Die vollkommene Kämpferin (German Edition)
Viertelstunde in die Zivilisation zurückbringst, trifft dich noch ganz was anderes.“
Gönnerhaft legte er mir den Arm um die Schultern, und meine Versuche, ihn abzuschütteln, blieben erfolglos. „Du musst mal lernen, der Landschaft die gebührende Beachtung zu schenken. Die kleinen Dinge im Leben zu genießen. Wir haben sechs Monate Zeit, bevor wir das nächste Mal irgendwo auftauchen müssen.“
„Ja, und bis der September kommt, hätte ich diese Wanderung gern lange hinter mir“, grummelte ich. „Im Ernst, James, wenn du glaubst, ich würde im Wald auf dem Boden schlafen …“
Knack.
In der Nähe zerbrach ein Zweig. James blieb stehen, womit er mich ebenfalls dazu zwang, innezuhalten. Angespannt richtete er den Blick auf die umstehenden Bäume. Ich runzelte die Stirn. Als ob hier draußen irgendjemand wäre. Und wenn doch, hey, großartig – vielleicht könnte derjenige uns einen Weg aus dem Wald zeigen.
„Was …“
James brachte mich zum Schweigen, und wütend blickte ich zu ihm auf. Er hatte die Stirn gerunzelt, doch nach einigen Augenblicken wich sein besorgter Ausdruck einem jungenhaften Grinsen. „Hervorragend“, flüsterte er, und ich verdrehte die Augen.
„Wenn du mir nicht augenblicklich erklärst, was hier vor sich geht, schwöre ich, dass ich …“
„Was, zur Hölle, hast du hier zu suchen?“
Diese schroffe Stimme gehörte nicht James. Ich zuckte zusammen, als ein halb nackter junger Mann hinter einem dicken Baumstamm hervortrat. Das dunkle Haar trug er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und auf seinen wohldefinierten Bauchmuskeln hätte ich Wäsche schrubben können.
Ich wurde rot. Gerade mal seit drei Tagen war ich mit Henry verheiratet, und schon sabberte ich, nur weil ich einem Einheimischen mit nacktem Oberkörper begegnete. Sechs Monate ohne Henry würde ich im Leben nicht durchhalten. Vielleicht würde James mich vorzeitig wieder nach Eden bringen, wenn wir es jemals zurück in die Zivilisation schafften.
Ich versuchte vorzutreten, um den Fremden zu begrüßen, doch James verstärkte den Griff um meine Schultern und hielt mich zurück. „Pollux“, sagte er und nickte. „Ist eine ganze Weile her. Wie ich sehe, hast du dir immer noch kein Hemd besorgt.“
Pollux. Den Namen hatte ich schon mal irgendwo gehört, wusste ihn jedoch nicht einzuordnen. War er etwa auch ein Gott? So wie er aussah, hätte mich das nicht weiter überrascht.
„Hermes. Man nennt mich jetzt Lux“, erklärte er mit einem schweren Akzent, der irgendwie englisch klang, und biss die Zähne zusammen. Oder bildete ich mir das nur ein?
„Ah, also ist das Memo auch bei euch angekommen“, erwiderte James. „Nicht, dass Lux unauffälliger wäre als Pollux, aber was immer dir beliebt. Ich heiße jetzt James.“
„Und ich bin Kate“, warf ich ein. „Was ist hier los? Woher kennt ihr beide euch?“
Argwöhnisch beäugte Lux mich. „Lange Geschichte. Ich werde euch nur einmal bitten: Verpisst euch.“
James’ Grinsen verblasste. „Das war ja wohl nicht gerade eine Bitte, oder?“
„Komm schon, lass uns abhauen“, versuchte ich James zu überzeugen und zog an seinem Arm. „Offensichtlich will er nichts mit uns zu tun haben.“
„Nein, wir bleiben“, gab James zurück. „Was, zur Hölle, geht hier vor sich, Lux? Wo seid ihr die letzten dreitausend Jahre lang gewesen?“
Alles klar. Definitiv ein Gott. Lux gab ein undefinierbares Geräusch von sich, das verdächtig nach einem Knurren klang. „Ich mag dich, James. Bring mich nicht dazu, deiner hübschen kleinen Freundin etwas anzutun, das ich nachher bereue.“
Hübsche kleine Freundin? Für wen hielt er sich? Anscheinend hatte er auch bei James einen Nerv getroffen, denn der fuhr ihn an: „Du kannst mir gar nichts, und das weißt du genau. Auf der anderen Seite muss ich bloß den richtigen Leuten verraten, wo du steckst, und du bist ein toter Mann.“
Um welchen heißen Brei James bisher auch herumgeredet hatte, genauso gut hätte er mitten hineinspringen können. Lux fauchte und sprang so schnell auf uns zu, dass mir keine Zeit blieb, auszuweichen. Einen Sekundenbruchteil bevor Lux mit ihm zusammenprallte, schubste James mich zur Seite. Gemeinsam schlugen die beiden hart auf dem Boden auf.
„Hör auf damit!“, schrie ich. Lux hielt James mit den Knien auf den Boden gedrückt, und seine Fäuste waren nur verschwommen zu erkennen, während er ihm die Seele aus dem Leib prügelte. James wehrte sich gegen ihn, doch er war kein
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