Die Vinetaner - Rusana
Krankenpflege
Christian fuhr hoch und starrte auf die Tür. War er etwa eingeschlafen? Sein durchgeschwitztes Shirt war noch feucht und klebte an seinem Rücken, doch sein Herzschlag hatte sich beruhigt. Dafür fröstelte er nun und auf seinen Armen bildete sich eine Gänsehaut. Er setzte sich stöhnend auf, da seine Muskeln rebellierten, und lauschte angestrengt. Es war nichts zu hören. Die Stille war beinahe beängstigend. Offenbar hatte der Budara seinen Angriff eingestellt, aber was war mit Rusana? Christian erhob sich und lugte aus dem zerbrochenen Fenster. Sie lag vor der Tür, doch von seinem Blickwinkel aus konnte er nur ihre Beine sehen.
„Rusana?“
Keine Antwort.
Er rief erneut, doch sie schwieg. War sie bewusstlos, und somit keine allzu große Gefahr mehr für ihn? Oder verhielt sie sich absichtlich ruhig, um über ihn herzufallen, sobald er hinaus trat? Christian hoffte, dass Ersteres zutraf, da Rusana gesagt hatte, ihr Angriff würde nur ein paar Minuten dauern. Er schob die Sicherheitsriegel beiseite, öffnete die schwere Tür einen Spalt und sah hindurch. Rusana rührte sich nicht. Er trat nach draußen und musterte sie besorgt. Ihr Gesicht war schweißnass, ihre Haut glühte vom Fieber und war dennoch beängstigend bleich. Sie atmete flach und viel zu schnell. Er musste ihr irgendwie helfen.
Behutsam hob Christian Rusana hoch und trug sie in die Hütte. Erst jetzt sah er sich darin um. Der Raum, in dem er stand, war mit einem Bett, einer Truhe, einem Sofa, einem Holztisch sowie einem großen Eicheschrank ausgestattet. Chris legte Rusana auf das Bett und blickte in das angrenzende Zimmer. Er stutzte, als er einen altertümlichen Brunnen in der rechten Ecke sah. Offenbar gab es hier frisches Wasser aus einer unterirdischen Quelle. Des Weiteren zierten ein Küchenschrank und ein Tisch mit zwei Stühlen den Raum. Außerdem gab es einen Gaskocher mit zwei Platten. Der Boden bestand aus groben Holzdielen und neben dem Küchenschrank befand sich eine weitere Tür, die in ein kleines Badezimmer ohne fließend Wasser führte. Es gab nur eine Waschschüssel auf einem Schränkchen und eine Toilette mit einem Eimer daneben. Chris hatte den Eindruck, in die Vergangenheit gereist zu sein, anstatt zu den Vinetanern. Die Hütte war spartanisch und wirkte, gemessen an dem riesigen Zaun, der sie umgab, winzig, aber immerhin bot sie Sicherheit. Und etwas Bequemlichkeit, ergänzte er seine Gedanken, als er Rusana stöhnen hörte, denn immerhin gab es ein Bett. Er eilte zu ihr und legte seine Hand auf ihre Stirn. Rusana strahlte eine beängstigende Hitze aus. Er musste das Fieber senken. Sein Blick fiel auf Rusanas rechte Hand, die blutverschmiert war. Er hob sie vorsichtig an und entdeckte eine dicke Glasscherbe im Handrücken sowie kleinere und größer Schnitte. Christian schüttelte seinen Kopf. Sie hatte die Scheibe also mit der Faust zerschlagen. Er lief nach draußen, um den Rucksack zu holen und schüttelte den Inhalt auf den Tisch. Er fand Verbandsmaterial und Jod - damit konnte er Rusanas Hand verarzten - aber leider kein fiebersenkendes Mittel. Also mussten Wadenwickel helfen. Chris kramte in seinem Gedächtnis, was er machen musste. Als Kind hatte er die Wickel hin und wieder von seiner Tante über sich ergehen lassen müssen, also sollte er es eigentlich hinbekommen. Er nahm eine der beiden Wasserflaschen, die im Rucksack gewesen waren, und trank einen Schluck. Das Wasser war lauwarm, also genau richtig für die Wickel. Gerne hätte er mehr getrunken, doch er würde seinen Durst später mit dem Brunnenwasser löschen, das wahrscheinlich zu kalt für die Wadenwickel sein würde. Die Wirkung von zu kühlem Wasser wäre zu schockartig und außerdem würden sich Rusanas Blutgefäße so stark verengen, dass die Körperwärme nicht abtransportiert werden könnte.
In der Truhe neben dem Bett fand Chris Decken und Handtücher, im Küchenschrank Geschirr und Töpfe sowie in Gläser eingekochte Lebensmittel. Sie hatten zwar selbst Brot und Dauerwurst dabei, aber im Stillen dankte Chris denjenigen, die für diese Zuflucht verantwortlich waren und dafür sorgten, dass alles Überlebensnotwendige vorhanden war.
Er füllte das Wasser aus den Flaschen in einen großen Kochtopf, um die Handtücher darin einzutauchen und legte weitere bereit, die er über die nassen Tücher um Rusanas Waden wickeln wollte. Damit das Bett nicht zu nass werden würde, legte er eine Decke unter Rusanas Beine. Danach zog er ihr Schuhe und
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