Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
ungezähmten Stute bockte und seinen Rücken und sein Gesäß zerkratzte; sein Körper, sein Herz – und seine Seele. Wenn es ihr Freude machte zu sehen, wie er den rot glühenden Phallus bei der Unseligen neben ihm auf dem Bett anwandte, dann … sollte es so sein!
Er kam erneut mit einer Wildheit, die ihm fast die Besinnung raubte, und ihm wurde bewusst, dass der Gedanke, was er und die heidnische Göttin mit ihrem Opfer noch tun würden, mindestens ebenso daran schuld war wie die Mechanik des Geschlechtsakts.
»Wobei sind wir eigentlich Partner?«, stöhnte er.
Sie presste die Muskeln in ihrem Unterleib zusammen. Er ächzte. Der Ritt machte nur eine Pause.
»Auf dem Weg zum Kaiserthron«, sagte sie, und dann flüsterte sie in sein Ohr: »Fick mich noch einmal.«
Er hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
Er war ein toter Mann.
Er war gesegnet.
11
Wenzel von Langenfels balancierte vorsichtig über das Trümmerfeld. Gerade eben war er abgerutscht und nur mit viel Glück dem Schicksal entgangen, von einem senkrecht in die Höhe ragenden Teil eines Spießes gepfählt zu werden. Der Spieß hatte sich als ein langes, gerades, in sich gewundenes Horn herausgestellt, dessen Basis man ansehen konnte, dass es aus einer Goldfassung herausgebrochen worden war. Mehr konnte man von einem Tag nicht erwarten: gleichzeitig der Pfählung zu entgehen und dabei einen Schatz zu finden.
Wenzel hastete die lange Strecke hinunter zur Stadt, am Ufer der Moldau entlang zur Kleinseite und von dort wieder hinauf zum Hradschin, voll wilder Hoffnung, dass das Horn von einem Einhorn stammen möge. Andrej, sein Vater, war zu Hause und betrachtete den Fund mit finsterer Miene.
»Das ist der Zahn eines Wals«, sagte er schließlich. »Wirf das Ding weg.«
»Wieso denn, um Himmels willen? Es ist schön!«
»Es bringt Unglück!«
»Was?« Wenzel schnaubte ungläubig.
Andrej seufzte. »Ich kann mir denken, wo du das Ding gefunden hast. Im Hirschgraben, an der Stelle, wo all die alten Wurzeln und Äste, das zerbrochene Mobiliar und der sonstige Abfall aus dem Schloss liegen.«
Eine Antwort erübrigte sich. Wenzel fühlte, dass sein Gesicht rot wurde. Sein Vater tat so, als sehe er es nicht.
»Kaiser Matthias ist seit zwei Wochen im Amt, und schon fängt er damit an, Rudolfs Sammlung zu zerstören. Es gibt weiß Gott genügend dort drin, das man wegwerfen sollte – oder verbrennen. Und noch viel mehr, was man erhalten sollte. Das Horn eines Einhorns! Du bist in bester Gesellschaft, mein Sohn – Kaiser Rudolf war fest davon überzeugt, dass es genau das war. Er hatte mehrere davon.«
Wenzel empfand stets ein merkwürdiges Gefühl, wenn sein Vater solche unfreiwilligen Andeutungen machte. Er meinte, aus ihnen herauszuhören, dass Andrej zu irgendeiner Zeit seines Lebens eng mit Kaiser Rudolf verbunden gewesen war. Wenzel konnte es nicht glauben – sein Vater? Ein Intimus von Kaiser Rudolf, der bereits jetzt, ein halbes Jahr nach seinem Tod, die bizarrsten Dimensionen angenommen hatte und doppelt so groß wie das Leben gewesen sein musste? Andrej von Langenfels, der zuweilen melancholische, hin und wieder tollpatschige, meistens freundlich-heitere Geschäftspartner und beste Freund von Cyprian sowie Bruder von dessen Frau Agnes Khlesl, die wiederum die Eltern von Alexandra …? An dieser Stelle zwang Wenzel seine Gedanken meist in eine andere Richtung. Das merkwürdige Gefühl blieb in der Regel – wenn er ihm genauer auf den Grund ging, stellte er fest, dass es das Gefühl völliger Fremdheit gegenüber diesem schlanken, langgliedrigen Menschen war, der immer noch wie ein junger Mann aussah und bisher das Zentrum von Wenzels Leben gewesen war. Er ging dem Gefühl nicht gern auf den Grund. Was sollte er daraus schließen? Dass er sich als Fremder dem Menschen gegenüber empfand, der alles war, was er an Familie besaß?
»Man kann sehen, dass es eine Fassung hatte.«
»Natürlich – Gold und Juwelen. Kaiser Matthias braucht Geld.«
»Wieso glaubst du, dass es Unglück bringt?«
Andrej drehte das Horn in den Händen. Wenzel wusste, dass ihr gegenseitiger vertrauter Umgang von vielen als nachlässig und respektlos angesehen wurde. Andrej kümmerte sich nicht darum. Solange Wenzel sich zurückerinnern konnte, war er an der Seite seines Vaters gewesen, ob auf Reisen oder zu Hause; selbst zu den Besprechungen im Hause Khlesl war er mitgekommen. Seine um vier Jahre jüngere Cousine Alexandra war dort seine Spielgefährtin
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