Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
Vom Netzwerk:
zerstören. Als das Floß von einer kleinen Welle angehoben wurde, verlosch der Perlenglanz und das Lied verstummte. Sara wünschte sich nichts sehnlicher, als dass das Lied noch einmal erklingen würde.
    Maeve war außer sich vor Glück, als sie Orlo in der fremden Menschenmenge erkannte. Orlo war immer gut zu ihr gewesen, so gut es unter den Bedingungen der Sklaverei möglich war. Ein guter Mensch, ein Mensch, den sie ihr ganzes Leben lang gekannt hatte, der fast wie ein Vater für sie gewesen war. „Maeve! Devin!" Seine dröhnende Stimme weckte in ihr die Erinnerung an das Badehaus. Aber wie dünn er geworden war. Was hatte er durchgemacht, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte? War er auch geflohen? Er lenkte sein Pferd zu ihnen. „Ein Glück, dass ich dich gefunden habe."
    Sie ging auf ihn zu. Eine Gruppe von Männern und Jungen mit rußverschmierten Augen drängte sich zwischen sie und Orlos Pferd. Sie wartete, bis sie vorbei waren. Orlo beugte sich aus dem Sattel. „Ich kenne einen Mann auf den Docks", sagte er. „Er hat mir einen Platz als Matrose auf einem Schiff nach Glavenrell verschafft." „Das ist großartig, Orlo", sagte Maeve und atmete erleichtert auf.
    „Ich kann dich dort auch unterbringen. Das Schiff soll bei Morgengrauen auslaufen."
    „Heute bei Morgengrauen?"
    Ja, heute. Wir gehen besser gleich los. Ich will nicht zu spät kommen."
    Jasper sah sie zweifelnd an. Sie nickte ihm lächelnd zu und achtete nicht auf sein leises Kopfschütteln. Er kannte Orlo nicht, konnte ihre Freude nicht verstehen. Schließlich zuckte er mit den Achseln und setzte Devin auf die Stute.
    „Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe, Maeve." Orlo wendete sein Pferd nach Osten. Wieder verschluckte sie die Straße, ein Gespräch war in dem Lärm unmöglich. Maeve ging neben Orlo her. Ab und zu sah sie nach hinten zu Jasper, der Fortuna durch die Menge führte.
    Nach einer Weile mündete die Straße in das Hafengebiet, wo ein Geflecht von Piers ins Meer hinausragte. Dort brannten viele Laternen, die alles in ein unheimliches Zwielicht tauchten. Viele Schiffe lagen vor Anker und Scharen von Männern, die meisten von ihnen mit groben Narben, beluden sie oder löschten die Ladungen. Die Kisten, die sie hochstemmten, schlugen an die Laderampen und die Vorsteher schrien ohne Unterlass.
    Jasper zerrte Fortuna zu Maeve und deutete auf einen Wassertrog auf einem der kleineren Piers. Maeve gab Orlo ein Zeichen. Dieser hielt neben dem Trog und stieg ab. Sein Pferd begann zu trinken, Fortuna drängte sich daneben. Orlo nickte einem Mann mit riesigen
     
    Pranken zu. „Guten Abend, Anson. Könntest du für mich eine Nachricht weitergeben? Sag Warren, dass ich ihm bald die Ware liefere."
    Obwohl hunderte von Männern auf dem Pier hin und her liefen, verschwand Anson so schnell, als sei er nie da gewesen. Maeve stand etwas entfernt von dem Gedränge und Getöse am Rand des Piers. Sie blickte auf die groben Pfähle, die neben ihr in der Tiefe des Hafenbeckens verschwanden. Das Licht der Laternen tanzte auf der unruhigen Wasseroberfläche. Neben ihr stand Orlo und lächelte. So hatte sie ihn noch nie lächeln sehen. „Es heißt, mit dir sei auch ein Haufen Gold verschwunden", sagte er. Maeve erinnerte sich an das Gold, das lose in ihrem um die Hüfte geschlungenen Tuch steckte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Wollte er Geld für die Überfahrt?
    Er nahm ihre Hand. „Kleine Maeve. Tochter der schönen Lila."
    Bei seiner Berührung schoss ein eiskalter Schauer durch ihren Arm. Sie versuchte, ihn zu verscheuchen. Orlo hatte ihr im Lauf der Jahre viele freundschaftliche Klapse gegeben und nie hatte sie etwas Störendes dabei empfunden. Aber das Wissen, das bei jeder Berührung zu ihr sprach, hatte sie noch nie betrogen. „Ich muss mich kurz ausruhen", murmelte sie. Sie ließ seine Hand los, setzte sich auf die vom Wasser ausgelaugten Planken und ließ ihre Beine über den Rand baumeln. Sie versuchte, Jaspers Blick aufzufangen. Dieser stand neben Fortuna und spritzte sich Wasser ins Gesicht Falsch. Das ist alles falsch. Wenn Orlo ein Ausreißer wärt, würde er dann auf einem Pferd durch Mantedi reite n? Sie nestelte an den Knoten ihres Tuches. Dann knüllte sie es in ihrer Hand zusammen, beugte sich über das Wasser und ließ es hineinfallen. Das leise Platschen ging im allgemeinen Getöse der Docks unter. Orlo ließ sich schwerfällig neben ihr nieder. „Ab morgen wird dich niemand mehr verfolgen." Wieder nahm er

Weitere Kostenlose Bücher