, aber gebt mir zuerst Euer Wort, dass Ihr dann auf einen Prozess verzichtet.«
»Einverstanden. Sagt mir den Namen des Zeugen.«
»Er nennt sich der einäugige Clewin. Er selbst hat mir erzählt, dass er die Ware ausgetauscht hat.«
»Warum tut Ihr das plötzlich für mich?«, fragte er mit unverhohlenem Misstrauen, obwohl sein Blick merkwürdigerweise weicher geworden war. Ungefragt goss er Agnes von dem Wein in den vor ihr stehenden Becher. »Trinkt«, sagte er und hielt ihr den Becher entgegen. Sie nahm ihn und setzte ihn mit zitternden Händen an ihre Lippen. Es erschien ihr wie eine himmlische Wohltat, als der teure Rebsaft ihre Kehle hinunterrann.
Als sie absetzte, hatte sie den Becher beinahe leer getrunken. Charman schenkte beiläufig nach und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
»Welche Gründe hat eine schöne Frau, wie Ihr es zweifelsfrei seid, mir gegenüber ihren vermögenden Ehemann zu denunzieren? Und das, obwohl ich ihr Feind sein könnte?«
»Ich …« Sie schluckte verlegen, weil ihr die Antwort regelrecht im Halse stecken blieb. »Weil … weil«, presste sie hervor.
Charman legte seine große, warme Hand auf ihre viel kleineren, vollkommen erkalteten Finger und drückte sanft zu.
»So beruhigt Euch doch«, bemerkte er leise. »Ich werde Euch nicht an Euren Mann verraten, und auch sonst werde ich Euch aus der Sache heraushalten, ganz gleich, wie die Angelegenheit ausgeht. Wenn Ihr mir nur Eure Gründe offenlegt, warum Ihr in Wahrheit hier seid. Ihr könnt mir vertrauen. Hört Ihr? Ich spüre doch, dass noch etwas Euer Herz schwer macht.«
Er schaute ihr fest in die Augen und in diesem Moment war etwas von ihm auf sie übergesprungen.
Sein sanfter Blick und die Art, wie er mit ihr sprach, berührten auf sonderbare Weise ihr Innerstes, so wie es noch kein Mann zuvor vermocht hatte. Als ob ein Damm zerbersten würde, brach all das Unglück der vergangenen Jahre aus ihr hervor. Sie sprach über ihre unglückliche Ehe mit Andreas, die nicht, wie Gerlin wohl annahm, auf ihr eigenes Drängen hin geschlossen worden war, sondern nach dem Willen ihrer Eltern, die mit dem Geld ihres Schwiegersohnes den
Kleinen Ochsen
behalten konnten. Über Andreas’ Rohheit und Brutalität, die er nicht nur ihr gegenüber, sondern von Zeit zu Zeit auch gegenüber Sophie an den Tag legte. Auch ihre Unfähigkeit, sich dagegen zu wehren, ließ sie nicht unerwähnt, und die Tatsache, dass ihr Mann diese Wehrlosigkeit offenbar für seine düsteren Geschäfte ausgenutzt hatte.
»Glaubt mir«, flehte sie Charman beinahe an. »Ich will das alles nicht mehr. In den vergangenen Jahren hat mein Ehemann einen Prozess nach dem anderen vom Zaune gebrochen. Und ich musste mich immer seinen Vorstellungen fügen und ihn dabei unterstützen, ob ich wollte oder nicht. Eine Zeitlang habe ich mir eingeredet, dass es die anderen waren, die ihn betrügen wollten, dass er im Recht war. Er ist schließlich Mitglied der Gilde! Wie kann man von einem nach außen hin ehrbaren Geschäftsmann, mit dem man das Bett teilt und der der Vater des eigenen Kindes ist, etwas Schlechtes annehmen? All das macht mich krank und alt und nimmt mir sämtlichen Lebenswillen. Wenn es so weitergeht, werde ich schon bald in der Hölle schmoren, und das nur, weil ich rückhaltlos einem Teufel gefolgt bin.«
Charman hatte wortlos zugehört und sie angeschaut, als würde er ihr tiefes Verständnis entgegenbringen. Dabei hatte er die ganze Zeit ihre Hand gehalten. Am Ende lag sie weinend in seinen Armen, und er streichelte ihren Rücken. Mit sanfter Stimme versprach er, auf ihren Vorschlag einzugehen. Er war bereit, Andreas noch einmal zur Rede zu stellen, um ihn zum Einlenken zu bewegen und ihm aufzuzeigen, wie nah er mit seinen Machenschaften am Abgrund wandelte. Auch wollte er Agnes in ihrer Absicht unterstützen, ihren Mann zu verlassen, wenn dieser keine Einsicht zeigen würde.
In den nächsten Tagen trafen sie sich noch mehrmals heimlich in Charmans Quartier, um sich über das weitere Vorgehen gegen Andreas zu beraten. Dabei wurde Richard ihr zusehends vertrauter. Nicht nur menschlich, sondern auch körperlich.
An ihrem letzten gemeinsamen Abend, bevor Andreas aus Aachen zurückkehrte, lud er sie zu einem feinen Essen ein. Dafür bestellte er beim Wirt einen guten Rinderbraten und teuren französischen Wein auf sein Zimmer.
»Je mehr du auf dein Gefühl
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