Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
mal etwas von der Teufelsbibel gehört?«
»Wovon?«
Filippo seufzte.
»Gehört nicht, aber ich glaub’s aufs Wort, dass es so was gibt. Wenn der eine da oben ein Buch über sich hat schreiben lassen, warum nicht auch der da unten?«
»Vittoria, es ist schockierend, dass jemand so spricht, in dessen Familie ein lebender Papst und ein Kardinal sind.«
»Gerade dann lernt man das.« Vittoria Caffarelli ließ den Stampfer ruhen und betrachtete ihren jüngeren Bruder Filippo, das Nesthäkchen, unter dem Vorhang ihres aufgelösten langen Haars hindurch. »Besonders wenn man dem Kardinal den Haushalt führt. Warum fragst du ihn nicht, unseren großen Bruder?«
»Scipione?« Filippo schüttelte den Kopf.
»Was ist so wichtig für dich an dieser Teufelsbibel? Wenn du sie findest, wird sie sich gewiss als dämliche Fälschung irgendeines minderbemittelten Mönchs vor vierhundert Jahren herausstellen und nicht mal Geld wert sein.«
»Woher weißt du das?« Filippo kniff die Augen zusammen. »Das mit den vierhundert Jahren?«
Vittoria lachte. »Das weiß ich gar nicht. Ich hab einfach eine Zahl genannt.«
»Die Teufelsbibel ist vor vierhundert Jahren entstanden. Und Papst Urban hat danach gesucht.«
»Lange Zeit kann er damit nicht zugebracht haben.«
»Ich glaube, seine Suche hat ihn getötet.«
»Ich glaube, der Blick in die Abgründe aus Schweinerei, aus denen der Vatikan zum großen Teil besteht, hat ihn getötet.«
Filippo fragte sich, ob ihm das Los des Zweiflers im Angesicht der katholischen Kirche erspart geblieben wäre, wenn er eine weniger zynische ältere Schwester gehabt hätte. Vittoria und er waren die letzten in der Reihenfolge der Caffarelli-Geschwister. Nachdem zwei weitere Kinder vor ihnen nicht über das Säuglingsalter hinausgekommen waren, bestand eine große altersmäßige Lücke zwischen dem nächstälteren Geschwister und ihnen, und zum ältesten Kind der Familie, Erzbischof Scipione Kardinal Caffarelli, waren es zehn Jahre – eine mächtige Distanz, die sich vielleicht dennoch hätte überbrücken lassen, wenn alle Beteiligten nur intensiv genug daran gearbeitet hätten. Dies war nicht geschehen, und so hatten sich die beiden jüngsten Geschwister eng zusammengetan, bereits als Kinder ahnend, dass ihre Daseinsberechtigung einmal darin bestehen würde, auf die eine oder andere Weise all den anderen zu dienen.
Vittoria war Scipiones Haushälterin geworden, Filippo ein Pfarrer ohne Gemeinde in der Diözese seines großen Bruders, der für all die gelegentlichen Aufgaben innerhalb des Vatikans ausgeliehen wurde, mit denen Scipione Caffarelli sich lieb Kind machen konnte. Scipione, der große Schatten im Leben von Filippo, ein düsteres Monument aus Glaubensfestigkeit, Bigotterie und katholischem Eifer, in dessen klammer, kalter Dunkelheit Filippo seinen persönlichen Scheiterhaufen des Zweifels errichtet hatte und darin brannte.
»Ich habe herausgefunden, dass Papst Urban der festen Überzeugung war, mithilfe der Teufelsbibel die Spaltung der Kirche überwinden zu können. Es muss etwas darin stehen, das einen alle Zweifel verlieren lässt …«
»Armes Brüderchen. Der Glaube kommt nicht von außen, das müsstest du doch wissen, der du täglich mit den Lektionen des Papstes und der anderen Kirchengrößen konfrontiert wirst.«
Filippo zuckte mit den Schultern. Nicht einmal zu seiner Schwester hatte er genug Vertrauen, um ihr zu gestehen, dass in seiner Seele ein gähnendes Loch war, wo sein Glaube sich hätte befinden sollen. Dort drin war nichts außer Schwärze. Ein Loch dieser Art schrie danach, von außen gefüllt zu werden.
»Was hast du noch herausgefunden?«
»Dass die Protokolle über Papst Urbans Tod nicht ganz zusammenpassen. Aber darüber hinaus – nichts.«
»Was sagen die Protokolle der Schweizergardisten aus?«
Filippo starrte Vittoria an.
»Die Schweizergardisten«, wiederholte Vittoria. »Schon mal gesehen? Die Kerle, die aussehen wie Pfauen, mit den langen Hellebarden und einem grässlichen Akzent …«
»Vittoria!« Filippo hasste es, wenn ihr Zynismus sich gegen ihn richtete. Sie räusperte sich und nahm den Stampfer wieder zur Hand.
»Die Kerle wissen alles«, sagte sie zum Takt des Butterstampfers. »Aber du wirst nichts aus ihnen rauskriegen. Die sagen nur was, wenn du sie unter Druck setzt.«
»Wie sollte ich die Schweizergarde unter Druck setzen?«
»Jeder hat Dreck am Stecken.«
»Die Schweizergarde nicht.«
»Dann hast du ja schon einen
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