Die Virus-Waffe
bis auf einen einzigen Punkt
vollkommen falsch. Es war tatsächlich ein Team nach Kre-
ta geschickt worden, das die wichtigsten Beweise einsam-
meln und den Rest vernichten sollte. Mit seinen anderen
Annahmen dagegen lag er weit daneben. Allerdings ging
er das Problem auch von der falschen Seite an.
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Richter versuchte immer noch, sich einen Reim darauf
zu machen, als er eindöste.
Norfolk, Virginia
»Und wer legt Ihrer Meinung nach diese ehemaligen
CIA-Knacker um?« Richter gähnte ausführlich, während
Westwood seinen Chrysler Voyager durch den ruhigen
morgendlichen Verkehr zur Interstate 64 lenkte.
Bei der Landung der RC-135 auf dem Luftwaffenstütz-
punkt Norfolk hatte Westwood schon auf Richter gewar-
tet und ihn unter seine Fittiche genommen, nachdem die
Maschine auf dem Rollfeld zum Stehen gekommen war.
Die Plastikkiste mit dem Stahlkoffer ruhte jetzt im Kof-
ferraum seines Vans, und Steins Aktenkoffer sowie Rich-
ters Reisetasche lagen auf den Rücksitzen.
Westwood schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, ich
wüsste es. Vor allem würde mich der Grund interessie-
ren. Ich hoffe, dass wir gemeinsam Licht in dieses Chaos
bringen.«
»Geben wir unser Bestes. Danke übrigens für den Flug.
Ziemlich beeindruckend – eine RC-135 als Privatjet! Al-
lerdings könnte das Essen besser sein. Mit Kaffee aus ei-
ner Thermoskanne und ein paar Sandwiches dürfte die
US Air Force es kaum auf die Liste meiner Lieblingsflug-
linien schaffen.«
»Sie können von Glück reden, dass Sie überhaupt et-
was zwischen die Zähne bekommen haben.« Westwood
wechselte die Spur und beschleunigte. »Ich musste erst
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einen Berg von Gefallen einfordern und den Flug von
meinem Boss absegnen lassen.«
»Sie haben von den Vorfällen auf Kreta gehört?«
Westwood nickte. »Ja. Ihr Mister Simpson hat mich
über eine abhörsichere Leitung informiert, obwohl mir das
nicht sonderlich weitergeholfen hat. Ich verstehe immer
noch nicht, warum jemand eine knapp dreißig Jahre alte
Operation für so heiß hält, dass er alle Leute, die damit zu tun hatten, nur deswegen umbringt, weil sie vielleicht reden könnten.«
»Das kann ich Ihnen erklären«, meinte Richter.
»Dann legen Sie los. Ich bin ganz Ohr.«
»Ich glaube, Stein lag mehr oder weniger richtig. Die
Jungs, die mit CAIP zu tun hatten, haben irgendwo ein
tödliches Virus aufgetan und wollten es in die Staaten
schaffen, um daraus einen Biokampfstoff zu basteln. Laut
den CDC-Mitarbeitern auf Kreta reagiert das Virus aus
diesen Stahlflaschen wie eine Mischung aus Ebola und Las-
sa-Fieber, nur viel, viel schneller als beide. Lassa tötet innerhalb einiger Wochen und Ebola in ein paar Tagen. Soll-
ten Sie sich unser Schätzchen hier einfangen, sind Sie in
ein paar Stunden tot.
Vermutlich haben sie das Virus irgendwo im afrikani-
schen Regenwald gefunden, weil von dort die meisten
wirklich ekligen Viren kommen wie Marburg und Ebola.
Wahrscheinlich haben sie in Ägypten oder Israel eine Zwi-
schenlandung gemacht, um aufzutanken, und wollten auf
einem spanischen oder britischen Flugplatz noch einmal
zwischenlanden, bevor sie den Sprung über den großen
Teich machten.«
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»Trotzdem, es ist ein uralter Einsatz«, widersprach
Westwood. »Dieses Flugzeug ist vor über dreißig Jahren ab-
gestürzt. Warum sollte sich jetzt noch jemand darüber auf-
regen?«
»Vielleicht, weil die USA so vehement alle Forschungen
im Bereich biologische Kriegführung dementieren. Ihre
Regierung hat immer behauptet, dass ihre Forschungen
ausschließlich Verteidigungszwecken dienten, auf keinen
Fall einem Präventivschlag. Stellen Sie sich die weltweite
Empörung vor, wenn man Beweise fände, dass die CIA na-
türliche Viren entdeckt hat, die in Fort Detrick oder wo
auch immer in biologische Kampfstoffe für einen An-
griffskrieg umgewandelt werden.«
Westwood schwieg einen Moment und schüttelte dann
den Kopf. »Tut mir Leid, Paul, aber die Geschichte geht
nicht auf. In einem solchen Fall hätten wir nur behaupten
müssen, dass diese Viren für das CDC bestimmt gewesen
wären, damit dort ein Gegenmittel entwickelt werden
konnte. Wer würde das anzweifeln? Sie haben über Beweise
geredet, und diese Flaschen beweisen in Wirklichkeit gar
nichts.«
»Das klingt logisch«, gab Richter zu. »Dann ist Ihr
Phantomkiller vielleicht noch etwas paranoider als wir an-
deren und will das Risiko nicht eingehen, dass sein Name
mit dieser
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