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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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und hielt vor der Badezimmertür inne, deren Schloss defekt war; ein Pappschild hing an der Klinke. Besetzt . Ohne anzuklopfen, betrat er das Bad.
    Rosen lugte erschrocken hinter dem Plastikvorhang hervor. »Ich dusche!«
    »Du duschst Leichengestank weg. Versuch gar nicht erst, es zu leugnen.«
    Einen Moment stand Rosen sprach- und bewegungslos da. Das Prasseln des Wassers erfüllte den Raum, Dampfschwaden waberten an der Decke. Eilig drehte Rosen die Dusche ab und stieg aus der Wanne. Lefeber warf ihm ein Handtuch zu.
    »Du hast selbst gesagt, es ist am besten, wenn niemand davon weiß.«
    »Und?«
    »Im Wald stößt früher oder später jemand darauf.«
    Lefeber konnte nicht glauben, was er da hörte. »Sag jetzt nicht, du hast … diese Sauerei … hierher gebracht.«
    »Niemand außer uns kennt den Tunnel.«
    »Hast du den Verstand verloren, Heinz?« Ohne dass er es beabsichtigt hatte, schrie Lefeber. »Kurz vor dem Essen mit der Polizistin! Was glaubst du passiert, wenn jemand die … Leiche bei uns findet?«
    Rosen trocknete sich ab, ohne Lefeber eines Blickes zu würdigen. Dann ging er in sein Zimmer, wo ein Stapel frischer Kleidung auf dem Bett lag. In aller Seelenruhe zog er sich an.
    »Na gut. Zeig sie mir«, presste Lefeber hervor, nachdem Rosen fertig war.
    Sie gingen zur Mühle hinüber, stiegen die Stufen hinab in den Kühlraum, wo bereits Verwesungsgeruch in der Luft lag. Während Rosen die Holztür öffnete, hielt Lefeber den Handrücken unter die Nase. Die Leiche lag mit dem Gesicht nach unten auf der Erde. Nackt, so wie Rosen sie im Wald gefunden hatte.
    »Die Augen waren nicht mehr drin, das hat mir Angst gemacht, darum hab ich …«, seine Stimme brach.
    Lefeber rollte den Körper mit der Fußspitze auf den Rücken. Er war steif, wie gefroren. Im Gegensatz zum bleichen Rücken war die Vorderseite des Torsos eine beinahe durchgehend dunkelviolett verfärbte Fläche.
    »Wer ist das?«, fragte Rosen.
    »Jemand, der uns einen Haufen Ärger einbringen wird. Wir brauchen einen großen Plastiksack, sonst verbreitet sich der Gestank bald bis ins Haus.«
    Rosen verschwand und tauchte mit zwei blauen Müllsäcken wieder auf. Lefeber faltete die Säcke auf. Sie waren viel zu klein für einen menschlichen Körper. Nachdenklich rieb sich Lefeber das Kinn.
    »Was machen wir jetzt nur?«, jammerte Rosen.
    »Geh ins Haus. Zieh deine alten Sachen wieder an. Und dann hol die Axt aus der Scheune.«
    Quälend lange sah Rosen ihn an. Dann schluchzte er auf und rannte hinaus.
    Zehn Minuten später tauchte er wieder auf. Er hielt die Säge in der Hand, das Werkzeug, das normalerweise an der Schuppenwand lehnte.
    »Ich glaube, damit geht es leichter«, schniefte er.
    Lefebers Blick war kalt und abweisend. »Du hast die Leiche hergebracht, du kümmerst dich darum.« Er wandte sich ab und verschwand im Treppenaufgang.
    Rosen wischte sich die Hände an der Hose ab. Unsicher wanderte sein Blick zwischen der Leiche und dem Treppenaufgang hin und her. Schließlich kniete er sich neben sie und setzte die Säge oberhalb der Hüfte an.
    *
    Heftige Windböen fegten Noras dunkelgrünen Mini ein paar Mal beinahe von der Bundesstraße. Im letzten Moment konnte sie gegensteuern und verhindern, dass sie im Straßengraben landete.
    Nun ließ sie das letzte Haus hinter sich, bevor der Scheelbacher Forst begann – Kiefers protzige Villa mit dem kunstvollen schmiedeeisernen Tor. Nach einem Viertel der Strecke durch den Wald ertönte ein hässliches Knirschen unter dem Fußraum, sie hoffte, das war nicht der Auspuff, der aufgesetzt hatte.
    Der dunkle Turm tauchte wie aus dem Nichts zu ihrer Rechten auf und verschmolz ebenso schnell wieder mit der Dämmerung. Ein opalfarbenes Augenpaar abseits der Straße reflektierte das Licht ihrer Scheinwerfer und verharrte gebannt an Ort und Stelle. Plötzlich krachte es. Irgendetwas prallte von der Motorhaube ab und landete auf dem Boden; Nora war gezwungen, eine Vollbremsung hinzulegen. Das Augenpaar huschte davon.
    Entgegen jeder Vorsicht riss sie die Tür auf und stieg aus, um den Schaden zu begutachten. In der Motorhaube war eine hässliche Delle. Der Verursacher des Schadens, ein armdicker Ast, lag neben dem Vorderreifen, als könnte er kein Wässerchen trüben. Sie unterdrückte den Fluch, der bereits auf ihren Lippen lag, als ein hässliches Knacken zu vernehmen war. Ein weiterer Ast krachte zu Boden, keine Handbreit hinter ihrem Rücken. Nora beeilte sich, wieder ins Innere des Autos zu

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