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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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das Gedränge beim Schichtwechsel zu geraten. Er durfte nicht zu weit landeinwärts reiten, höchstens eine halbe Meile nach Westen, denn seine Aufgabe war, Maeve zu suchen. Warren und Lord Morlen hatten ihm gesagt, Maeve würde höchstwahrscheinlich zum Hafen kommen und versuchen, Sliviia per Schiff zu verlassen. Die Mienenarbeiter waren auf dem Weg nach Hause. Viele der Freigeborenen lebten in Lagern am Ende der Küstenstraßen, zwischen der Stadt und der großen Mauer, die sie umgab. Orlo wusste, dass jeden Tag Freie zu Tode kamen, die versuchten, die Mauer zu überwinden. Er fragte sich, ob auch Maeve sterben würde. Aber dann wäre Lord Morlen traurig. Er wollte sie lebendig abliefern.

 
Teil 4
    Der Traumwenstein
     
18
    Sara und Dorjan standen an der Reling der Lanya. Am Horizont leuchteten Blitze und ein rauer Wind peitschte ihnen ins Gesicht. „Seltsam", sagte Sara, „heute Nacht war es so klar, dass man den Mond sehen konnte." „Fast Vollmond", ergänzte Dorjan und nickte. „Dieses Schiff ist einfach zu langsam." Sara duckte sich gegen den Wind. Seit fast einem Monat waren sie nun schon auf hoher See und doch waren es nach Auskunft des Kapitäns immer noch sieben Tage bis zur sliviitischen Küste. Sara wünschte, sie besäße die Gabe ihrer Mutter und könnte in der Kristallkugel sehen, wo Dorjans Schwester zu finden war. Von ihrem Lehrer Vasex wusste sie, dass Sliviia fast ebenso groß war wie das Meer, das sie überquerten. Wie sollten sie dort ein Mädchen finden, dessen Namen sie nicht einmal kannten?
    Schwere Tropfen fielen herab und zerplatzten auf ihren Gesichtern. Ein Matrose rannte übers Deck, zeigte zum Himmel und rief ihnen zu: „Der Sturm geht gleich los!" Ein anderer Matrose lief an ihnen vorbei und schrie: „Geht lieber nach unten!"
     
    Von der plötzlichen Heftigkeit des Regens überrascht, liefen Sara und Dorjan geduckt zu ihrer Kabine, wo sie sich eilig abtrockneten und die Schuljacken überzogen - dicke, beige Strickjacken mit warmen Kapuzen und tiefen Taschen für die Hände. Der Boden der kleinen Kabine neigte sich bedenklich, als das Schiff hin und her geworfen wurde. Regen peitschte gegen das Bullauge. Der Wind heulte.
    „Das klingt, als würde der Wind das Schiff auseinander reißen", sagte Dorjan.
    Die Kabinenwände begannen zu ächzen und Sara bekam Angst „Wie kann das Wetter so schnell umschlagen?" Das Schiff schlingerte gewaltig und Sara wurde in eine Ecke geschleudert. Über den aufbäumenden Boden kroch sie zu Dorjan. Gerade als er die Hand nach ihr ausstreckte, wurde sie wieder nach hinten gegen die Wand geworfen. Dorjan kugelte mitsamt der alten Seekiste auf sie zu. Sara konnte gerade noch ausweichen, bevor die Truhe an eben der Stelle, wo sie gelegen hatte, aufprallte und mit einem lauten Krachen zersplitterte. Dorjan kroch zu ihr und sie klammerte sich an die Kante ihrer Koje und zog sich hinauf. Er setzte sich neben sie.
    „Erinnerst du dich an das kleine Boot am Heck?" Er musste beinahe brüllen, um das Kreischen der Flanken zu übertönen. „Lass uns dorthin gehen. Die Lanya wird diesen Sturm kaum überstehen." Er nahm ihre Hand. „Kannst du schwimmen?"
     
    Sara nickte. Sie schoben sich über den stampfenden Boden auf die Tür zu. Als sie auf Deck kamen, stand die Lanya fast senkrecht zum Wasser. Dann wurde das Schiff wieder zurückgeworfen und sie bekamen einen Handlauf zu fassen. Gewaltige Gischtfontänen stürzten über sie. Eben noch ragte eine Wasserwand vor Sara auf, im nächsten Augenblick fiel das Schiff mit solcher Wucht in ein Wellental, dass ihr Magen einen Satz machte. Die Lanya war nur noch eine Maus in den Klauen einer riesigen Katze. Das Meer jaulte und spie und schüttelte das Schiff unbarmherzig hin und her. „Das Boot!", schrie Dorjan dicht an Saras Ohr. Obwohl er neben ihr war, konnte sie ihn durch die salzigen Gischtschleier nicht sehen. Als sie versuchte, sich an dem schräg stehenden Deck entlangzuziehen, schlug ihr brüllend der Wind entgegen. Die nasse, schlüpfrige Reling wurde zum Wasser gedrückt. Sie ließ aber nicht los und bekam einen Schwall von Meerwasser in den Mund. Die Reling schnellte wieder nach oben. Sara kniff verzweifelt die Augen zusammen, um das Salzwasser herauszupressen. Wasser. Glasiges, graugrünes Wasser stieg wie ein Fels vor ihr auf. Die Lanya neigte sich weit zum Heck und wieder tauchte die Reling nach unten. Da verlor Sara den Halt und wurde von einer Welle erfasst. Sie hörte ein dröhnendes Krachen,

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