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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Wir könnten sogar zu etwas werden, das ihr nicht wollt. Wir können jedes Wort bilden, auch das Wort »Ärger«.
    Die Ächtung von Drucktypen war nicht unbedingt ein Gesetz. Aber William wusste, dass die Graveure nichts davon hielten, weil ihre Welt wunschgemäß funktionierte. Es hieß, Lord Vetinari sei dagegen, weil zu viele Worte die Leute unruhig machten. Und die Zauberer und Priester sprachen sich dagegen aus, weil Worte wichtig waren.
    Eine gravierte Seite war eine gravierte Seite, komplett und einzigartig. Aber wenn man die bleiernen Drucktypen nahm, die vorher dazu gedient hatten, die Worte eines Gottes zu Papier zu bringen, wenn man sie nahm, um ein Kochbuch zu setzen… Was wurde dann aus der heiligen Weisheit? Und welche Konsequenzen ergaben sich für die Pastete? Wenn man ein Buch mit Zauberformeln druckte und dann die gleichen Typen für ein Buch über Navigation verwendete… Es ließ sich nicht vorhersehen, wo die Reise enden würde.
    Als hätte jemand das Stichwort gegeben – die Geschichte mag eine gewisse Eleganz –, hörte William, wie eine Kutsche vor dem Schuppen hielt. Wenige Sekunden später kam Lord Vetinari herein, blieb stehen, stützte sich auf seinen Spazierstock und ließ einen Blick umherwandern, der mildes Interesse zum Ausdruck brachte.
    »Oh, Lord de Worde«, sagte er überrascht. »Ich wusste nicht, dass du an diesem Unternehmen beteiligt bist…«
    William errötete, als er zum Herrscher von Ankh-Morpork eilte. »Es heißt Herr de Worde, Euer Exzellenz.«
    »Ah, ja. Natürlich. In der Tat.« Lord Vetinaris Blick glitt erneut durch den düsteren Raum, verharrte kurz bei einem Stapel wie irre grinsender Schaukelpferde und kehrte dann zu den arbeitenden Zwergen zurück. »Ja. Natürlich. Bist du für all das hier verantwortlich?«
    »Es gibt keinen Chef, Euer Exzellenz«, sagte William. »Aber Herr Gutenhügel dort drüben besorgt das meiste Reden.«
    »Und was machst du hier?«
    »Äh…« William zögerte, was beim Patrizier sicher keine gute Taktik war. »Um ganz ehrlich zu sein, Herr… Hier ist es warm, bei mir zu Hause ist es kalt und… Nun, ich finde es faszinierend. Ich weiß natürlich, dass es nicht…«
    Lord Vetinari nickte und hob die Hand. »Sei so gut und bitte Herrn Gutenhügel, zu mir zu kommen.«
    William versuchte, dem Zwerg einige Ratschläge ins Ohr zu flüstern, als er ihn zur hoch gewachsenen Gestalt des Patriziers führte.
    »Ah, gut«, sagte Lord Vetinari. »Ich möchte dir die eine oder andere Frage stellen, wenn du gestattest.«
Gutenhügel nickte.
    »Zuerst einmal: Hat Herr Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnapper irgendeinen geschäftlichen oder verwaltungstechnischen Einfluss auf dieses Unternehmen?«
    »Was?«, fragte William. Das hatte er nicht erwartet.
»Zwielichtiger Bursche, verkauft heiße Würstchen…«
»Oh, den meinst du. Nein. Diese Sache betrifft nur Zwerge.« »Ich verstehe. Steht dieses Gebäude auf einem Riss in der Raum-Zeit?« »Was?«, fragte Gunilla.
Der Patrizier seufzte. »Wenn man diese Stadt so lange regiert hat wie
    ich«, sagte er, »weiß man mit trauriger Gewissheit: Wann immer eine wohlmeinende Seele ein neues Unternehmen gründet, wählt sie dafür unweigerlich einen Ort, wo es im Gefüge der Realität maximalen Schaden anrichtet. Erinnerst du dich an das Fiasko mit den Beweglichen Bildern vor einigen Jahren? Kurze Zeit später kam die Musik mit Steinen drin auf, eine Sache, der wir noch immer nicht ganz auf den Grund gegangen sind. Und die Zauberer durchbrechen die Wand zu den Kerkerdimensionen so oft, dass sie genauso gut eine Drehtür einbauen könnten. Und ich brauche euch sicher nicht daran zu erinnern, was mit Herrn Hong passierte, als er beschloss, seinen Dreimal Glücklichen Fischimbiss während einer Mondfinsternis in der Drachenstraße zu eröffnen. Also, meine Herren, es wäre schön zu wissen, dass irgendwo in dieser Stadt jemand mit einer einfachen Angelegenheit beschäftigt ist, die nicht dazu führen wird, dass mit Tentakeln ausgestattete Ungeheuer und andere grässliche Erscheinungen in den Straßen auftauchen, um Leute zu fressen. Nun…?«
    »Was?«, fragte Gutenhügel.
»Uns sind keine Risse aufgefallen«, sagte William.
»Ah, aber vielleicht hat genau an diesem Ort ein seltsamer Kult einst unheimliche Rituale durchgeführt, deren verhängnisvolle Essenz die Nachbarschaft durchdrungen hat und nur auf eine Gelegenheit wartet, sich erneut zu erheben und Leute zu verschlingen?«
    »Was?«, fragte Gunilla.

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