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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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stand… da schien alles realer zu sein.
    Boddony – in der Druckerhierarchie schien er an zweiter Stelle zu kommen – blickte über Gutenhügels Schulter hinweg auf die Textspalten.
    »Hmm«, sagte er.
»Was hältst du davon?«, fragte William.
»Sieht ein bisschen… langweilig aus«, meinte der Zwerg. »All die
    Buchstaben auf einem Haufen. Wie in einem Buch.«
    »Nun, das ist doch richtig, oder?«, fragte William. Es schien alles in Ordnung zu sein, wenn etwas wie ein Buch aussah.
    »Vielleicht wäre es besser, die Worte mehr zu spationieren?«, fragte Gunilla.
    William sah auf die gedruckte Seite. Eine Idee wuchs in ihm, schien direkt von der Seite zu kommen.
    »Wie wär’s, wenn wir jedem Abschnitt eine kleine Überschrift geben?« Er griff nach einem Zettel und kritzelte: 5/6 bei Krawall in Taverne verletzt.
    Boddony las die Worte. »Ja«, sagte er schließlich. »Das klingt… ganz gut.« Er reichte das Blatt über den Tisch.
»Wie nennst du deinen Nachrichtenbrief?«, fragte er.
    »Oh, er hat keinen Namen«, erwiderte William.
    »Du solltest ihn irgendwie benennen«, sagte Boddony. »Was schreibst du ganz oben hin?«
    »Meistens etwas in der Art von ›An meine ehrenwerten Kunden…‹«, begann William. Boddony schüttelte den Kopf.
    »Das taugt nichts«, sagte er. »Ich rate dir zu einem allgemeinen Titel, der sich dem Leser sofort einprägt.«
    »Wie wäre es mit ›Ankh-Morpork Neuigkeiten und Item‹?«, meinte William. »Tut mir Leid, aber mit Namen bin ich nicht besonders gut.«
    Gunilla zog seine kleine Tragmulde aus der Schürze und wählte einige Typen aus den Kästen auf dem Tisch. Er schraubte sie zusammen, befeuchtete sie mit Tinte und rollte ein Blatt Papier über sie hinweg.
    William las: Ankh-Morpork tImes und Neuigkeiten.
    »Oh, das ist durcheinander geraten«, brummte Gunilla. »Hab nicht richtig aufgepasst.« Er griff nach den Drucktypen, um den Fehler zu korrigieren. William zog die Hand des Zwergs zurück.
    »Ich weiß nicht«, sagte er und fühlte eine neuerliche Inspiration. »Äh. Lass ›und Neuigkeiten‹ weg und mach aus dem großen I ein kleines und aus dem kleinen t ein großes.«
    »Das wär’s«, sagte Gunilla. »Alles fertig. Wie viele Kopien möchtest du?«
»Äh… zwanzig? Dreißig?«
    »Was hältst du von zweihundert?« Gunilla nickte den Zwergen zu, die sich sofort an die Arbeit machten. »Es lohnt sich kaum, die Presse für weniger Exemplare zu benutzen.«
    »Meine Güte! Bestimmt gibt es in der Stadt nicht so viele Leute, die fünf Dollar dafür bezahlen würden!«
    »Na schön, dann verlang einen halben Dollar. Das wären fünfzig Dollar für uns und fünfzig für dich.«
    »Lieber Himmel! Im Ernst?« William starrte den strahlenden Zwerg an. »Aber ich muss die einzelnen Exemplare verkaufen. Sie sind keine Plätzchen in einer Konditorei. Ich meine, es ist bestimmt nicht einfach…«
    Er schnupperte. Seine Augen begannen zu tränen.
    »Auch das noch«, ächzte er. »Wir bekommen erneut Besuch. Ich kenne diesen Geruch.«
»Welchen Geruch?«, fragte der Zwerg.
    Die Tür öffnete sich knarrend.
    Über den Geruch des Stinkenden Alten Ron lässt sich Folgendes sagen: Er war so intensiv, dass er eine eigene Persönlichkeit gewonnen hatte. Nach dem ersten Schock gaben die Geruchsorgane einfach auf und stellten den Dienst ein, weil sie den Geruch ebenso wenig verstehen konnten wie eine Auster den Ozean. Nach einigen Minuten in seiner Gegenwart lief den Leuten das Schmalz aus den Ohren, und Haare begannen zu bleichen.
    Der Geruch hatte sich so weit entwickelt, dass er inzwischen ein fast unabhängiges Leben führte, gelegentlich das Theater besuchte und kleine Gedichtbände las. Ron wurde von seinem eigenen Geruch in den Schatten gestellt.
    Der Stinkende Alte Ron hatte die Hände tief in die Taschen geschoben, und aus einer dieser Taschen ragte eine Leine hervor, besser gesagt: eine Schnur, die aus mehreren ungeschickt miteinander verknoteten Schnüren bestand. Das andere Ende war am Hals eines kleinen, gräulichen Hunds befestigt. Vermutlich handelte es sich um einen Terrier. Er hinkte, bewegte sich gleichzeitig auf eine indirekte Art und Weise, als wollte er möglichst unbemerkt durch die Welt wandeln. Er ging wie ein Hund, der vor langer Zeit gelernt hat, dass die Welt mehr geworfene Stiefel als leckere Knochen bereithält. Er ging wie ein Hund, der jederzeit zum Spurt bereit war.
Aus verkrusteten Augen sah er zu William auf und sagte: »Wuff.« William fühlte sich

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