Die Vinetaner - Rusana
zitterte. Sie fror! Bedeute das etwa, dass ihr Fieber wieder anstieg? Besorgt stellte Christian die Suppe zur Seite und fühlte ihre Stirn. Sie war nicht wärmer als vor einer halben Stunde, aber diese Feststellung war natürlich sehr subjektiv. Er schüttelte sie leicht an der Schulter und redete auf sie ein, um sie zu wecken, doch sie öffnete ihre Augen nicht. Brauchte sie Blut? Er drückte sein Handgelenk leicht gegen ihren Mund, um zu sehen, ob sie darauf reagierte, aber ihre Fangzähne fuhren nicht aus.
Chris war frustriert und wusste nicht, wie er ihr helfen sollte, zumal das Zittern in heftige Schüttelfrostanfälle überging. Um sie zu wärmen, deckte er sie mit sämtlichen Decken zu, die er finden konnte, doch es half nichts. Rusana lag zitternd und in sich zusammengerollt auf der Seite, atmete fahrig und stieß hin und wieder ein leises Wimmern aus. Ihr Anblick löste in Christian pure Verzweiflung aus. Schließlich lief er in die Küche, holte ein scharfes Brotmesser aus der Schublade des Küchenschrankes und zog die Klinge über sein Handgelenk, ohne eine Arterie zu verletzen. Sofort quoll Blut aus dem Schnitt und Christian rannte zu Rusana. Er drehte sie auf den Rücken, hob ihren Kopf leicht an und presste sein blutendes Handgelenk gegen ihren Mund. Er bewegte seinen Arm vorsichtig, damit das Blut zwischen ihre Lippen lief. Zuerst sah es nicht so aus, als würde Rusana reagieren, doch auf einmal schluckte sie. Christian seufzte dankbar, doch im nächsten Moment schrie er auf, da Rusana ihre Fangzähne in sein Handgelenk schlug. Der Schmerz war intensiv und Chris hatte Mühe, ihr seinen Arm nicht zu entreißen. Überraschenderweise ebbte der Schmerz schnell ab und anstelle von Pein breitete sich ein berauschendes Gefühl in Chris aus. Zu berauschend! Er kam sich vor, als hätte er an einem Glas voller Glückshormone, gemischt mit Testosteron geschnüffelt. Bei ihrem Biss in seinem Haus war ihm diese Wirkung nicht aufgefallen, was wahrscheinlich an seiner Panik gelegen hatte. Oder Rusana hatte nicht lange genug an ihm gesaugt. Jetzt musste er all seine Kraft aufbringen, um nicht über sie herzufallen. Sein ganzer Körper stand unter Strom und ihre Nähe brannte sein letztes bisschen Verstand weg. Als Rusana plötzlich ihre Zähne aus ihm herauszog, flüchtete er regelrecht aus dem Bett. Er brauchte dringend Abstand. Christian griff nach einem Handtuch, das er sich auf das blutende Handgelenk drückte, und lief fluchend in die Küche. Dort wanderte er von einer Wand zur anderen und wartete darauf, dass seine Erektion sich wieder legte. Das war einfach nicht gerecht! Er stand auf diese Frau. Wollte sie mit Haut und Haaren besitzen und dieser erregende Biss, der sein Blut zum Überkochen brachte, war nicht hilfreich, die Finger von ihr zu lassen. Wenn das so weiterging, würde er seinen Großvater noch eigenhändig erwürgen, um Rusana für sich haben zu können. Was natürlich völliger Blödsinn war. Rusana würde ihn hassen und vierteilen, wenn er ihren Liebsten in einem Anfall von Eifersucht aus dem Weg räumte, anstatt ihm sein Blut zu geben. Schimpfend ging Christian zum Brunnen und ließ den Eimer herunter. Er benötigte dringend eine eisige Abkühlung.
12. Legenden beim Frühstück
Rusana erwachte mit dem ersten Licht des Tages. Es drang schwach durch das kleine Fenster ihrem Bett gegenüber. Sie wunderte sich einen Augenblick über die zerbrochene Scheibe, doch dann überfluteten sie die Bilder der letzten Ereignisse: Der Biss und das Gift der Spinne, der verzweifelte Wettlauf zur Hütte, die Schmerzen sowie ihr Zusammenbruch und zu guter Letzt der Budara. Sie wusste noch, dass Christian sie durch den Eingang des Zaunes gezogen hatte, dicht gefolgt von dem tödlichen Raubtier. Sie sah den Budara vor Christian stehen, zu seiner vollen Größe aufgerichtet und mit einer Pranke nach ihm schlagen - und das war ihre letzte Erinnerung vor ihrer Ohnmacht. Ihr Herz begann zu stolpern. Wo war Chris? Sie richtete sich ruckartig auf, ignorierte den leichten Schwindel, und blickte sich suchend im Raum um. Erleichterung durchflutete Rusana, als sie ihn auf dem Sofa liegen sah. Er schlief und seine Atmung war ruhig und gleichmäßig. Vorsichtig stand sie auf und stellte fest, dass es ihr recht gut ging. Selbst der Schwindel legte sich. Das konnte nur bedeuten, dass sie von Christians Blut getrunken hatte.
Rusana schloss ihre Augen und versuchte, sich die letzten Stunden ins Gedächtnis zu rufen. Es war ein
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