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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Schafott würde ein Kessel mit siedendem Öl warten, in das er langsam getaucht werden würde. Er wimmerte vor Furcht und versuchte zu schlucken, aber seine Kehle war trocken. Seine Blicke saugten sich an den klumpigen Haarbündeln fest, die wie altes Heu zwischen der Walze und der Führungsrinne klemmten. Er erinnerte sich an die Schreie, an den sich in seinen Fesseln aufbäumenden nackten Körper, an sein eigenes Bedauern, dass die Mechanik so schwer war, dass er den Widerstand der Kopfhaut gar nicht spürte, als er sie beim Weiterdrehen Stückfür Stück abriss. Er stopfte sich vor Entsetzen eine Faust in den Mund, als er spürte, wie trotz aller Todesangst, die er empfand, sein Glied bei der Erinnerung an diese genüssliche Stunde allein mit der Tormechanik und der Bauerndirne steif wurde. Der Schweiß troff ihm von der Stirn und brannte in seinen geschwollenen Augen.
    Was hatte er gedacht, als er mit Kassandra zusammengelegen hatte?
    Er war ein toter Mann.
    Er war gesegnet.
    Er schrie auf. Es stimmte nicht. Er war verflucht.
    Von draußen erklang das Geräusch mehrerer Schüsse. Es trieb ihn wieder auf die Beine. In seiner Panik stolperte er in dem engen Raum umher. Was sollte er tun? Was sollte er tun ?
    Dann leuchtete ein neuer Gedanke in seiner Verzweiflung auf. Er war Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz. Er hatte immer einen Ausweg gefunden. Es war nicht sein Schicksal, wie die Ratte in der Falle hier zu enden. Er war zu einzigartig, zu spektakulär für so etwas Gemeines wie den Tod auf dem Schafott. Er stierte die kleine Holztür an, die unauffällig in einem Winkel in einer Wand zu sehen war. Er hätte schwören können, dass er sie noch nie gesehen hatte. Sein Verstand sagte ihm, dass sie schon immer da gewesen sein musste. Wo führte sie hin? Dies war eine der Außenmauern, und er wusste, dass es keinen anderen Zugang zu dieser Kammer gab als den, den er hinter sich verriegelt hatte.
    Er stapfte auf zitternden Beinen zu der Tür hinüber. Sie war einen winzigen Spalt offen. Er drückte gegen das Türblatt. Sie gab nach und schwang ein paar Zoll weit auf. Dahinter lagen vollkommene Finsternis und der Modergeruch eines seit Jahrhunderten feucht gehaltenen Mauerwerks. Vorsichtig drückte er die Tür weiter auf und trat in die Dunkelheit. Eine Vorratskammer? Doch dann sah er, dass zu beiden Seiten einGang verlief. Weiter reichte das Dämmerlicht nicht, aber Heinrich konnte sein Glück dennoch nicht fassen.
    Ein geheimer Fluchtweg! Er musste noch aus der Zeit stammen, da der Bergfried das einzige steinerne Gebäude Pernsteins gewesen war. Gänge dieser Art führten meist zu einer unauffälligen Kapelle, einem Heustadel oder einem der uralten niedrigen Hügelgräber und von dort ins Freie.
    Er holte Luft und rief: »Hallo?«
    Der Nachhall schien in weite Ferne hinein zu tönen. Es war ein Gang.
    Er lachte. Der Hall verzerrte sein Lachen, bis es sich anhörte, als käme es nicht mehr aus seinem Mund, aber er kümmerte sich nicht darum.
    »Ich bin Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz!«, schrie er und lachte erneut. »Ich komme wieder!«
    Er rannte, ohne zu zögern, in die Dunkelheit des abwärtsführenden Gangs.
    29
    » Nicht schiessen !«, schrie Siegmund von Dietrichstein. Andrej fiel auf halbem Weg vor Wenzels reglosem Körper auf die Knie. Er sah die dunkle Nässe, die sich unter ihm gesammelt hatte, und das Blut, das rund um den Bolzen seine Jacke vollgesaugt hatte. Er spürte einen so heißen Schmerz, dass seine Augen überliefen. Wenzels Gesicht war bleich und seine Augenlider fast blau.
    »Nein«, hörte er sich flüstern. »O mein Gott, nein.«
    Die Soldaten hatten wieder freies Schussfeld. Sie legten die Musketen erneut an.
    »Wenn ihr schießt, fällt sie«, fauchte Kassandra.
    »Wenn wir schießen, sind Sie tot«, sagte der Unterlandkämmerer und verzog den Mund vor Verachtung. »Madame!«
    Kassandra zerrte Alexandra von der Brüstung herunter und versteckte sich hinter ihr. Alexandras Blicke flogen hin und her. Andrej richtete seine Augen mühsam auf sie. Er sah sie durch einen Tränenschleier und dachte daran, dass Agnes und Cyprian denselben Schmerz wie er erleben würden, wenn auch Alexandra starb. Er versuchte, auf die Beine zu kommen, aber er konnte nicht.
    »Ich nehme sie mit«, zischte Kassandra. »Der geringste Unsinn von Ihrer Seite, und ich schneide ihr die Kehle durch.«
    Kassandra schlang einen Arm um Alexandras Hals, mit dem anderen tastete sie nach dem Messer, das in der Brüstung

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