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Die Vogelfrau - Roman

Die Vogelfrau - Roman

Titel: Die Vogelfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Blatter
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abgedrehtes esoterisches Zeug, wenn Sie mich fragen, Chef. Jedenfalls verdient er wohl nicht schlecht, obwohl er total ärmlich daherkommt. Ich hab einen Flyer mitgenommen. Ein Wochenende mit Trommeln und Tanzen kostet mindestens 500 Euro – Schlafen auf dem kalten Fußboden inklusive. Na ja, wem es gefällt ... Da kann das Finanzamt sowieso nicht viel holen, ist ja alles an der Steuer vorbei, nehme ich an.«
    »Cenk, bleiben Sie bitte bei der Sache.«
    »Ja, Chef. Also, dieser Wau-pee kennt einen, der nennt sich Adler. Ist wohl auch nur ein Künstlername. Hat früher mit ihm zusammengearbeitet, hier am Bodensee. Dann hat der Adler aber total abgehoben und fand, er wollte jetzt die Welt retten oder so was Ähnliches. Jedenfalls haben sie sich zerstritten und seitdem geht jeder seine eigenen Wege. Der Wau-pee verdient gutes Geld mit seiner Indianermasche und der Adler versucht eben, die Welt zu retten. Interessant ist, dass der Adler die besten Kontakte zur Indianerszene am Bodensee hat. Er scheint so eine Art Guru zu sein. Wenn wir was Genaueres wissen wollen, dann sollen wir uns mit ihm in Verbindung setzen.«
    »Und wo wohnt dieser seltsame Vogel, Cenk?«
    Wahrscheinlich war das Ganze sowieso reine Zeitverschwendung. Dieser Fall wies immer noch viel zu viele unterschiedliche Ansatzpunkte auf, die sich allesamt im Nebulösen verloren. Aber solange es keine heiße Spur gab, mussten sie einfach jeden noch so vagen Hinweis ernst nehmen.
    Meist ergaben sich im engeren persönlichen Umfeld des Opfers die entscheidenden Hinweise auf den Täter. Hoffmann jedoch hatte kein nennenswertes soziales Umfeld gehabt. Und tiefer gehende Beziehungen gab es auch nicht, sah man einmal von Churchill ab, der sich als überraschend anhängliches Wesen mit einer Tendenz zu ausgeprägtem Körperkontakt entpuppte.
    »Adlers Adresse habe ich übrigens rausgefunden, Chef. Er hat aber kein Telefon. Es hilft nichts, wir müssen da hin.«
    »Wahrscheinlich wird es eh nichts bringen. Aber seis drum, wir lassen nichts unversucht.«
    Als ob er seine Worte genau verstanden hätte, sprang Churchill auf und lief zur Tür.
    Sie fuhren durch eine Siedlung, wie es viele gab. Ordentliche Reihenhäuser. Ordentliche Vorgärten. Obwohl es schon fast Mittag war, lockerte sich der zähe Nebel immer noch nicht auf. Die grauen Schwaden verschluckten alle Konturen und Farben.
    »Hier müsste es irgendwo sein.« Bloch spähte angestrengt nach den Hausnummern. »So ein blödes Wetter. Wenn es so kalt und feucht ist, spüre ich jeden Knochen im Leib. Wahrscheinlich werde ich allmählich alt.«
    »Also, ich habe so ein Wetter recht gerne, Chef.« Cenk bremste abrupt. Eine Reihe kleiner Gestalten mit zu großen Schulranzen überquerte die Straße, ohne nach rechts oder links zu schauen. Der Wagen rollte wieder an. »Dann habe ich nämlich ziemlich Ruhe vor meinem ewigen Heuschnupfen.«
    »Ja, ja, lieber Cenk, es gibt einfach keine allgemeingültige Wahrheit auf dieser Welt.«
    »Nein, Chef, wem sagen Sie das. Bestenfalls findet man einen Kompromiss. – Hier müssten wir richtig sein.«
    Das Haus stand auf einem völlig verlotterten Grundstück, halb verborgen zwischen knorrigen Obstbäumen und überwuchert von Weinranken, die die Fassade mit feuerroten Blättern überzogen. Im unbestimmten Licht der rauchenden Nebelschwaden sah es aus, als ob es brenne.
    »Na, dann wollen wir mal«, sagte Bloch. »Und du bleibst hier.«
    Churchill verzog sich beleidigt auf die Rückbank.
    Das Gartentor hing schief in den Angeln und quietschte penetrant, als Cenk dagegen drückte. Unter ihren Schritten raschelte das schwarzfleckige Laub der alten Obstbäume, die ihre kahlen Äste in den farblosen Himmel streckten.
    »Keine Spur von Indian Summer, Chef.« Cenk versuchte einen Witz. Bloch schwieg.
    Es roch nach Katzenpisse.
    Es war feucht. Es war kalt. Bloch spürte seine Knochen.
    Unter zwei Apfelbäumen, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr zurückgeschnitten worden waren, stand eine ausrangierte Waschmaschine.
    Die Haustür öffnete sich, ohne dass sie geklingelt hatten. Im Eingang stand ein mittelgroßer Mann. Er hielt sich sehr gerade. Seine auffällig blauen Augen schauten aufmerksam. Misstrauisch, dachte der Kommissar. Der Mann hat schon mal schlechte Erfahrungen gemacht, so wie der schaut.
    »Herr Adler?«
    »Was wollen Sie?«
    »Bloch, mein Name.« Der Kommissar hielt ihm den Dienstausweis entgegen. Adler beachtete das Dokument nicht. Er schien schon Bescheid zu

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