Die Virus-Waffe
gekommen. Er hatte schlechte
Laune, hat eine Weile dagesessen und Whisky getrunken,
bevor Nico eintraf. Der Wirt meinte, Spiros hätte seinen
Neffen nicht erwartet und sich gefreut, als der auftauchte.
Allerdings ist dieser Jakob nicht gerade der zuverlässigste
Zeuge.«
»Aha«, sagte Hardin. »Das könnte wichtig sein.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, meinte Gravas.
»Ich versuche, den Zeitplan zu klären«, erklärte Hardin.
»Wir müssen annehmen, dass wir es mit einem unbekann-
ten Erreger zu tun haben, der einige allgemeine Charakte-
ristika von Ebola aufweist, aber sehr viel schneller wirkt.
Wir wissen, dass diese beiden Männer am Montagabend in
der Bar zusammen getrunken haben, und wir wissen auch,
dass beide zwölf Stunden später tot waren.
Das legt die Vermutung nahe, dass das Opfer eines Pa-
thogens, das so rasch töten kann, direkt nach seiner Infek-
tion Anzeichen von Krankheit zeigt. Hätten Spiros und
Nico die Bar am Montagabend gemeinsam betreten, hät-
ten sie diesen Erreger bereits in sich tragen können. Dass
sie jedoch getrennt ankamen und sich zufällig trafen, lässt
darauf schließen, dass sie beide noch nicht infiziert waren, als sie die Bar verließen. Das wiederum«, fuhr er fort, »bedeutet, dass sie irgendwo hier in Kandíra mit dem Erreger
in Berührung gekommen sein dürften. Wir müssen die
Quelle sehr schnell finden, bevor noch jemand stirbt. Au-
ßerdem heißt das, dieser neue Erreger, worum auch immer
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es sich dabei handeln mag, wirkt erheblich schneller als al-
le, die mir bisher untergekommen sind.«
Central Intelligence Agency,
Hauptquartier,Langley, Virginia
Die CIA verfügt über eine Sektion, deren vielsprachiges
Personal den ganzen Tag damit verbringt, sämtliche Zei-
tungen und Magazine zu lesen, die weltweit erscheinen,
und selbst nach den kleinsten Informationen sucht, die für
die Firma von Interesse sein könnten. Eine andere Sektion
arbeitet sich durch Romane und Sachbücher. Deshalb sind
die Beamten dieser beiden Sektionen vermutlich die best-
informierten Frauen und Männer auf unserem Planeten.
Nur erfährtdas natürlich keiner, denn wie die meisten CIA-Beamten reden auch sie nie über ihre Arbeit.
Um 0731 Ortszeit rief Jerry Mulligan ein gescanntes
Bild der Titelseite einer Zeitung aus Athen auf seinem
Einundzwanzig-Zoll-Bildschirm auf. Jerry war, trotz seines
anglisierten Namens, auf Korfu geboren und sprach flie-
ßend Griechisch und brauchbar Türkisch.
Die meisten großen Zeitungen, und fast alle internatio-
nalen, publizieren Auszüge ihrer täglichen Ausgaben im
Internet. Kleineren Zeitungen fehlen dafür meist die Mit-
tel. Aus diesem Grund beschäftigt die CIA seit den Sechzi-
gerjahren Mitarbeiter in fast jeder größeren Stadt der Welt, die täglich Ausgaben von allen lokalen Zeitungen kaufen.
Normalerweise werden die Zeitungen vor Ort analysiert,
und alle relevanten Exzerpte werden auf dem Postweg
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nach Langley geschickt. Aber Internet und E-Mails haben
diesen Prozess größtenteils automatisiert und nahezu jede
lokale Analyse überflüssig gemacht. Heutzutage scannen
die Agenten und Mitarbeiter die kompletten Zeitungen
Seite um Seite einfach ein und mailen die gescannten Bil-
der dann an eines der vielen E-Mail-Konten der CIA in die
Staaten.
Die Athener Zeitung, die Jerry sich vornahm, war ein-
deutig ein Lokalblatt. Ihr Inhalt war provinziell, und ihr
fehlte außerdem das Werbevolumen ihrer größeren Kon-
kurrenten. Dennoch war sie interessant, und Jerry beugte
sich fasziniert vor.
Die »kretische Epidemie« hatte es bis auf die Titelseite
gebracht, und als Jerry Mulligan den Text las, begriff er sofort, dass dieser Artikel für die Firma aus mindestens zwei
Gründen interessant sein konnte. Jede Art von Epidemie
oder Ausbruch einer unbekannten Krankheit war wichtig,
weil das möglicherweise darauf hindeutete, dass irgendeine
Terrororganisation eine biologische Waffe testete. Solche
Meldungen konnten sogar den Beginn eines handfesten
Angriffs mit Biowaffen bedeuten. Und die abgestürzte Ma-
schine konnte vielleicht einen offenen Fall der Firma ab-
schließen.
Mulligan kopierte den gesamten Text, anschließend
überzeugte er sich, dass er lesbar war und die Texterken-
nung beim Scannen keine Fehler eingebaut hatte, schrieb
Textquelle und Veröffentlichungsdatum hinzu und spei-
cherte die Datei.
Danach aktivierte er das automatische Übersetzungs-
programm, um eine
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