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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Cyprian an.
    »Wer das gebacken hat, hat Zukunft«, sagte er mit vollem Mund.
    Cyprian nickte. »Agnes würde jetzt sagen, auf unserer Familie liege der Bäckerfluch.«
    »Hast du ihr gesagt, dass wir eine Reise machen werden?«
    »Nein«, sagte Cyprian. »Als ich von zu Hause aufbrach, wusste ich auch noch nicht, dass wir eine Reise machen würden.«
    Melchior umriss Cyprians Erscheinung mit einer hastigen Handbewegung. »Warum hast du dich dann reisefertig gekleidet?«
    Cyprian seufzte. »Sagen wir mal, ich hatte so eine Ahnung …«
    »Nicht weiter schlimm. Ich sende einen Boten zu ihr. Sind Alexandra und die Jungen schon wieder aus Wien zurück?«
    »Nein, wir erwarten sie in drei Tagen.«
    In Melchiors hagerem Gesicht zuckten die Wangenmuskeln. »Mist!«, sagte er.
    Cyprian, der sich nicht anmerken ließ, dass sein Herz plötzlich mühsamer schlug, schlenderte zu seinem Onkel, schob einen Stapel Papiere zur Seite und setzte sich auf den Tisch.
    »Der Reihe nach«, sagte er.
    »Weißt du, dass Andrej in Brünn war?«
    Cyprian zuckte mit den Schultern. »Natürlich. Wenn es irgendwie geht, wird er dort auf den Wagen mit den Kindern warten und mit ihnen zusammen nach Prag weiterreisen.«
    Der Kardinal schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm geraten, sofort aufzubrechen.«
    »Irgendwie habe ich immer noch nicht das Gefühl, dass du der Reihe nach erzählst.«
    Melchior Khlesl fischte in den Taschen seiner Kleidung, tastete dann auf dem Tisch herum und spähte schließlich darunter. Ein einsames Röllchen lag dort zwischen trockenen Semmelbröseln. Cyprian glitt vom Tisch und hob es auf. Er reichte es seinem Onkel. Melchior fuchtelte damit herum, ohne auch nur einen Blick hineinzuwerfen.
    »Andrej wurde von einem Geschäftspartner in einen Mordfall involviert«, erklärte Cyprians Onkel und schilderte Andrejs Erlebnis in Brünn mit dürren Worten. Der Kardinal mochte noch so überarbeitet sein, sein Gedächtnis war wie immer tadellos. Er vergaß nicht einmal hinzuzusetzen, dass Andrej riet, vom Brünner Geschäft in der nächsten Zeit nicht allzu viel zu erwarten.
    »Warum schickt er dir diese Botschaft? Er hätte sie Agnes und mir zusenden sollen.«
    »Nicht jede Taube im Schlag deines Handelsagenten in Brünn stammt aus dem Haus ÝWiegant & KhleslÜ in Prag«, sagte der Kardinal und hatte den Anstand, einigermaßen beschämt auszusehen.
    »Was hast du eigentlich nicht infiltriert?«
    Melchior Khlesl schwieg.
    »Na gut«, sagte Cyprian wider besseres Wissen. »In Brünn suchen sie anscheinend einen Dummen, auf den sie mit dem Finger zeigen können, wenn in nächster Zukunft die eine Partei fragt, warum ein Unschuldiger eingesperrt worden ist, und die andere Partei sich gleichzeitig erkundigt, warum man den Gefangenen nicht einen Kopf kürzer gemacht hat. Was ist daran so besonders?«
    »Sieh dir das Datum der Botschaft an.«
    Cyprian nahm das Röllchen und drechselte es auseinander. Sein Gesicht blieb ohne Regung. Er ließ zu, dass es sich von allein wieder einrollte, aber er gab es seinem Onkel nicht mehr zurück.
    »Andrej ist ein schlaues Bürschchen«, sagte Melchior. »Erkonnte natürlich nicht wissen, dass die Taube direkt in meinen Schlag fliegen würde. Also kalkulierte er die Möglichkeit mit ein, dass irgendjemand vielleicht seine Nachricht abfangen würde.« Cyprian holte Luft, aber Melchior Khlesl hob abwehrend die Hand. »Seine Nachricht war in erster Linie für dich und Agnes bestimmt. Ihr würdet ihre Bedeutung sofort erkennen, so wie auch ich sie erkannt habe. Ein Fremder würde sich allenfalls fragen, ob der Absender fünfundzwanzig Jahre auf dem Grund eines Brunnens gelebt hat und nicht weiß, welches Datum wir haben.«
    »Brünn, im Frühling 1592«, zitierte Cyprian. »Ich hoffe, er meint damit nicht, was ich glaube, dass er meint.«
    »Ich bin sicher, er meint genau das.«
    Cyprian gestattete sich eine Regung. Er zerknüllte das kleine Röllchen in der Faust und fuhr sich dann heftig durch die Haare. »Verflucht«, sagte er. »Keiner von uns wird dieses Jahr jemals vergessen.«
    Melchior Khlesl sagte nichts darauf. Cyprian sah sich vor seinem Onkel stehen, in einem anderen Arbeitszimmer, in einer anderen Stadt – in Wien. Die Zusammenkunft war fünfundzwanzig Jahre her, und Cyprian hatte seinem Onkel soeben erklärt, dass er ein Ziel im Leben gefunden habe, nämlich die Liebe zu Agnes Wiegant, und aus seinem Dienst entlassen zu werden wünsche. Nur diese eine Aufgabe noch, hatte Onkel Melchior

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