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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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berührungsempfindliche Bildschirm reagierte umgehend und zeigte die Statusmeldungen für diese Nummern an: OL , was so viel bedeutete wie ›off limit‹. Einer der drei Männer hielt sich folglich außerhalb der Dreihundertmeterzone auf.
    Sobald er erneut das Display berührte, verschwand die Statusmeldung. Eines der Vierecke hörte kurzzeitig auf zu blinken und fing weitere Sekunden später wieder an. Der Polizist schüttelte den Kopf. Da in der Darstellung des Überwachungssystems die Männer nicht mit ihren Namen oder Abkürzungen repräsentiert waren, sondern nur über die Seriennummern der Tracker, klebte üblicherweise an dem Tablet-PC ein Post-it, auf dem die fünfzehnstelligen Nummern den Namen zugeordnet waren.
    Doch das Post-it war verschwunden.
    Der Polizist suchte im Fußraum, öffnete die Tür und sah unter dem Sitz nach, aber der gelbe Klebezettel blieb unauffindbar. Er setzte sich wieder auf seinen Sitz und verzog das Gesicht.
    »Jetzt darf ich zum zweiten Mal in zwei Wochen anrufen und mich zum Deppen machen, weil wir zu blöd sind, den Aufschrieb mit den Nummern ordentlich aufzubewahren.«
    »Die könnten das ja auch ein wenig benutzerfreundlicher machen und die Namen anzeigen.«
    »Ist dem Support schon gemeldet.«
    »Und?«
    »Sie arbeiten dran. Kommt mit einem der nächsten Updates.«
    »Softwarefirmen …« Der andere verdrehte die Augen.
    »Dass das GPS hier im Wald nicht funktioniert, ist auch ein Witz.«
    »Und die Sicherheitszone kann angezeigt werden, weil das über Funkwellen geht?«
    »Wenn das mal klappt«, sagte der Kollege und deutete auf die Nummer am Bildschirm, die abwechselnd rot und grün blinkte, ohne dass ein Muster auszumachen war. Zwei waren im Haus. Aber wer war der dritte und wo hielt er sich auf?
    »Dieser Rosen verlässt das Haus doch kaum. Und Lefeber hat gerade erst eins vor den Latz bekommen. Entweder ist es Tibursky, der irgendwo im Wald herumläuft, an der Grenze zur Dreihundertmeterzone, oder das Ding hat einen Aussetzer.«
    Der Polizist klopfte auf die Glasoberfläche, wie man es früher manchmal bei primitiven elektrischen Geräten getan hatte, um einen Wackelkontakt zu beseitigen. Das Fenster der Anwendung verschwand und eine Eingabemaske erschien.
    Enter Security Code .
    »Du bist dran.«
    Der Kollege stieß die Tür auf und setzte seufzend einen Stiefel nach draußen. Wo steckte dieser Tibursky wieder?
    Er stapfte auf der Erhöhung zwischen den tief in den Boden eingekerbten Reifenspuren den Weg ins Dorf entlang. Er schrie Tiburskys Namen, doch sein Ruf verhallte ungehört. Am Rande des Waldes kehrte er um. Er konnte schon die beiden Einsatzwagen hundert Meter vor sich am Wegrand ausmachen, als eine Bewegung im Augenwinkel seine Aufmerksamkeit erregte. Ein Findling ragte aus dem Waldboden empor, ein mannshoher eiförmiger Felsbrocken, mit Moos bewachsen und von Flechten überzogen. Irgendetwas war hinter dem Stein verschwunden, ein Tier vielleicht. Oder Tibursky. Wieder rief er dessen Namen, auch diesmal ohne Reaktion.
    Der Polizist hielt auf den Findling zu. Kurz bevor er seine Hand auf den Granitbrocken legte, der vor Millionen von Jahren von einem Gletscher an diesen Ort verbracht worden war, hörte er seinen Kollegen hinter sich rufen.
    »Roland! Sie sind alle hier, du kannst zurückkommen.«
    Er drehte sich um und sah den Kollegen winken. Erleichtert wanderte er zum Auto zurück, von wo er beobachtete, wie Rosen gerade über den Hof auf die Haustür zulief, an Lefeber vorbei, der sich an der Voliere zu schaffen machte, während Tibursky aus dem offenen Küchenfenster sah und an seiner Kaffeetasse nippte.
    *
    Adam Lefeber war dabei, die Futter- und Wassernäpfe frisch aufzufüllen, als Rosen aus dem Mühleneingang trat und in die Helligkeit blinzelte. Er klopfte Laub und Erde von seiner blauen Arbeitshose und trat den Weg zum Haus an. Ein vertrauter Geruch stieg in seine Nase, als Rosen an der Voliere vorüberging. Auch wenn er diesen Geruch über zwanzig Jahre lang nicht mehr wahrgenommen hatte, konnte er ihn im Bruchteil von Sekunden zuordnen. Nichts anderes auf der Welt roch vergleichbar zu Fäulnis, Zerfall, Tod.
    Sein Magen fühlte sich an wie ein Eisklumpen.
    Rosen verschwand in der Eingangstür. Mit aller ihm zu Gebote stehenden Beherrschung beendete Lefeber die Fütterung, dann schloss er die Volierentür und folgte Rosen. Im Flur war es totenstill, wenn man vom Rauschen der Dusche absah, das von oben an sein Ohr drang. Lefeber erklomm die Treppe

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