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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Blumenstrauß mit den letzten gelben Chrysanthemen des Jahres.
    Nachdem er bezahlt hatte, sah er sich irritiert um. Die steife Brise trieb ihm Tränen in die Augen und verwuschelte seine Frisur.
    Sein Bewacher war verschwunden.
    *
    Das ungute Gefühl stellte sich bei Nora Winter im selben Augenblick ein, als sie Cornelius’ Namen auf dem Display ihres Mobiltelefons las. Der Leiter des Mobilen Einsatzkommandos, verantwortlich für die Bewachung der drei Männer in Scheelbach, war mit seiner Telefonnummer in Noras Kontaktliste gespeichert. Er würde sie ganz sicher nur dann anrufen, wenn etwas Außergewöhnliches vorgefallen war. Etwas außergewöhnlich Schlimmes.
    Ohne weitere Begrüßung fiel er mit der Tür ins Haus. »Erstens: Lefeber hat sich im Frankfurter Nordend abgesetzt.«
    »Wie kann er sich absetzen, wo er sich doch über das Tracking-System jederzeit orten lässt?«
    »Innerhalb der Stadt ist die Positionsbestimmung nur auf etwa fünfzig bis hundert Meter genau. In Frankfurt mit seinen Hochhäusern und den vielen Signalreflexionen teilweise noch schlechter. Ohne Sichtkontakt hilft uns das kaum weiter. Er muss irgendwo auf der Friedberger Landstraße unterwegs sein. Wir haben Verstärkung angefordert, um ihn einzufangen.«
    »Was hatte er im Nordend zu suchen?«, sagte Nora.
    »Der zuständige Beamte sagt, er war auf dem Wochenmarkt einkaufen.«
    Nora fiel das für den Freitagabend geplante Essen ein.
    »Und zweitens?«
    »Frau Frankes Alarm ist losgegangen. Sie hat, wie vereinbart, den Polizeinotruf kontaktiert. Das bedeutet, Lefeber hat die Bannzone von fünfhundert Metern unterschritten. Wir haben dort ebenfalls eine Streife hingeschickt. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Frau Franke zurückrufen, um sie zu beruhigen, bis wir Lefeber wieder unter Kontrolle haben. Ich erinnere mich, dass Sie für das Gutachten mit ihr in Kontakt standen.«
    Nora schrieb Frankes Handynummer auf den Block, der auf ihrem Schreibtisch lag.
    »Und es kann sich nicht um ein Missverständnis handeln?«
    »Schön, wenn es so wäre, aber bei jemandem wie Adam Lefeber ist alles möglich«, sagte Cornelius.
    Nora bedankte sich und legte auf. Dann wählte Sie Frankes Nummer. Sie nahm gleich nach dem ersten Läuten ab.
    »Frau Franke? Nora Winter von der Polizei.«
    »Ich habe Sie gewarnt. Aber Sie mussten ihn ja unbedingt freilassen!« Franke spie die Worte geradezu aus, sie stand unter erheblichem Stress, was Nora nur allzu gut verstehen konnte.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Franke. Der Alarm an Ihrer Uhr ist losgegangen, weil Lefeber im Nordend, ganz in Ihrer Nähe, einkaufen gegangen ist. Er wird von einem Beamten überwacht.«
    »Was soll ich jetzt tun? Besteht Gefahr für meine Familie oder mich?«
    »Es gibt keinen Anlass zur Sorge. Auch wenn ich nicht denke, dass es nötig ist, wird eine Streife vor ihrem Haus Posten beziehen.«
    »Warum schicken Sie einen Streifenwagen, wenn alles in Ordnung ist?«, herrschte Franke sie an. »Warum geht dieser verdammte Alarm überhaupt los, wenn alles in Ordnung ist?«
    »Hören Sie …
    »Nein, Sie hören jetzt zu: Erinnern Sie sich, was ich Ihnen damals gesagt habe? Sollte Lefeber mir oder meiner Familie zu nahe kommen, werde ich mich zu wehren wissen. An meiner Einstellung hat sich nichts geändert.«
    Sie hatte aufgelegt.
    Nora schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Hoffentlich beging Franke keine Dummheit. Und hoffentlich hatte der Beamte Lefeber einfach nur kurz aus den Augen verloren. Vorübergehend zog Nora in Betracht, sich der Suche nach Lefeber anzuschließen. Ein Augenpaar mehr war sicher hilfreich. Und jemand, der in der Lage war, zu vermitteln, falls es zu ernsthaften Problemen käme.
    Doch noch bevor sie im Auto saß, klingelte ihr Handy.
    *
    Der Betreiber des kleinen Weinladens in der Egenolffstraße sah über Lefebers Schulter hinweg durch das Schaufenster nach draußen. Lefeber studierte die Flasche in seiner Hand und las laut den Aufdruck auf dem Etikett: »Ein 1983er Château Tour du Pin Figeac Grand Cru Classé St. Émilion. Achtundneunzig Euro für den Bordeaux, sagten Sie?«
    Weil der Weinhändler nicht antwortete, drehte Lefeber sich um. Drei Streifenwagen mit Blaulicht auf dem Gehsteig. Sechs Beamte, die einen Halbkreis um den Laden gebildet hatten. Die Tür ging auf, eine Glocke bimmelte, zwei Polizisten betraten das Geschäft, gefolgt von Martinez, dem Zivilpolizisten vom MEK, der ihn auf dem Markt verloren hatte.
    »Sie haben uns ja einen ganz

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