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Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Titel: Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elif Shafak
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dermaßen …« Ellas Blick schoss zum Fenster, sie suchte nach einem Wort mit genügend Effekt und fand es schließlich: »… romantisch!«
    »Was ist falsch am Romantischsein?«, fragte Jeannette beleidigt.
    Ja, was war eigentlich falsch daran?, dachte Ella. Seit wann regte es sie so auf? Obwohl sie keine Antwort auf diese im Hinterkopf lauernden Fragen hatte, fuhr sie fort. »Ich bitte dich, meine Kleine, in welchem Jahrhundert lebst du denn? Du solltest endlich begreifen, dass man als Frau nicht den Mann heiratet, in den man sich verliebt hat. Wenn es ernst wird, nimmt man den, der mal ein guter Vater und verlässlicher Ehemann sein wird. Liebe ist nichts weiter als ein wunderschönes Gefühl, das eines Tages unweigerlich wieder verschwindet, so wie es gekommen ist.«
    Als sie geendet hatte, wandte Ella sich ihrem Mann zu. David hatte langsam, wie gegen einen Widerstand, die Hände vor sich gefaltet und betrachtete seine Frau, als sähe er sie zum ersten Mal.
    »Ich weiß, warum du das sagst«, rief Jeannette. »Du neidest mir mein Glück und meine Jugend. Du willst eine unglückliche Hausfrau aus mir machen. Du willst, dass ich wie du werde, Mom.«
    In Ellas Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus. War sie eine unglückliche Hausfrau? Eine Mutter mittleren Alters, gefangen in einer Ehe kurz vorm Scheitern? Sahen ihre Kinder sie so? Und ihr Mann auch? Und die Freunde und Nachbarn? Plötzlich kam es ihr so vor, als hätten alle rings umher Mitleid mit ihr, und diese Vermutung tat so weh, dass sie nach Luft rang.
    »Du solltest dich bei deiner Mutter entschuldigen«, sagte David verärgert zu Jeannette.
    »Schon gut, ich erwarte keine Entschuldigung«, entgegnete Ella niedergeschlagen.
    Jeannette bedachte ihre Mutter mit einem gespielten Grinsen. Dann schob sie unvermittelt ihren Stuhl zurück, warf die Serviette auf den Tisch und verließ die Küche. Sofort taten Orly und Avi es ihr gleich – sei es aus einer ungewöhnlichen Solidarität mit ihrer älteren Schwester heraus oder weil das ganze Erwachsenengerede sie inzwischen langweilte. Als Nächste ging, unter einem dahingenuschelten fadenscheinigen Vorwand und indem sie heftig ihre letzte Tablette gegen Sodbrennen zerkaute, Tante Esther.
    David und Ella blieben sitzen. Das Unbehagen zwischen ihnen war mit Händen zu greifen. Es schmerzte Ella, dieses Gefühl der Leere zu empfinden, das, wie beide wussten, weder etwas mit Jeannette noch mit einem ihrer anderen Kinder zu tun hatte.
    David ergriff die Gabel, die er neben den Teller gelegt hatte, und betrachtete sie eine Weile. »Dann muss ich also davon ausgehen, dass du nicht den Mann geheiratet hast, den du liebtest.«
    »David, ich bitte dich, so habe ich es doch nicht gemeint!«
    »Wie denn dann?«, fragte David, ohne den Blick von der Gabel zu wenden. »Ich dachte, du wärst bei unserer Hochzeit in mich verliebt gewesen.«
    »Ich war ja auch in dich verliebt«, versicherte ihm Ella, auch wenn sie sich den Zusatz »damals« nicht verkneifen konnte.
    »Und wann hast du aufgehört, mich zu lieben?«, fragte David mit ausdrucksloser Miene.
    Ella blickte ihren Mann so erstaunt an wie jemand, der sich zum ersten Mal einen Spiegel vors Gesicht hält. Hatte sie aufgehört, ihn zu lieben? Diese Frage hatte sie sich noch nie gestellt. Sie wollte antworten, aber es ging nicht; nicht weil sie nicht wollte, sondern weil ihr die Worte fehlten. In ihrem tiefsten Inneren wusste sie, dass David und sie sich eher umeinander sorgen sollten als um ihre Kinder. Stattdessen taten sie, was sie am besten konnten: die Tage vergehen, die Routine Überhand gewinnen und der Zeit ihren unabänderlich trägen Lauf lassen.
    Außerstande, diese hartnäckige Traurigkeit, die, ohne dass sie es bemerkt hatte, ein Teil von ihr geworden war, niederzuringen, begann sie zu weinen. David wandte gequält sein Gesicht von ihr ab. Beide wussten, dass er Tränen nicht ausstehen konnte – ebenso wenig, wie sie es ausstehen konnte, vor ihm zu weinen. Zum Glück klingelte genau in diesem Moment das Telefon und rettete sie.
    David nahm den Anruf entgegen. »Hallo? Ja, sie ist da. Augenblick, bitte.«
    Ella nahm sich zusammen, hob die Stimme und gab sich die größte Mühe, gut gelaunt zu klingen. »Ja, Ella am Apparat.«
    »Hi, hier spricht Michelle. Entschuldigen Sie, dass ich Sie am Wochenende störe«, sagte eine junge Frau munter durch den Hörer. »Aber Steve wollte schon gestern, dass ich mit Ihnen spreche, und ich habe es schlicht und einfach

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