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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Prag seinen Körper. Sie hatten kaum geschlafen in den letzten beiden Tagen, um Zeit wettzumachen, und waren zuerst in Braunau gewesen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Dass sie Abt Wolfgangs Herde nicht bereits gestern begegnet waren, wunderte ihn. Er wusste nicht, dass es der Abkürzung über Friedstock und Kirchberg zu verdanken war, dass sie einander verfehlt hatten.
    »Er wird nicht hören wollen, dass das Kloster vollkommen geplündert worden ist«, sagte Andrej.
    Cyprian schüttelte den Kopf. Der Abt würde auch nicht hören wollen, dass zwei Protestanten getötet worden waren, als aus einem Haus heraus mit einer Muskete auf die Meute gefeuert worden war, die das Klostertor aus den Angeln gehoben hatte, und er würde ebenso wenig hören wollen, dass der jugendliche Schütze aus dem Haus gezerrt und vor den Augen seiner Familie im Bogen des inneren Tors aufgehängt worden war.
    »Ich werde zu alt für so was«, brummte er und sah zu, wie der Flüchtling angesichts der Tatsache, dass seine Brüder nicht niedergemetzelt wurden, beschämt auf die Beine kam und zurück zur Herde trottete.
    Der Abt war vor seine Gemeinde hingetreten. Der Wind hatte ihm die Kapuze vom Kopf gerissen. Cyprian maß ihn mit schmalen Augen. Wenn er jemals einen Mann gesehen hatte, der von seinen eigenen Gefühlen aufgefressen wurde, dann war es Abt Wolfgang Selender. Man hatte ihn nach Braunau geholt, um die Teufelsbibel zu bewachen, sich gegen den stärker werdenden Protestantismus zu stemmen und das Kloster zu einer Festung katholischen Glaubens in einem der Ketzerei verfallenden Land zu machen. Er hatte in allen Aufgaben versagt, und dass er nicht an seinem Versagen schuld war, machte es nicht besser. Cyprian dachte, dass er den Mann und seinen Zorn verstehen konnte.
    Er schob die pelzgefütterte Kapuze seines Mantels nach hinten, dachte daran, dass er vor zwanzig Jahren im Hemd von Prag hierher geritten wäre und nicht gefroren hätte, und nickte dem Abt zu.
    Wolfgangs Augen weiteten sich, als er Cyprian erkannte. »Machen Sie, dass Sie hier wegkommen«, krächzte er.
    Andrej neigte sich zu Cyprian hinüber. »Es muss an dir liegen«, sagte er. »Ich bin eigentlich überall willkommen, wo ich auftauche.«
    »Der Weg nach Starkstadt macht keinen Sinn«, sagte Cyprian.
    »Was geht Sie und Ihren Kumpan das an?«
    »Siehst du«, sagte Cyprian, »dich mag er auch nicht.«
    Andrej zuckte mit den Schultern. »Das kommt davon, wenn man in schlechter Gesellschaft reist.«
    Cyprian warf Andrej die Zügel zu und schwang sich vom Pferd. All seine Gelenke ächzten, und nur der Steifheit seiner Beine war es zu verdanken, dass er nicht einknickte, alsseine Füße auf dem Boden aufkamen. Er stapfte auf den Abt und die Mönche zu wie jemand, der Glasscherben in seinen Stiefeln hat.
    »Wissen Sie, warum Baron Hertwig immer noch an der Macht ist, obwohl er keinen einzigen Zahn mehr hat und die Gicht seine Knie so hat anschwellen lassen, dass sie dicker sind als sein Kopf?«
    Abt Wolfgang musterte ihn erbittert. Die Mönche waren kollektiv einen Schritt zurückgewichen.
    »Starkstadt ist zwar eine Stadt, aber sie hat insgesamt nur so viele Einwohner, wie Braunau an waffenfähigen Männern protestantischen Glaubens aufweisen kann. Baron Hertwig wird Sie und die Ihren sofort ausliefern, wenn eine Delegation aus Braunau das verlangt.«
    »Hat man die Jagd auf uns schon eröffnet?«
    Es war vermutlich das Beste, den Zorn des Abtes auf etwas anderes umzulenken. »Noch nicht«, sagte Cyprian. »Bis gestern Abend war man noch damit beschäftigt, Ihr Inventar kurz und klein zu schlagen.«
    Aus der Gruppe der Mönche kamen entsetzte Rufe; mehrere Brüder schlugen das Kreuzzeichen.
    »Sind Sie hergekommen, um sich an meinem Anblick zu weiden?«, fragte der Abt bitter. »Hat der Kardinal Sie geschickt?«
    Cyprian wandte sich um. Andrej war an seine Seite getreten. Ihm war nicht anzumerken, wie strapaziös der Ritt gewesen war.
    »Ehrwürdiger Vater«, seufzte Andrej, »seien Sie froh, dass Sie sich nicht reden hören; Sie wären entsetzt über den Blödsinn, den Sie vernehmen würden.«
    Über das Gesicht eines dicken Mönchs, der sich in der Nähe des Abts hielt, huschte ein kurzes Grinsen, das sofort wieder verlosch. Abt Wolfgang schloss vor Zorn die Augen und atmete krampfhaft ein und aus.
    »Ist die Truhe leer?«, fragte Cyprian.
    »Das ist alles, worum es euch geht«, murmelte der Abt erstickt, ohne die Augen zu öffnen. »Ihr habt mich hierher bestellt, um

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