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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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Blatt.«
    »Wer zum Beispiel?« Perdomo wollte zu gern einen Namen in sein Notizbüchlein schreiben, um die Ermittlungen voranzutreiben.
    »Zum Beispiel die Japanerin Suntori Goto, Anes große Rivalin. Wir haben erfahren – von Agenten und Leitern von Konzerthäusern –, dass sie Anes Erfolg zu fünfzig Prozent ihrer Geige zuschrieb und wer weiß was dafür gegeben hätte, sie zu bekommen. Nur um nicht anerkennen zu müssen, dass Ane die bessere Musikerin ist! Oder war.«
    »Aber Sie haben mir doch gerade gesagt, dass ihre Geige außergewöhnlich war.«
    »Das ist sie auch, in den Händen der geeigneten Künstlerin. Suntori ist nicht klar, dass sie zwei Stradivaris brauchen würde, um so gut wie Ane zu spielen!«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wegen dem Schweiß.«
    »Dem Schweiß?«
    »Suntori Goto schwitzt auf der Bühne wie in der Sauna, Inspector. Haben Sie sie nie gesehen? Manche Leute finden das so abstoßend, dass sie ihre Konzerte nicht mehr besuchen, obwohl die Japanerin eine sehr attraktive Frau ist, das gebe ich gerne zu. Aber auf der Bühne schwitzt das Weib, als müsste es Gewichte heben – das muss mit dem Lampenfieber zu tun haben.«
    »Und was hat das mit –«
    »Lassen Sie mich bitte ausreden«, bat die Agentin mit ihrer rauchigen Stimme. »Feuchtigkeit hat katastrophale Auswirkungen auf den Klang jedes Instruments, denn wenn das Holz sich mit Wasser vollsaugt, verliert es sein Resonanzvermögen. Aus diesem Grund verfügen gute Geigenkästen über einen Feuchtigkeitsmesser. Wenn ein Musiker so schwitzt wie Suntori, ist die Geige nach zehn oder fünfzehn Minuten unter Umständen so unbrauchbar wie ein Wischlappen. Die einzige Lösung besteht darin, zwei Instrumente zur Hand zu haben: Während das eine trocknet – was bei den Temperaturen auf einer Bühne eine Sache von wenigen Minuten sein kann –, spielt man das andere und umgekehrt. Deshalb sage ich, dass bei Suntori eine einzige Stradivari nicht genügen würde.«
    »Wenn sie Larrazábals große Konkurrentin war, dann ist sie jetzt der neue weibliche Geigenstar, oder?«
    »Ja, Inspector, so ist es«, räumte Garralde seufzend ein. »Man könnte auch sagen, Suntori Goto ist der neue Topstar.«
    »Wenn wir die Geige wiederbeschaffen«, sagte Perdomo und wechselte damit das Thema, »wären die rechtmäßigen Erben –«
    »Anes Eltern«, unterbrach ihn Garralde, als fände sie schon den Gedanken, man könnte Zweifel daran haben, unerträglich.
    »Die Eltern? Wieso sind Sie da so sicher?«
    »Ane hat kein Testament gemacht. Oder haben Sie etwa eins gefunden?«
    »Nein.«
    »Weil es keins gibt. Falls also nicht das Gesetz geändert worden ist, fällt alles den Eltern zu, auch diese Wohnung und natürlich die Violine, falls man sie eines Tages wiederfindet. Das wäre sogar nach der Hochzeit noch so gewesen. Da es kein Testament gibt, hätte Señor Rescaglio erst beim Tod von Anes Eltern geerbt.«
    In diesem Augenblick verlangte die Hündin ihr Fressen, indem sie zu bellen begann, und Garralde bat Perdomo, ihr in der Küche Gesellschaft zu leisten, während sie eine Dose Hundefutter für das Tier öffnete. Auf dem kurzen Weg dorthin erblickte der Inspector eine kleine Geige, die in einem der Schlafzimmer an der Wand hing.

24
    U nd diese Geige?« Der Polizist hatte Mühe, sich bei dem Krawall, den die Hündin veranstaltete, Gehör zu verschaffen.
    »Das ist eine Achtelgeige, Anes erste Violine. Sie bekam sie mit vier Jahren. In diesem Alter brauchen Kinder kleinere Instrumente. Es gibt sogar noch kleinere, denn manche Kinder fangen schon mit einem Jahr an.«
    »Darf ich sie mir einmal ansehen?«
    Carmen Garralde ging ins Schlafzimmer, nahm die Geige von der Wand und reichte sie ihm.
    Als Perdomo die Geige in Händen hielt, musste er lächeln. Dieses kleine Instrument löste zärtliche Gefühle in ihm aus. Unwillkürlich stellte er sich die kleinen Hände vor, die sie einst hatten erklingen lassen. Das wiederum erinnerte ihn an die Zeit, in der sein Sohn Gregorio seine ersten Geigenstunden bekommen hatte, und an Juana, die ihn immer zur Musikschule begleitet hatte, und vor Sehnsucht nach dieser glücklichen Zeit, die niemals wiederkehren würde, bekam er feuchte Augen.
    »Ich muss Koxka zu fressen geben, sonst steigt mir der Nachbar von unten aufs Dach«, sagte Carmen Garralde und riss ihn aus seinen wehmütigen Erinnerungen. »Nehmen Sie die Geige einfach mit in die Küche, wenn Sie sie genauer ansehen wollen.«
    Während sie der Hündin den

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