Die Virus-Waffe
einen erholsamen Schlaf.
Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Sinn hatte, wenn
er jetzt noch versuchte weiterzuschlafen, und Sally West-
wood schätzte es vermutlich gar nicht, wenn er im Morgen-
grauen in ihrem Haus herumschlich. Also schaltete er die
Nachttischlampe an, tappte auf nackten Füßen zu dem
niedrigen Bücherregal neben der Tür und überflog die
Buchrücken. Es waren hauptsächlich historische und Lie-
besromane. Vermutlich wurde das Zimmer vor allem von
Sallys Freundinnen benutzt, wenn sie hier übernachteten.
Schließlich fand er einen arg zerfledderten Tom-Clancy-
Roman auf dem untersten Regal und nahm ihn mit ins Bett.
Jack Ryan war gerade von Admiral Greer informiert
worden, dass er zu einer Analyse ins Weiße Haus über das
verschwundene russische Unterseeboot Roter Oktober und dessen abtrünnigen Kapitän Ramirez geladen wurde, als
Richters Uhr piepste. Er stellte den Alarm ab, legte das
Buch neben den Nachttisch und ging ins Bad, um zu du-
schen. Das Gästezimmer hatte leider kein eigenes Bad, was
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Richter lieber gewesen wäre. Seine besten Ideen kamen
ihm für gewöhnlich unter der Dusche.
Kurz nach acht tauchte er in der Küche auf. Sally war
bereits auf dem Weg nach draußen und scheuchte ihre
beiden Kinder vor sich her. Sie wollte mit ihrem Jeep Che-
rokee die Kinder zum Schulbus nach Culpeper bringen
und winkte Richter lässig mit der Hand zu.
»Hi, Paul!«, rief sie. »Schinken und Eier sind im Back-
ofen. Bedienen Sie sich. Ich bin in einer Stunde wieder da.
Machen Sie sich Toast, wenn Sie wollen«, setzte sie noch
hinzu und zog die Tür hinter sich ins Schloss.
Richter beschied sich mit der Kaffeekanne. Er schenkte
sich einen Becher ein, goss einen Schuss Milch dazu und
schlenderte ins Arbeitszimmer. John Westwood saß bereits
am Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm von Mur-
phys Notebook. Er blickte hoch, als Richter hereinkam.
»Morgen, Paul. Gut geschlafen?«
»Nicht besonders«, erwiderte Richter. »Wenn dieser
Mist vorbei ist, schlafe ich bestimmt besser. Was gibt’s
Neues?«
»Ich glaube, unser Köder hat funktioniert.« Westwood
grinste triumphierend. »McCready hat schon geantwortet.
Er hat Murphy ordentlich zusammengefaltet, weil er sich
so lange nicht gemeldet hat, und will sein Zeug heute Mor-
gen um elf Uhr einsammeln.«
»Wo?«
»In einem der sicheren Häuser der Firma. Es liegt etwa
zwanzig Meilen von hier entfernt. Ich war schon ein paar
Mal da.«
»Kennen Sie es gut?«
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»Ziemlich gut. Die Einfahrt ist mit Sensoren gesichert,
und es gibt Außenkameras und Alarmanlagen an allen Tü-
ren und Fenstern. Außerdem befindet sich im Keller ein
abhörsicherer Besprechungsraum, ein Raum im Raum so-
zusagen. Er ist schall- und luftdicht. Die Firma benutzt das Haus für heikle Einsatzbesprechungen.«
»Personal?«
»Nur ein pensionierter CIA-Mann, der als Verwalter
fungiert.«
»Gut, der dürfte uns keine Schwierigkeiten machen.
Was ist mit Mauern oder Zäunen?«
»Das Haus ist von Hecken umgeben. Die meisten Häu-
ser in der Gegend stehen ziemlich frei, und die Firma woll-
te keine Mauer ziehen, weil das zu viel Aufmerksamkeit
erregt hätte.«
Richter nickte. »Offensichtlich stellt McCready Murphy
eine Falle. Sobald er das Zeug übergeben hat, heißt es
›wham, bam, danke, Mike‹ und das war’s. Er bekommt eine
Kugel in den Kopf und wird irgendwo verscharrt. Wir brau-
chen Zeit, um genau zu überlegen, wie wir vorgehen. Ant-
worten Sie ihm als Mike Murphy, John. Erklären Sie ihm,
dass Sie noch in New York sind und auf keinen Fall vor
sechzehn Uhr heute Nachmittag dort eintreffen können.
Das verschafft uns etwas Zeit, um uns zu organisieren.«
Lake Ridge, Virginia
Als Erstes meldete sich Nicholson an diesem Morgen
krank, allerdings nur aus purer Höflichkeit. Als Abtei-
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lungsleiter war er nur dem Direktor des Geheimdienstes
verantwortlich, und niemand würde seine Anwesenheit
überprüfen. Aber er hatte drei Besprechungen angesetzt,
die er von seiner Sekretärin absagen oder verschieben ließ.
Dann fuhr er zu einer Tankstelle, die er normalerweise
nicht benutzte, und hielt neben dem Münzfernsprecher
am Rand des Parkplatzes. Er telefonierte kurz mit einer
Nummer in Virginia, stieg wieder in seinen Wagen und
fuhr nach Hause.
Er hatte seinen Computer angelassen, weil er eine Nach-
richt von Murphy erwartete, und überprüfte sofort seinen
Posteingang, als er wieder zu
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