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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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gesehen, dass es drei Menschen seines Charakters gereicht hätte, um an der Sinnhaftigkeit seines Glaubens zu zweifeln. In gewissenhafter Arroganz hatte die Kirche penibel Buch geführt über all die Gelegenheiten, zu denen sie die Tradition von Jesus Christus verraten hatte, angefangen bei den Absolutionen für Kaiser Konstantin, der in treuer Befolgung christlicher Machtpolitik seine gesamte Familie hatte ermorden lassen, bis hin zum Flammentod Giordano Brunos. Filippo hatte sie allesamt studiert, zuerst voll Faszination, später voll Ekel. Vielleicht wäre er zum protestantischen Glauben übergewechselt – wenn er nicht ebenfalls genügend Dokumente gefunden hätte, die über die Anhänger Luthers und Calvins berichteten und aus denen hervorging, dass Jesu Christi Lehre ihnen auch nicht näherstand als der angeblich einzig wahren Kirche.
    Wenn er die Hand auf die Teufelsbibel legen und das Pochen spüren würde, dann wüsste er, dass es nur einen wahren Glauben geben konnte: den an die Macht des Bösen. Wenn das Testament des Satans ebenso stumm bliebe wie die Heilige Schrift, dann wäre beides nicht mehr als Aberglaube.
    Wenn die Macht des Bösen das einzig Wahre wäre, dann würde er, Filippo Caffarelli, resigniert von all der Falschheit, frustriert von all den Lügen, angeekelt von der Korruption, all seine Kräfte dafür einsetzen, ihm zu dienen. Er war so weit, dass er lieber mit der Wahrheit in die Dunkelheit gehen würde, als mit der Lüge weiterhin im Dämmer zu leben.
    Er bückte sich, um die Falle des Truhenbandes aus der Öse zu heben. Seine Hände zitterten so sehr, dass das Metall klapperte. Er holte tief Luft. In seinem Rücken spürte er eine plötzliche Bewegung, und voller Unglauben registrierte er, dass er eine Kleinigkeit nicht mit einkalkuliert hatte: dass Oberst Segesser ihm einfach sein Schwert in den Rücken rammen und dann seinen Leichnam irgendwo verstecken könnte. Niemand würde den Schweizergardisten je eines Mordes bezichtigen, niemand würde hier unten Spuren vom Tod Filippos finden, selbst wenn er blutete wie ein Schwein oder Oberst Segesser ihn vor Ort in Einzelteile zersägte. Filippo wäre einfach für immer verschwunden, ein winziger Skandal, der Vater Caffarelli enttäuschtes Stirnrunzeln und Kardinal ScipioneCaffarelli eine ärgerlich hochgezogene Augenbraue entlocken würde. Der Atem stockte ihm. Er konnte nicht anders – er musste aufblicken.
    Oberst Segesser war ein paar Schritte zurückgetreten. Sein Gesicht war gespannt, die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Filippo lächelte verzerrt, um sich nicht anmerken zu lassen, was er gedacht hatte.
    Die Falle klemmte. Filippo rüttelte daran. Sie löste sich mit einem kurzen Quietschen. Er warf den Deckel der Truhe zurück.
    Scipione saß darin, breitete die Arme aus und fragte: »Hab ich sie an mich genommen, weil du zu lange gebraucht hast, Filippino, oder war sie nie da?«
    Die Truhe war leer.
    10
    » Setzen Sie sich, Herr von Wallenstein«, sagte die Erscheinung. Sie deutete auf einen der Stühle. »Oder soll ich Sie mit Dobrowitz anreden? Oder wie wünschen Sie genannt zu werden?«
    Heinrichs Hirn, das noch keine Zeit gehabt hatte, die Überraschung zu überwinden, ließ seiner natürlichen Frechheit den Vortritt.
    »Meine Freunde nennen mich Henyk«, hörte er sich sagen.
    Sie lächelte. »Nun gut, Henyk. Setzen Sie sich.«
    Das Porträt hatte gelogen, und dem Maler hätte man seine Pinsel in den Hintern stecken und dann anzünden sollen. Heinrich, der es mit Mühe schaffte, nicht wie ein Mehlsack auf den Stuhl zu plumpsen, starrte sie offen an. Ihr Gesicht war weiß geschminkt, aber das war auch das Einzige, was mit der Kühle übereinstimmte, die das Porträt ausgestrahlt hatte. Im Leben war sie von einer flammenden, alles überstrahlenden Schönheit, an der die Sonne sich verbrannt hätte. Heinrich sah ihr in die Augen und verging wie eine Motte, die in das Feuer geflogen war. Die Augen waren smaragdgrün, ein schockierender Farbkontrast zu ihrem blonden Haar und düster leuchtend in der maskenhaften Weiße ihres Gesichts. Ihre Züge ebenmäßig zu nennen wäre vergleichbar gewesen damit, das Innere eines Vulkans als warm zu beschreiben; ihre Gestalt und ihre Haltung perfekt zu nennen hätte geheißen, einen Wirbelsturm als leichte Brise zu bezeichnen. Sie schimmerte vor ihm, das weiße Gesicht, das Kleid aus weißer Seide, mit weißem Brokat besetzt, an manchen Stellen schillernd mit Regenbogenreflexen.

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