Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
und an einen Besitz, der so stark verschuldet war, dass die Steine knirschten. Die Burg hatte verlassen gewirkt – jeder hätte sich, so wie es der Empfänger der Teufelsbibel getan hatte, vor dem Tor aufstellen und so tun können, als sei er hier zu Hause.
»Enttäuscht? Entzückt!«
»War die Bezahlung ausreichend?«
Was sollte er sagen? Irgendwie hatte er plötzlich das Gefühl, dass von der Antwort eine Menge abhing.
»Für einen Knecht – ja«, sagte er langsam. »Für einen Partner – nein.«
Sie musterte ihn erneut auf diese schweigende, maßnehmende Art, die es ihm schwer machte, den Blick ruhig zurückzugeben. Das Kribbeln in seinem Unterleib war abwechselnd von Lust und von Angst bestimmt. Auf einmal beugte sie sich über ihn, stützte sich mit den Händen auf den Armlehnen des Stuhls ab und brachte ihr Gesicht nahe an seines heran. Er roch ihren Duft nach Parfüm und Schminke, unterlegt von etwas, das so animalisch und geil auf ihn wirkte, dass er blinzeln musste. Er fühlte seine Männlichkeit zucken.
»Was nehmen Partner als Bezahlung?«, flüsterte sie.
Unter der Schminke sah er die schwachen Andeutungen von Schatten. Sie hatte Sommersprossen. Ganz hinten in seinem sich langsam in klebrige Fäden verwickelnden Gehirn meldete sich der Gedanke, dass die Natürlichkeit eines kleinen Fehlers wie einer Spreu Sommersprossen ihre Schönheit nur noch steigerte, doch angesichts der roten Lippen, zwischen denen jetzt eine Zunge hervorkam und darüberleckte, hörte niemand dem Gedanken zu.
Er wollte die Arme ausstrecken, um sie an sich heranzuziehen, doch da stellte er fest, dass sie den Stoff seiner Ärmel eingeklemmt hatte. Rätselhafterweise fehlte ihm die Kraft, die Arme zu befreien.
»Alles«, krächzte er.
»Gut«, sagte sie. Ein Kolibri flatterte gegen seine Lippen – ein gehauchter Kuss. »Ich nehme es an … Partner!«
Sie richtete sich auf, nahm ihn an der Hand und zog ihn hinter sich her zu einer Tür. Als sie sie öffnete, schlug Heinrich eine fast stickige Wärme entgegen. Der Raum dahinter war üppig eingerichtet. Schwere Vorhänge sperrten das Tageslicht zum großen Teil aus. Vor einem riesigen Bett mit Pfeilernund einem blutroten Baldachin stand ein Kohlenbecken und sandte sein Glühen und eine schwindlig machende Hitze in das Zimmer. Sie führte ihn vor das Bett. Er hörte sein Herz pochen und spürte fast Schmerz bei jedem Schlag. Das Kohlenbecken röstete seine Seite. Er blinzelte in die Glut und stellte fest, dass ein halbes Dutzend langer Eisenstangen herausragten, Holzgriffe an den freien Enden, damit man sie ohne Gefahr packen konnte. Die Enden, die auf den glühenden Kohlen lagen, hatten alle möglichen Formen – flache Klingen, spitze Dornen, Spiralen … Seine Augen weiteten sich, als er den grob geformten Phallus sah, dessen Umrisse in der Höllenglut flirrten. Seine Eingeweide zogen sich zusammen.
Plötzlich musste er an Ravaillac denken, auf der Place de Grve. Dort hatte sein zweites Leben seinen Anfang genommen; nein, dort hatte sein Leben überhaupt erst begonnen. Das Kohlenbecken des Henkers hatte ebenso vor Hitze geflirrt. Der Aussichtsplatz, den er gehabt hatte, war ausgezeichnet gewesen, wenn auch für seinen Geschmack etwas zu weit entfernt vom Schafott. Dennoch hatte er die rot schimmernden Backen der Zangen deutlich gesehen, als der Henker sie aus der Glut hob und die Menge aufseufzte und Ravaillac laut zu beten begann …
Unter der Bettdecke drang ein dumpfes Geräusch hervor, wie von jemandem, der versuchte, durch einen Knebel im Mund um Hilfe zu rufen. Madame – nein, Diana! – schritt an ihm vorbei, zog die Decke weg und trat wieder zurück. Eine nackte Gestalt lag auf dem Bett, mit den Hand- und Fußgelenken an die Bettpfosten gefesselt, einen Knebel im Mund. Er sah die von alten und neuen Prellungen und Kratzern verunzierte Haut, die Rippen, die deutlich zu erkennen waren, den mageren, sehnigen Bauch, der sich im krampfhaften Bemühen, trotz Panik und Knebel Luft zu bekommen, hob und senkte. Jemand hatte sie gewaschen, rasiert und gesalbt. Es war dennoch deutlich zu sehen, dass sie eine billige kleineHure war, die noch gestern ihren Freiern hinter den Ställen bei einem der Tore Erleichterung verschafft hatte. Ihre Augen waren riesig in dem vom Knebel aufgeschwollenen Gesicht und starrten ihn flehentlich an. In seinem Schoß pulste es; zugleich war er enttäuscht.
»Das ist auch die Bezahlung eines Knechts«, sagte er und wandte sich zu
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