Die Visionen von Tarot
wir!“
Lee schien absolut erstaunt. Die Teufelin, deren Miene nackte Wut verriet, verschwand. Mohammed schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ja, Bruder. Ich glaube, du hast recht. Wir müssen beurteilen, was ist, und nicht, was war. Auf dieser Grundlage …“
„Zur Hölle mit dem, was war!“ rief Bruder Paul. „Dieser Mann ist Jesus Christus ebenso ähnlich, wie es ein Mensch heute nur sein kann. Er gehört zu den Lebenden.“
„Was ist“, wiederholte Lee. „Mich hat das, was war, heimgesucht.“ Dann leuchtete sein Gesicht auf. „In der Hölle haben wir nichts weiter zu suchen“, sagte Jesus. „Die Hölle selbst hat keine Existenzberechtigung. Propheten wie Mohammed und gute Menschen wie Bruder Paul – was zum Teufel tun sie in der Hölle? Ich habe niemals vom Höllenfeuer gepredigt. Ich habe die Vergebung gepredigt – für die Menschen und ihre Institutionen.“ Er reckte sich, und innerhalb von Sekunden schlossen sich die schrecklichen Wunden und verheilten. Er machte eine Handbewegung zu Mohammed – die Eingeweide des Propheten zogen sich in die Bauchhöhle zurück, und glatt spannte sich die Haut darüber. „Kommt, Freunde … wir müssen mit diesen Grausamkeiten Schluß machen.“ Und er trat zurück zu dem Felsen, wo der Dämon immer noch die armen Seelen zerhieb. Den ganzen Weg entlang winkte er den Verwundeten: „Steht auf, nehmt eure Körper und folgt mir!“ Und sie waren geheilt.
Der Dämon starrte sie an, als sie sich ihm näherten. „Was, schon geheilt?“ fragte er. „Ich habe dich gespalten!“ Und er schlug heftig zu.
Das Schwert prallte von Jesus ab und zerbrach in zwei Hälften. Der Dämon verharrte wie angewurzelt, dann wich er zurück. Als Jesus weiter auf ihn zuging, schrie er entsetzt auf und floh.
Um sie herum scharten sich die geretteten Seelen. „Wir sind erlöst!“ riefen sie freudig. Sie stellten sich auf und marschierten wie eine immer größere werdende Armee hinter ihnen her. Dabei sangen sie Siegeshymnen. Alle Dämonenlegionen der Hölle wurden bei ihrem Anblick mit Entsetzen erfüllt und machten sich aus dem Weg. Die Hölle befand sich in Aufruhr.
Hinab marschierten sie in den neunten Kreis des Eises – und das Eis knackte und riß auf, und die darin vergrabenen Seelen standen auf und schlossen sich ihnen an. Auch die um den Rand stehenden Riesen schlossen sich an, und die steile Klippe schmolz zu einem sanften Hügel.
Nun gelangten sie in Sichtweite des riesigen Satans selbst. Jesus blieb stehen. „Oh, Prinz der Vernichtung“, rief er ungehalten. „Der Zorn von Gottes Engeln, verachtet von allen rechtschaffenen Menschen! Warum hast du es gewagt, ohne Grund oder Gerechtigkeit eine unschuldige und ehrenwerte Person in dieses Reich zu bringen? Erleide nun die gerechte Strafe …“
„Nein, warte!“ rief Bruder Paul und legte Jesus die Hand auf den Arm. „Auch Satan hat nur das getan, was er tun mußte. Auch ihm mußt du vergeben!“
„Satan vergeben?“ Jesus war verdutzt, ebenso wie Mohammed und die Menge der wiederauferstandenen Seelen.
„Außerdem“, fuhr Bruder Paul fort, „habe ich meine Zählung der Seelen noch nicht beendet.“ Und er zeigte ihnen seinen Taschenrechner, der immer noch vor Zahlen aufblitzte. „Es wären die falschen Voraussetzungen, wenn ich eine Untersuchung begänne und mit einer Rebellion endete.“
Jesus blieb stumm und sah Mohammed an. Dann brachen sie wie auf ein Stichwort hin in ein Lachen aus. Plötzlich bog sich die gesamte Hölle vor Lachen, selbst die Teufel waren davon nicht ausgenommen. Es bildete sich ein verrückter Haufen von Leibern, als die Seelen lachend zusammenbrachen. Und über allem ertönte das Lachen des Satans selber: „ HO HO HO HO HO !“
Die Hölle löste sich in
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