Die Virus-Waffe
dass
es nur eine zeitlich begrenzte Verbindung war.
»Das dürfte sie sein, John«, meinte Richter und klickte
»Verbinden« an. Das Handy wählte die Nummer, während
die beiden Männer den Bildschirm nicht aus den Augen
ließen. Eine halbe Minute später trennte der Computer die
Verbindung wieder, nachdem er eine Nachricht vom Ser-
ver heruntergeladen hatte.
»Bingo«, sagte Westwood und überflog den Text.
»McCready wird allmählich nervös.«
»Gut, befreien wir ihn von seinem Elend«, erklärte
Richter und begann, die Antwort einzutippen, die sich die
beiden Männer ausgedacht hatten. Sie war ziemlich lang,
und sie veränderten sie ein paar Mal, damit sie so authen-
tisch wie möglich wirkte.
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»Sind Sie damit zufrieden, John?«, fragte Richter, als
Westwood den fertigen Text zum dritten Mal las.
»Ich glaube schon. Vermutlich wird er den Braten riechen, aber ich wette, dass er so scharf darauf ist, die Bewei-se einzusammeln, dass er dem Treffen zustimmt. Immer-
hin«, er deutete auf den Bildschirm, »hätte es sich genauso
abspielen können.«
Drei Minuten später klickte Richter »Senden« an.
»Und jetzt?«, erkundigte sich Westwood.
»Jetzt warten wir«, meinte Richter. »Der Ball liegt in
Mackies Feld.«
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27
Montag
Lake Ridge, Virginia
Nicholson hatte nach dem langen Schweigen keine Ant-
wort mehr von Murphy oder Stein erwartet. Er war sich
ziemlich sicher, dass beide Männer getötet oder ge-
schnappt worden waren. Aber als er am Sonntag gegen
Mitternacht, kurz bevor er zu Bett ging, seine E-Mails
abrief, sah er sofort die rot hervorgehobene Bestätigung,
dass Murphy seine Nachricht geöffnet und ihm geant-
wortet hatte.
Murphys Text klang gereizt, und nachdem Nicholson
seine Nachricht gelesen hatte, war ihm klar, warum. Der
Mord an Stein war vollkommen schief gelaufen. Die Poli-
zei war aufgetaucht, als Murphy gerade abgedrückt hatte.
Er hatte fliehen müssen und es gerade noch geschafft, mit
dem Stahlkoffer zu entkommen. Da er gezwungen war, der
Polizei aus dem Weg zu gehen und sich in die Hügel zu
flüchten, hatte er das Rendezvous mit dem Hubschrauber
nicht einhalten können. Offenbar hatte er sich auf eine
Fähre nach Kíthira geschlichen und war von dort auf das
griechische Festland übergesetzt. Dort hatte er einen Flug
von Athen nach Amsterdam genommen und war dann
nach New York weitergeflogen. Die Nachricht bestätigte
645
wenigstens, dass er den Stahlkoffer, die ultrageheime Akte
und alles andere bei sich hatte, was Krywald und Stein hat-
ten beschaffen können.
Nicholson las die Mail ein halbes Dutzend Mal und
lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Welche Möglichkei-
ten hatte er? Er war sicher, dass die Mail von Murphys
Computer gekommen war, weil er die Empfangsbestäti-
gung gesehen hatte, aber das musste nicht zwangsläufig
bedeuten, dass Murphy sie auch geschickt hatte.
Andererseits klang das, was Murphy in der Mail schrieb,
plausibel. Zudem erklärte es, warum er sich so lange nicht
gemeldet und Nicholson nichts mehr von Stein gehört hat-
te. Der war zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen.
Nicholson spielte mit dem Gedanken, Murphys Handy
anzurufen, um vielleicht auf diesem Weg die Identität des
Mannes aufgrund seiner Stimme bestätigen zu können,
verwarf diese Idee jedoch. Ob Murphy noch lebte und die
letzte Phase seines Auftrags erledigen wollte, oder ob er tot war oder in einem kretischen Gefängnis schmorte, spielte
letztlich keine Rolle.
Wer auch immer die Mail geschickt hatte, ob es nun
Murphy war oder jemand anders, wusste zu viel über
CAIP. Das bedeutete, Nicholson hatte keine Wahl. Er
musste die Person treffen, herausfinden, wer sie war, und
sie eliminieren. Er überlegte eine Weile, wie er antworten
und wo er einen Treffpunkt vereinbaren sollte, klickte
dann »Antworten« an und tippte seine Nachricht. Er las
den Text zweimal durch, schickte die Antwort ab, schaltete
den Computer aus und ging zu Bett.
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Haywood, Virginia
Richter schreckte um halb fünf aus dem Schlaf. Er lag im
Gästezimmer von John Westwoods geräumigem Haus, sah
sich in der fremden Umgebung um und fragte sich einen
Augenblick, wo und wer er war. Einige Menschen leiden
nach Flügen von Osten nach Westen an Jetlag, andere
nach solchen in die andere Richtung. Richter gehörte zu
der eher kleinen Gruppe, die nach allen Langstreckenflü-
gen unter Jetlag litt, ganz gleich wohin. Das verhinderte
wieder einmal
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