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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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versuchte etwas zu erkennen und sah einen Augenblick lang den Mast, der von der gewaltigen Kraft der Wassermassen wie ein Streichholz abgeknickt wurde.
     
    Sara rang nach Luft. Ihre Lungen brannten. Es war keine Luft mehr da, um sie nur noch eine Welt von Wasser.
    Aber sie kämpfte, sie strampelte mit den Beinen und versuchte zu schwimmen. Sie stieß durch die wütende Meeresoberfläche und schnappte nach Luft. Eine Planke wirbelte auf sie zu. Sie klammerte sich daran fest, doch das Meer schien entschlossen, sie ihr wieder zu entreißen, aber sie ließ nicht los. Ohne eine Schwimmhilfe würde sie keine Chance haben. Verzweifelt strampelte sie mit den Beinen, wurde in tiefe Wellentäler gerissen und schon von der nächsten Welle erfasst, kaum dass sie einmal Atem holen konnte. Sie kämpfte um ihr Leben, kämpfte gegen die brodelnden, verschlingenden Wassermassen und stahl dem grollenden Himmel wieder und wieder so viel Luft, dass sie am Leben blieb. Nach Stunden fühlte sich ihr Körper wie ein zerschlagener Stein an, ein Stein, der versinken wollte. Und immer noch peitschte der Regen,  und immer noch schäumte die See, während Sara mit  tauben Händen an ihrer Planke hing. Sie konnte nicht zulassen, dass sie in einem Sturm  unterging. Sie musste Sliviia erreichen, den Traumwenstein finden und den Schattenkönig aufhalten. Sie wollte leben und eines Tages vielleicht noch einmal den Gesang des Tezzarin hören.
    Und sie musste Dorjan finden. Er durfte nicht untergegangen sein.
    „Mantedi", sagte Jasper und zeigte nach vorn. Maeve sah einen steilen Abhang hinab. Endlich, nach wochenlanger Reise, lag unter ihnen, an einer weiten Bucht, eine riesige, von einer Mauer umschlossene Stadt. Im Osten erstreckte sich das Minwendameer, das Land im Westen sah öd und trocken aus. Vom Rand des Waldes, durch den sie gekommen waren, hatten sie manchmal ein Stück Wüste sehen können. Jetzt war die Wüste ganz nah.
    Ein Netzwerk von Straßen führte zu Schlackehalden, die sich wie Hügel auftürmten, auch sie befanden sich noch innerhalb der großen Mauer. Die Mauer hatte dieselbe gelbrote Färbung wie die Wüste und war oben so breit, dass man darauf gehen konnte. Wachtürme ragten in regelmäßigen Abständen auf. Maeve wunderte sich, dass die Mauer so dick und nur von einem einzigen, breiten Tor unterbrochen war. Und warum reichte sie bis in das Meer hinein? Das breite, gelbrote Steinband zog sich ein langes Stück ins Meer hinaus. Die Hafenanlage von Mantedi, ein Gewirr von Landungsbrücken, wo hunderte von Schiffen und Booten vor Anker lagen, stülpte sich in die Bucht hinaus. Devin sah mit großen Augen auf die Stadt hinunter. „So riesig", staunte er.
    Mantedi sah aus wie ein schmutziger, schäumender Fluss, dessen Arme sich träge von den Piers im Osten bis zu den hässlichen Schlackehügeln im Westen zog. Auf der Straße zum Stadttor drängten sich Menschen und Tiere, die darauf warteten, eingelassen zu werden. Maeve sah Gruppen von Zinds, die jeden Ankömmling kontrollierten. Ihre schwarzgrauen Streifen waren aus der Feme kaum zu erkennen.
    „Durch das Tor ist es für dich zu gefährlich", sagte Jasper.
    Sie sah zur Stadtmauer hinüber. „Wie sollen wir da hineinkommen?"
    „Devin und ich gehen voraus. Da er nicht gezeichnet ist, kann ich ihn als meinen Bruder ausgeben. Wenn es dunkel wird, treffen wir uns an der Mauer. Ich werde Zaumzeug und Zügel von Fortuna zu einem Seil zusammenbinden und über die Mauer werfen." Mit zusammengekniffenen Augen musterte er die Mauer. „Vielleicht muss ich bei der Höhe auch die Decken zusammenbinden. Dann kannst du daran hinüberklettern."
    „Ich kann nicht klettern, Jasper." „Du musst nur die Füße gegen die Mauer stemmen und dich am Seil hochziehen. Das schaffst du schon." Maeve sah ihn liebevoll an. Aus seinem Mund klang es so einfach. „Sieh nur, wie die Sonne sich oben auf der Mauer spiegelt", sagte sie.
    „Wahrscheinlich haben sie sie mit Glassplittern gespickt." Er streckte die Hand aus. „Siehst du dort das Mauerstück zwischen diesen zwei Wachtürmen? Dort werde ich das Seil hinüberwerfen. Eine Stunde nach Sonnenuntergang."
    Maeve sah sich die Stelle genau an. Ihr Herz klopfte genauso wie damals, als sie in Lord Indols Arbeitszimmer das Gold gestohlen hatte. „In Ordnung", sagte sie leise.
    „Also gut", sagte Jasper.
    „Ich nehme das Gold. Vielleicht durchsuchen sie dich am Stadttor." Sie hatte Angst um Jaspers Leben. „Vergiss das Gold. Meinst du, ein

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