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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Sessel. »Aber wir achten darauf, in welche Richtung sie sich entwickelt«, meinte ein anderer.
    »Ah«, sagte Herr Nadel. »Ja. Ich erinnere mich. Ihr seid besorgte Bürger.« Über besorgte Bürger wusste er Bescheid. Wo auch immer sie sich aufhielten: Sie sprachen immer die gleiche private Sprache, in der »traditionelle Werte« und ähnliche Ausdrücke auf »jemanden lynchen« hinausliefen. Dagegen hatte er nichts einzuwenden, aber es schadete nie, die Motive des Auftraggebers zu verstehen.
    »Ihr könntet auf die Hilfe von jemand anderem zurückgreifen«, sagte Herr Nadel. »Immerhin gibt es hier eine Assassinengilde.«
    Ein Sessel zischte leise.
    Ein anderer räusperte sich. »Derzeit haben wir das Problem, dass einige ansonsten intelligente Leute den gegenwärtigen Status quo der Stadt günstig finden, obgleich er zweifellos zum Ruin von AnkhMorpork führen wird.«
    »Ah«, sagte Herr Nadel. »Es gibt also auch unbesorgte Bürger.« »So ist es.«
»Und das sind ziemlich viele?«
Die Sessel verzichteten auf eine Antwort.
    »Wir freuen uns darauf, euch wiederzusehen«, tönte es aus der Dunkelheit. »Morgen Abend. Und bestimmt könnt ihr dann Bereitschaft melden. Auf Wiedersehen.«
    Der Sesselkreis schwieg, als die Neue Firma den Raum verließ. Nach einer Weile kam eine in Schwarz gekleidete Gestalt durch die große Tür herein, näherte sich dem Kerzenlicht, nickte und eilte wieder fort.
    »Sie sind bereits ein ganzes Stück vom Gebäude entfernt«, sagte ein
    Sessel.
»Was für grässliche Leute.«
»Wir hätten uns an die Assassinengilde wenden sollen.«
»Ha! Die kann sich wohl kaum über Vetinari beklagen. Außerdem wollen wir ihn nicht tot. Wie dem auch sei… Vielleicht haben wir nachher einen Auftrag für die Gilde.«
    »In der Tat. Wenn unsere Freunde die Stadt verlassen haben… Um diese Jahreszeit können die Straßen sehr gefährlich sein.«
    »Nein, meine Herren. Wir ändern unseren Plan nicht. Der Mann namens Charlie bleibt einsatzbereit, bis alles erledigt ist. Und wenn wir ganz sicher sind, dass wir ihn nicht mehr brauchen… dann bringen ihn die beiden Herren weit fort, damit er sein, haha, Honorar empfangen kann. Vielleicht wenden wir uns später an die Assassinen, falls Herr Nadel auf dumme Gedanken kommt.«
    »Guter Hinweis. Allerdings scheint es eine Verschwendung zu sein. Wenn ich daran denke, was wir mit Charlie anstellen könnten…« »Wie ich schon sagte: Es würde nicht klappen. Der Mann ist ein Narr.«
    »Vermutlich hast du Recht. Eine einmalige Lösung dürfte besser sein.«
    »Dann verstehen wir uns also. Und nun… Hiermit ist diese Sitzung des Komitees für die Abwahl des Patriziers geschlossen. Sie hat überhaupt nicht stattgefunden.«
    Lord Vetinari hatte die Angewohnheit, so früh aufzustehen, dass er eigentlich nur zu Bett ging, um die Kleidung zu wechseln.
    Er mochte die Zeit vor dem Sonnenaufgang im Winter. Meistens war es neblig, wodurch man die Stadt kaum sehen konnte, und einige Stunden lang blieb alles still, abgesehen von einem gelegentlichen kurzen Schrei.
    Doch an diesem Morgen ertönte eine laute Stimme vor dem Palasttor. »Heuermeuer!«
Der Patrizier trat zum Fenster.
» Und Affenschreck!«
Lord Vetinari kehrte zum Schreibtisch zurück, läutete mit der Glocke
    und beauftragte Drumknott, vor dem Palast zu ermitteln.
»Es ist der Bettler namens Stinkender Alter Ron«, berichtete
    Drumknott fünf Minuten später. »Er verkauft dies hier… eine Art Broschüre.« Er hielt sie zwischen zwei Fingern, als könnte sie explodieren. Lord Vetinari nahm sie entgegen und las. Dann las er noch einmal.
    »Na so was«, sagte er. »Die Ankh-Morpork-Times. Hat sonst noch jemand die… Broschüren gekauft?«
    »Ziemlich viele Personen, Herr. Arbeiter der Nachtschicht. Marktleute und so weiter.«
    »Hier wird nirgends Heuermeuer oder Und Affenschreck erwähnt.« »In der Tat, Herr.«
»Wie seltsam.« Lord Vetinari las erneut. »Hm -hm. Sag für heute Morgen alle Termine ab. Ich empfange die Gilde der Ausrufer um neun Uhr und die Graveursgilde um zehn.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie Termine haben.«
»Bestimmt bitten sie darum«, sagte Lord Vetinari. »Wenn sie das hier
    sehen, möchten sie zweifellos mit mir reden. Nun… hier steht, dass sechsundfünfzig Personen bei einem Krawall in einer Taverne verletzt wurden.«
    »Scheint ein ziemlich großer Krawall gewesen zu sein, Herr.«
    »Aber es muss wahr sein, Drumknott«, sagte der Patrizier. »Immerhin steht es hier geschrieben.

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