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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Ausreißer hätte sich schon jemals eine Schiffspassage nach Glavenrell kaufen können? Die meisten fliehen als blinde Passagiere oder als Handlanger auf einem Schiff." „Weil andere Ausreißer eben kein Gold besitzen." Sie wollte nicht mit ihm streiten, aber sie wollte das Gold auf keinen Fall aufgeben, nachdem sie es bis hierher gebracht hatten.
    Jasper schüttelte den Kopf, aber dann bückte er sich zu seinen Schuhen und gab ihr die Münzen. Sie wickelte sie in ihren zerlumpten Schal und band ihn sich um die Hüfte.
    „Devin", sagte Jasper. „Du bist jetzt mein Bruder." Devin schlang seine Arme um Maeve und sie küsste ihn auf die Wange. „Bis später, wenn es dunkel ist." Jasper gab ihr eine Decke, prüfte das Geschirr und half Devin auf den Rücken der Stute. „Also, dann", sagte er.
    „Ja", antwortete sie.
    „Wir werden eine Weile brauchen, bis wir auf der Straße sind. Wir müssen vorsichtig sein und ein Stück zurückgehen, bis wir den Abhang umrundet haben." Maeve sah zu, wie er in die Zügel griff und sich mit Fortuna ein paar Schritte entfernte. Es war seltsam, nicht mit ihm zu gehen. Sie blinzelte ihre Tränen fort. Da ließ Jasper die Zügel fallen und ging zu ihr zurück. Er schlang seine Arme um sie und sie küsste sein Gesicht. „Wir werden uns bestimmt wiedersehen, wenn es dunkel ist", sagte er in ihrem Nacken. Ja, Jasper, bestimmt."
    Er nahm Fortunas Zügel wieder auf und Devin winkte.
    Maeve starrte die ganze Zeit zur Straße, wo sich eine Menschenschlange auf das Stadttor zubewegte, bis Jasper und Devin schließlich in Sicht kamen. Als sich ihre Freunde dem Tor näherten, biss sie die Zähne zusammen. Doch der Zind beachtete sie nicht und sie gingen ungehindert hindurch.
    Maeve legte sich auf die Decke, die Jasper ihr gelassen hatte. Es war ein guter Platz inmitten von Farngestrüpp und von Bäumen geschützt. Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte sie nichts zu tun, so konnte sie ebenso gut schlafen.
    Sie hielt den Traumwenstein in der Hand und wünschte, sie könnte seine Melodie verstehen. Bald würden sie ein Schiff Finden, nach Glavenrell reisen und Cabis Denon suchen. Vielleicht würde ihr Vater ihr sagen können, wie sie den Zauberstein nutzen konnte.

 
19
    Sara hob den Kopf von der Planke. Ihr ganzer Körper schmerzte und ihre Kehle war wund vom salzigen Wasser. Die See war ruhig, die gleißende Sonne stand kurz hinter Mittag. Der Sturm hatte sich gelegt. Sie suchte den Horizont ab. Überall trieben Holzteile auf dem Wasser, die vermutlich vom Wrack der Lanya stammten, doch nirgends konnte sie ein Boot oder einen Menschen entdecken. Sie biss sich auf die aufgesprungenen Lippen. „Dorjan", sagte sie laut, „Dorjan, wo bist du?" Sie legte die Hände an den Mund und rief: „Dorjan!" Ihr Hals schmerzte. Das Meer sah schrecklich weit und tief aus, der Himmel schien unendlich. Nur das Schlagen des Wassers war die Antwort. „Dorjan!" Auf ihrer gemeinsamen Reise hatte sie sich an seine Nähe gewöhnt. Sie mochte es, wenn sein Lächeln aufblitzte. Das war, als würde die Morgensonne über dem Wasser aufblitzen. Wenn er lächelte, verschwand die Zurückhaltung, die gewöhnlich in seinen Augen lag.
    „Dorjan!" Er durfte nicht tot sein. Sie konnte nicht ohne ihn allein auf dem Meer treiben.
     
    Ein großes Holzstück trieb an ihr vorbei. Es bestand aus mehreren gekrümmten, farbigen Brettern, die an den Enden völlig zersplittert waren, aber wie eine flache Schale zusammengefügt waren. Sie stammten wahrscheinlich vom Schiffsrumpf und würden ein besseres Floß abgeben als Saras Planke.
    Umständlich paddelte sie darauf zu, und es gelang ihr, sich daran hinaufzuziehen. Die Planke, die sie gerettet hatte, zog sie nach. Sie sollte ihr als eine Art Ruder dienen. Dann lenkte sie ihr behelfsmäßiges Boot zu den herumtreibenden Schiffsteilen, in der Hoffnung, etwas zu finden, was den Geschmack des Salzwassers vertreiben könnte. Doch alles, was sie fand, waren zerborstene Bretter. Wäre sie früher aufgewacht, hätte sie vielleicht ein wenig Regenwasser auffangen können, bevor die Sonne alles wieder verdunsten ließ. „Dorjan!", schrie sie. Wieder keine Antwort. Den ganzen Nachmittag lag sie unter der unbarmherzigen Sonne und rief nach Dorjan. Als die Sonne als rotes Feuer am Horizont unterging, konnte sie vor Heiserkeit nicht länger rufen.
    Sie zitterte. Ihre Kleider waren vom Salz steif und rau geworden. Die Kapuzenjacke konnte sie vor der abendlichen Kühle kaum schützen. Bald würde

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