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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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bei sich zu Hause in aller Ruhe analysieren können. Ich habe gehört, dass manche Hellseher Gegenstände in Händen halten müssen, die mit dem Fall verknüpft sind, um damit das, was Sie außersinnliche Wahrnehmung nennen, in Gang zu setzen.«
    »Und wenn dem so wäre?«
    In der Stimme der Psychologin lag nichts Herausforderndes, im Gegenteil: Durch ihre Gesten und ihren Tonfall verhinderte sie, dass die Unterhaltung in eine Konfrontation abglitt. Sie hatte gemerkt, dass der Polizist sehr angespannt zu ihrer Verabredung gekommen war, und beabsichtigte nicht, noch Öl ins Feuer zu gießen.
    Perdomo setzte eine sehr ernste Miene auf. »Das wäre schlimm. Dann wäre der Beweis unbrauchbar und würde vor Gericht nicht anerkannt.«
    Er hatte seinen Kaffee ausgetrunken. Ordóñez bat ihn um die Tasse und stellte sie auf den Schreibtisch.
    »Um Sie zu beruhigen, will ich Ihnen erzählen, wie es kam, dass ich mit der Polizei zusammenarbeite, und inwieweit ich konkret in die aktuellen Ermittlungen eingebunden bin. Ich möchte vorausschicken, dass ich keine Beweismittel besitze, die mit dem Mord zu tun haben, und auch früher nicht in Händen hatte.«
    »Das ist eine gute Nachricht.«
    »Bis jetzt habe ich nur bei einem halben Dutzend Fällen mitgewirkt, und ich habe immer nur mit Inspector Salvador zusammengearbeitet, stets auf seinen Wunsch.«
    »Wie ist er mit Ihnen in Kontakt gekommen?«
    »Wir haben uns kennengelernt, weil ein Sohn seiner Schwester Probleme hatte und ich das Kind eine Zeitlang behandelt habe. Beim Erstgespräch, das ich immer mit den Eltern führe, bevor ich die Behandlung des Kindes beginne, habe ich einige Details erraten, wusste aber selbst nicht einmal, dass dabei ASW – außersinnliche Wahrnehmung – im Spiel war.«
    »Dürfte ich erfahren, was genau Sie damals erraten haben?«, unterbrach Perdomo sie.
    »Das darf ich Ihnen nicht sagen. Ich muss das Vertrauensverhältnis zum Patienten respektieren.«
    »Aber Ihr Patient war doch das Kind, nicht die Eltern.«
    »Trotzdem. Was ich gesehen habe, hatte mit dem Kind zu tun, und es handelt sich um sehr, sehr sensible Informationen.«
    »Verstehe. Fahren Sie bitte fort.«
    »Die Mutter von Tomás – so heißt das Kind – muss Inspector Salvador von mir erzählt haben, denn eines Tages kam er zu mir und bat mich um Hilfe bei der Aufklärung eines offenbar unlösbaren Falls.«
    »Wissen Sie noch, welcher Fall das war?«
    »Ja, aber auch das fällt unter meine berufliche Schweigepflicht.«
    Ein wenig verwirrt sah Perdomo sie an. »Berufliche Schweigepflicht? Aber haben Sie mir nicht gerade erzählt, dass Sie Ihren Lebensunterhalt gar nicht als Parapsychologin verdienen? Dann war es doch aber überhaupt nichts Berufliches.«
    »Nur weil ich der Polizei meine Dienste nie in Rechnung gestellt habe, bedeutet das nicht, dass ich meinen beruflichen Ehrenkodex nicht auch bei diesen … sagen wir, außergewöhnlichen Beratungen anwende.«
    »Können Sie mir wenigstens sagen, ob Ihre Mitarbeit ausschlaggebend für die Ermittlung war?«
    »Weder ausschlaggebend noch überhaupt hilfreich. Ich muss gestehen, dass ich im ersten Fall, den Inspector Salvador mir anvertraute, nicht eine einzige Information beitragen konnte. Es war ein totales Fiasko.«
    Kurz schien es Perdomo, als wollte sie laut auflachen, doch es wurde nur ein Lächeln daraus.
    »Was war Ihrer Meinung nach der Grund dafür?«
    »Vielleicht waren die Informationen, die die Polizei mir über den Fall gab, nicht ausreichend oder aber völlig unzutreffend, oder möglicherweise haben meine Fähigkeiten auch Höhen und Tiefen, je nach Menstruationszyklus oder Mondphase – weiß der Himmel. Sie wissen ja, wie komisch wir Frauen manchmal sind.«
    Diese Bemerkung über das weibliche Geschlecht amüsierte Perdomo, aber er verkniff sich jedes Lächeln und fragte lieber weiter. »Wenn Ihr erster Fall ein völliger Fehlschlag war, wie kommt es dann, dass Salvador Sie trotzdem wieder konsultiert hat?«
    »Ich fürchte, diese zweite Gelegenheit – die ich übrigens nie gesucht habe – verdanke ich der unglaublichen Halsstarrigkeit von Salvadors Schwester, die blindes Vertrauen in meine Fähigkeiten hatte. Es war ein Mordfall, und zu meiner Freude kann ich Ihnen sagen, dass ich der Polizei Indizien geliefert habe, mit deren Hilfe man den Drogenhändler ausfindig machen konnte – es handelte sich nämlich um eine Vendetta wegen Drogen.«
    Perdomo schwieg, denn er wusste nicht, wie er reagieren

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