Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
warf ihr einen bedauernden Blick zu. »Überleg es dir. Es ist ein guter Preis, den mache ich nicht jedem.«
Sophie seufzte. »Ich weiß. Es geht nicht, Hoffmann. Ich kann es nicht erklären.«
Erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, bemerkte sie das Ausmaß ihrer Enttäuschung. Warum behielt sie die Münze noch? Augustin von Küffen hatte sie ihr vor mehr als zwanzig Jahren geschenkt. Vermutlich würde er sich heute weder an die alte Justitia noch an die Tochter der Beklagten Agnes Imhoff erinnern. Sie zögerte und warf erneut einen sehnsüchtigen Blick auf Hoffmanns Auslage.
»Ihr solltet auf das Geschäft eingehen«, erklang hinter ihr eine Stimme.
Als sie sich umdrehte, sah sie, dass ein Mann an sie herangetreten war. Er bot wirklich eine herausragende Erscheinung: nicht sehr groß und doch auf eigentümliche Weise attraktiv. Er trug einen eleganten Gehstock in der Hand, ein – für Kölner Verhältnisse – auffälliges Gewand in leuchtendem Blau sowie enge Kniehosen, die seinen schlanken Körper wohl betonten. Auf dem Kopf saß ein hoher, schmalkrempiger Hut. Das schwarze Haar war von hellen Strähnen durchzogen, die seinem Gesicht schmeichelten. Um die Augen aber lag ein dunkler Zug.
Sophie wurde unruhig unter dem neugierigen Blick, mit dem er sie musterte. Ihr stieg das Blut zu Kopfe. Sie wandte sich schnell ab, obwohl sie unvermittelt ein eigentümliches Gefühl von Vertrautheit empfand.
Sie wollte sich schon entschuldigen und gehen, doch er sprach sie an: »Sophie? Du bist es doch, oder? Sophie Imhoff.«
Erstaunt drehte sie sich wieder um, senkte dann aber gleich den Blick und neigte das Knie, denn die Kleidung des Mannes wies ihn als einen Studierten aus – in jedem Fall stand er weit über einer armen Krämerwitwe. »Sophie Elverfeldt, mein Herr. Geborene Imhoff.«
»Also doch.« Der Mann ging ein, zwei Schritte auf sie zu. Dabei schien er sein linkes Bein leicht zu schonen. »Du erinnerst dich nicht, oder? Augustin von Küffen, zu Diensten.« Er machte eine elegante Verbeugung.
Sie hob den Blick, um den Fremden gründlicher zu mustern. Und wirklich, nun erkannte sie ihn wieder. Die buschigen Brauen, die vollen Lippen … Und jetzt erst entdeckte sie die schmale Narbe, die fingerlang auf der rechten Wange prangte. Wie hatte er sich verändert! Und doch ging dieselbe warme Dankbarkeit von ihrem Magen aus wie damals, als er einer der wenigen gewesen war, die Mitgefühl und Engagement für ihre Mutter gezeigt hatten.
»Herr Augustin! Gerade hat mich die Münze an damals erinnert, und nun steht Ihr vor mir. Welch ein Zufall.« Sie ergriff seine ausgestreckte Hand und drückte sie lächelnd. »Ich dachte, Ihr hättet Köln für alle Zeiten verlassen?«
»Das hatte ich auch, aber gewiss nicht für immer. Ich war in Bologna und Paris, um Jurisprudenz zu studieren, nun bin ich zurück. Vergangene Woche erst habe ich eine Kanzlei oben in der Perlengasse eröffnet.« Er wies auf ihr Schmuckstück. »Du trägst sie also noch – die Münze, die ich dir einst geschenkt habe.«
»Natürlich.« Sophie streifte das Lederband über den Kopf und reichte ihm den Anhänger. »Aber ich bewahre sie nur auf. Sie gehört Euch.«
»Nein.« Ein Schatten huschte über Augustins Züge. »Behalte sie. Und sag bitte ›du‹, so wie früher, ja?« Er musterte sie erneut. »Meine liebe, kleine Sophie, du hast dich so verändert. Aus dem Kind ist eine Frau geworden, die fest im Leben steht. Wie ist es dir ergangen?«
»Der Herr gibt es, der Herr nimmt es. Geheiratet habe ich, doch mein Goddert ist vor zehn Monaten gestorben. Das Fieber hat ihn zum Herrn geführt, Gott sei seiner Seele gnädig.«
»Aber dir geht es gut?«
Sie nickte zögerlich. »Ich habe ein kleines Erbe und komme über die Runden.«
Diese Nachricht schien ihn zu freuen. »Und … deine Mutter? Die Frau Agnes, wie geht es ihr? Lebt sie noch?«
»Aber ja. Sie ist mit mir, nachdem man uns den Besitz genommen hatte, als Dienstmagd in das Haus ihrer Cousine Gerlin gegangen. Und sobald ich unter der Haube war, ist sie Begine geworden. Doch die Last des Lebens macht ihr zu schaffen.«
»Wem geht das nicht so?«, murmelte er mit düsterem Blick. »Besonders ihr. Was sie alles ertragen musste … Ich wünschte, ich hätte damals schon die Zulassung besessen, selbst zu verhandeln. Wenn mir dieser Fall jetzt unter die Finger käme …«
Sophie hob eine Hand, um ihn am Weiterreden zu hindern. »Bitte, Herr Augustin, Ihr meint es sicher gut, aber diese
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