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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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er, wenn auch leise, Dialogfetzen aus der Seifenoper, die in einem staatlichen Fernsehsender lief. Ein besonders unsinniger Satz blieb haften: »Ich bin eine Frau und habe wie eine Frau um dich gekämpft.« Perdomo verspürte eine Mischung aus Scham und Empörung darüber, dass mit seinen Steuergeldern ein solcher Schund produziert wurde.
    Nach einigen Minuten kehrte Ordóñez mit einem kleinen Tablett zurück, auf dem nur eine Tasse Kaffee stand.
    »Für mich keinen Kaffee. Die Kinder machen mich nervös genug, da muss ich nicht noch Koffein zu mir nehmen.«
    »Wofür ist das Spielzeug da?«, fragte Perdomo und deutete auf den Boden, wo Legosteine, Züge, Bälle und andere Gegenstände lagen, die er nicht einordnen konnte.
    Die Psychologin setzte sich in den Analytikersessel, als wollte sie mit einer Sitzung beginnen.
    »Kinder kann man nicht einfach auf die Liege legen, auf der Sie gerade sitzen. Ich analysiere die Kinder, während sie spielen. Das ist die Technik, in der Melanie Klein Pionierin war.«
    »Verstehe. Und wofür ist dann die Liege?«
    »Hin und wieder nehme ich auch Erwachsene als Patienten an. Aber nur malgré moi, ungern, Erwachsene liegen mir nicht. Ich mache das nur aus finanziellen Gründen, wenn ich zu wenig Kinder als Patienten habe.«
    Perdomo trank einen Schluck Kaffee und bemerkte, dass Ordóñez ihn musterte, als nähme sie eine vollständige psychologische Evaluierung vor. Das war ihm unangenehm.
    Sie sagte: »Wenn das hier eine Sitzung wäre, würde mir nichts anderes übrigbleiben, als die Tatsache, dass Sie sich spontan auf die Patientenliege gesetzt haben, zu interpretieren.«
    »Wäre es Ihnen lieber, wenn ich mich woanders hinsetze?«, gab Perdomo zurück, der manchmal so naiv war, dass es an Dummheit grenzte.
    »Nein, bleiben Sie sitzen. Ich wollte Ihnen nur bewusst machen, dass Sie unwillkürlich eine unbewusste Entscheidung getroffen haben, als Sie sich auf die Liege gesetzt haben.«
    Verwirrt sah er sie an. Dann ging ihm ein Licht auf, und er fragte besorgt: »Sie glauben, ich brauche eine Therapie, und dies ist meine nonverbale Art, es auszudrücken?«
    »Ich meinte das nicht ernst. Solche unbewussten Fehlleistungen sind außerhalb des psychoanalytischen Kontextes von Übertragung und Gegenübertragung nicht analysierbar. Ist genug Zucker im Kaffee?«
    »Er ist genau richtig, danke.«
    »In einer halben Stunde habe ich einen Patienten. Wir kommen also besser zur Sache,« sagte Ordóñez, doch sie lächelte noch immer, und es hatte auch nicht unhöflich geklungen. Im Gegenteil, in ihrem Tonfall schien mitzuschwingen: »Ich habe große Lust, mich mit Ihnen zu unterhalten, und möchte die Zeit, die mir zur Verfügung steht, nutzen.«
    Sie trug ein dunkles Kostüm mit Streifen, das ihr gut stand und das sie normalerweise anzog, um bei den Eltern der Kinder, die sie analysierte, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Bei den Sitzungen selbst waren die Eltern nicht zugegen, doch wenn sie ihre Kinder brachten oder hinterher wieder abholten, sprachen sie normalerweise kurz mit ihr.
    Zu seiner eigenen Überraschung fragte Perdomo sich, ob Ordóñez wohl verwitwet war wie er selbst, oder ob sie einfach nur nie geheiratet hatte oder geschieden war, doch er zwang sich, diese und ähnliche Gedanken beiseitezuschieben und sich auf die Angelegenheit zu konzentrieren, deretwegen er gekommen war.
    »Wie ich Ihnen bereits am Telefon sagte, leite ich seit dem Tod meines Kollegen Inspector Manuel Salvador die Ermittlungen im Mordfall Ane Larrazábal.«
    Wie eine gute Schachspielerin schien die Psychologin mehrere Schritte im Voraus zu denken, denn sie sagte: »Und Sie möchten wissen, inwieweit ich, um es salopp zu formulieren, die Finger im Spiel habe, ja?«
    »Ich will ganz ehrlich sein, Señora Ordóñez. Ich respektiere selbstverständlich die Methoden meiner Kollegen, solange sie nicht gegen ein Gesetz verstoßen, aber ich habe nicht die Absicht, Ihre Dienste weiter in Anspruch zu nehmen, weder bei der aktuellen Ermittlung noch zukünftig.«
    »Das verstehe ich vollkommen, Inspector. Aber was verschafft mir dann das Vergnügen Ihres Besuchs?«
    Das Vergnügen Ihres Besuchs? Perdomo wusste nicht zu sagen, ob sie das ironisch meinte, und das verunsicherte ihn zutiefst.
    »Ich muss wissen, ob Sie über vertrauliche Informationen zu diesem Fall verfügen, und ob mein Kollege, wie ich fürchte, Ihnen irgendein Beweisstück, das mit dem Mord verknüpft ist, zur Verfügung gestellt hat, damit Sie es

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