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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sind.
    Sacharissa widmete ihre Aufmerksamkeit einem Bericht über die Jah-
    resversammlung der Fröhlichen Kumpel vom Schlummerhügel, als es
    im Keller plötzlich laut krachte. Sie eilte zur Falltür, während unten
    Flüche auf Überwaldisch erklangen – Überwaldisch war eine gute Spra-
    che zum Fluchen.
    »Bodrozwachski zahltziet! Oh, entschuldige bitte, Frräulein Sacharrissa!
    Es gibt da ein kleines Schlagloch in derr Strraße des Forrtschrritts.«
    Sacharissa kletterte die Leiter hinab.
    Otto hantierte an seiner improvisierten Werkbank. Kästen mit Dä-
    monen hingen an der Wand. Mehrere Salamander dösten in ihren Käfi-
    gen. Landaale glitten in einem großen dunklen Glas umher. Das Glas
    daneben war zerbrochen…
    »Ich bin ungeschickt gewesen und habe es umgestoßen«, sagte Otto
    und wirkte verlegen. »Und jetzt steckt derr dumme Aal hinterr derr
    Werrkbank.«
    »Beißt er?«
    »Oh, nein, es sind ganz zahme Schlingel…«
    »Woran hast du hier gearbeitet, Otto?«, fragte Sacharissa und beugte
    sich vor, um etwas auf der Werkbank aus der Nähe zu betrachten.
    Der Vampir versuchte, ihr den Blick zu versperren. »Oh, es ist alles
    sehrr experrimentel …«
    »Meinst du die Herstellung farbiger Platten?«
    »Ja, aberr bisherr ist es noch eine rrecht prrimitive Vorrrichtung…«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Sacharissa eine Bewegung. Der ent-
    kommene Landaal langweilte sich hinter der Werkbank und brach träge
    zu neuen Horizonten auf, wo ein Aal stolz und horizontal schlängeln
    konnte.
    »Bitte nicht…«, begann Otto.
    »Oh, schon gut, ich bin nicht so zimperlich…«
    Sacharissas Hand tastete nach dem Aal.
    Sie kam wieder zu sich, als ihr Otto mit einem schwarzen Taschen-
    tuch verzweifelt Luft zufächelte.
    »Meine Güte…«, sagte sie und versuchte, sich aufzusetzen.
    In Ottos Gesicht stand derartiges Entsetzen, dass Sacharissa ihre ste-
    chenden Kopfschmerzen vorübergehend vergaß.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte sie. »Du siehst schrecklich aus.«
    Otto zuckte zurück, versuchte aufzustehen, brach an der Werkbank
    halb zusammen und presste sich die Hand auf die Brust.
    »Käse!«, stöhnte er. »Bitte hol mirr ein Stück Käse! Oderr einen grro-
    ßen Apfel! Etwas, in das ich beißen kann! Biiiitte!«
    »Hier unten gibt es nichts dergleichen…«
    »Halte dich von mirr ferrn!«, heulte Otto. »Und atme nicht auf diese
    Weise!«
    »Auf welche Weise?«
    »Dein Busen hebt und senkt sich, auf und ab! Ich bin ein Vampirr!
    Eine in Ohnmacht fal ende junge Frau, ihrr Keuchen, das Wogen ihrres
    Busens… Das alles berrührrt etwas Grrässliches in mirr…« Mit einem
    Ruck richtete er sich auf und holte sein Schwarzes Band hervor. »Aberr ich werrde starrk sein!«, kreischte er. »Ich werrde niemanden enttäuschen!«
    Er nahm Haltung an und stand ganz steif. Allerdings wirkte er dabei
    ein wenig verschwommen, weil er von Kopf bis Fuß vibrierte. Mit zitt-
    riger Stimme sang er: »Oh, komm nurr zurr Mission, komm nurr, komm nurr, dorrt erwarrten dich eine Tasse Tee und Kuchen…«
    An der Leiter wimmelte es plötzlich von Zwergen.
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Fräulein?«, fragte Boddony und eilte mit
    seiner Axt herbei. »Hat er irgendetwas versucht?«
    »Nein, nein! Er…«
    »… die Flüssigkeit in derr lebenden Aderr, es steht mirr nicht zu, sie zu trrinken…« Schweiß strömte Otto übers Gesicht. Er stand noch immer ker-zengerade, die eine Hand auf dem Herz.
    »So ist es richtig, Otto!«, rief Sacharissa. »Kämpf dagegen an! Kämpf
    dagegen an!« Sie wandte sich an die Zwerge. »Hat jemand von euch
    rohes Fleisch?«
    »… fürr ein neues Leben und auch Mäßigung sei gegeben, und nie rreines kaltes Wasserr wirr verrfluchen…« Adern pulsierten an Ottos bleichem Kopf.
    »Ich habe oben frisches Rattenfilet«, murmelte einer der Zwerge. »Hat
    mich zwanzig Cent gekostet…«
    »Hol es sofort, Gowdie«, sagte Boddony scharf. »Dies sieht schlimm
    aus!«
    »… oh, wirr können Brrandy trrinken und auch Gin, selbst hierr drrin, und wirr dürrfen Whisky schlürrfen und auch Rrum, ohne gleich zu werrden krrumm, doch das Getrränk, das wirr hassen und nicht mehrr anfassen, ist die Flüssigkeit in…«
    »Zwanzig Cent sind zwanzig Cent.«
    »Seht nur, er beginnt zu zucken!«, stellte Sacharissa fest.
    »Und er kann nicht singen«, sagte Gowdie. »Na schön, na schön, ich
    gehe ja schon, ich gehe ja schon…«
    Sacharissa klopfte auf Ottos feuchte Hand.
    »Du kannst es schaffen!«, sagte sie

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