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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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Erfahrung als auf Teufelei. Andrea ist ein netter Kerl und ein exzellenter Musiker …« Sie hielt inne und wiederholte das Adjektiv, damit Perdomo auch ja begriff, dass ihre Bewunderung aufrichtig war: »Wirklich ex-zel-lent. Er könnte ein geschätzter Solist sein, wenn er das gewollt hätte. Ihm hat nur der Ehrgeiz gefehlt. Aber in menschlicher Hinsicht ist er zu treuherzig. Er hätte im Dschungel der klassischen Musik nicht eine Sekunde überlebt. Sie ahnen ja nicht, wie vielen hinterhältigen Dolchstößen man in dieser Branche tagtäglich ausweichen muss.«
    »Wer profitiert von Ane Larrazábals Tod, Señorita Garralde?«, fragte Perdomo unvermittelt.
    »Ich nicht, logisch«, erwiderte die Frau mit einem bitteren Lächeln. Sie schien die Frage längst erwartet zu haben, denn die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Es ist ja nicht nur so, dass die Musiker normalerweise mehrere Agenten haben, sondern die Agenten leben auch nicht nur von einem Künstler. Außer in meinem Fall: Ane war meine einzige Einkommensquelle. Nun ist sie tot, und damit sozusagen die Gans, die meine goldenen Eier gelegt hat.«
    »Aber da ist noch die Geige«, wollte der Inspector ihr schon in Erinnerung rufen. Doch er verkniff es sich, denn damit hätte er die Frau, die sich bisher als wertvolle Informationsquelle erwies, in die Rolle der Verdächtigen gedrängt.
    Stattdessen verfolgte er weiter die bisherige Stoßrichtung.
    »Natürlich, ich meinte auch nicht Sie, Señorita Garralde. Aber falls Sie von jemandem wüssten, der –«
    »Wer profitiert davon?«, unterbrach sie ihn. Sie hatte keineswegs vergessen, welche Art Hilfe von ihr erwartet wurde. »Natürlich derjenige, der jetzt im Besitz der Violine ist. Haben Sie irgendwelche Spuren von der Stradivari gefunden?«
    »Nicht die geringste«, gestand Perdomo. »Die Welt der Musikinstrumente ist mir völlig fremd, ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll zu suchen. Angenommen, ich hätte die Geige gestohlen, was könnte ich damit machen?«
    Garralde zog an ihrer Zigarette, und Perdomo kam es vor, als hätte sie den Rauch verschluckt. In dem Bemühen, eine Antwort zu formulieren, schien sie sogar das Atmen vergessen zu haben. Als sie den Rauch schließlich wieder ausstieß, achtete sie sorgfältig darauf, den Polizisten nicht einzunebeln. »Es gibt so wenige Strads auf dem Markt, dass es schwierig wäre, sie zu verkaufen, ohne Verdacht zu erregen, denn die, die es noch gibt, sind alle bekannt. Viele haben sogar Namen, als handelte es sich um berühmte Gemälde.«
    »Diese Information kann mir nutzen. Wie hieß die Ihrer Klientin?«
    »Anes Strad hatte keinen konkreten Namen, weil man nie herausgefunden hat, wem sie gehört hatte, bevor ihr Großvater sie in Lissabon ersteigerte. Üblicherweise hat der Name einer Stradivari mit ihrer Geschichte zu tun. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Die Viotti, eine der berühmtesten, verließ Stradivaris Werkstatt 1709. Sie ist nach ihrem berühmtesten Besitzer Giovanni Battista Viotti benannt, von dem es heißt, er habe sie von seiner Geliebten, Katharina der Großen, zum Geschenk erhalten. Die Royal Academy of Music in London erwarb sie 2005 für über fünf Millionen Euro.«
    »Haben Sie gerade fünf Millionen gesagt? Nach meinen Informationen bewegen sich die Preise dieser Instrumente um die eineinhalb Millionen.«
    »Aber die Viotti ist ein außergewöhnliches Instrument, nicht nur, weil sie in perfektem Zustand ist, sondern weil sie Eigentum der russischen Zarin war. Außerdem haben nicht alle Stradivaris die gleiche Qualität. Manche, zum Beispiel das Cello Duport, haben sogar Kratzer im Holz. Es heißt, die hätte Napoleon Bonaparte höchstpersönlich verursacht, als er versuchte, es zu spielen.«
    »Wie viele Stradivaris gibt es insgesamt noch?«
    »Sechshundertfünfzig, aber denken Sie daran, dass da auch sechzig Celli und vierzehn Bratschen mit eingeschlossen sind. Violinen im engeren Sinne gibt es nicht einmal mehr sechshundert.«
    »Und Larrazábal kam nie auf die Idee, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte?«
    »Nein, nie. Sie hat mir erzählt, dass ihr Großvater die Geige in den sechziger Jahren von einem Experten untersuchen ließ, und der kam zu dem Schluss, dass es sich um ein Originalinstrument handelt.«
    »Wissen Sie den Namen dieses Experten noch?«
    »Nein, nur dass er die Geige allen möglichen Tests unterzogen hat. Einer der zuverlässigsten ist die Holzanalyse durch einen Dendrochronologen. Wenn die

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