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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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gedrückt, fast auf der Krone des Burghügels stand, eher niedrig war. Der Eindruck war der von Spott – man konnte die Mauer überwinden, aber um die Steilwand selbst zu bezwingen, als welche die Burg dahinter emporwuchs, musste man ein Titan sein. Jemand, wahrscheinlich der alte Ladislaus von Pernstein, hatte versucht, den Putz zu erneuern, aber an vielen Flächen war er bereits wieder abgefallen. Der braunrote Backstein schimmerte hindurch wie alte Wunden, die niemals heilen würden. Man konnte sehen, dass der riesige Bau, der gewiss vierzig Mannslängen in der Länge und die Hälfte davon in der Breite einnahm, einmal gewaltig und ehrfurchtgebietend gewesen sein musste. Kam man durch das Tor in den Hof, der eng und finster wie der Boden eines Schachts war, erkannte man, dass die ganze Monstrosität der Burganlage auf die Verteidigung gegen außen gerichtet war. Solche Bauten trotzten der Welt und ließen nichts von ihr hinter die Mauern eindringen, und was immer dort entstand, kam aus einem schwarzen Herzen und einem tiefen, kalten Grund.
    Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz zog die Schultern hoch, als er in den Schatten des Burghofs hineinritt. Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den bereits dämmerig überhauchten Abendhimmel; die Mauern, Erker und Dachvorsprünge bildeten einen bizarren Rahmen für ihn.Auch wenn keine Schneereste mehr hier lagen, war doch die Winterkälte noch nicht ganz vertrieben. Er war Monate nicht mehr hier gewesen und auch in den vier Jahren zuvor, seit er die Burg zum ersten Mal gesehen hatte, nur sporadisch. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte es ruhig noch seltener sein können. Die gesamte Anlage schien ihn abzulehnen und ihm mit jedem kalten Hauch, der um eine Ecke oder ein Treppenhaus herunterwehte, zuzurufen, dass er tun könne, was er wollte, er würde nie ganz hierher gehören.
    Er würde Diana nie ganz besitzen.
    Im Gegenzug war er sich nur zu bewusst, dass er ihr mit Haut und Haaren gehörte.
    Er war nicht sicher, wann es angefangen hatte – zu der Stunde, als sie in den Warteraum im Palais Lobkowicz getreten war und akzeptiert hatte, dass er ihr seine Freundschaft anbot? Es war nur eine Schmeichelei gegenüber einer Höhergestellten gewesen und gleichzeitig der freche Versuch, sie zu bezirzen. Er hatte nicht ahnen können, das dies dabei herauskommen würde. Später, als sie ihn aufgefordert hatte, sie noch einmal zu besteigen? Noch später, als sie ihn gedrängt hatte, die Instrumente, die im Kohlenbecken lagen, anzuwenden? Sie hatte sich, nackt wie sie war, an seinen Rücken gepresst, eine Hand um sein Geschlecht geklammert, mit der anderen sich selbst streichelnd, und ihm über die Schulter geblickt, während er, zögernd zuerst, dann mit wachsender Erregung, ihrem Drängen nachgekommen war. Waren es die vom Knebel gedämpften Schreie gewesen und das gleichzeitige Keuchen in seinem Ohr, die kundige Hand, die ihn über dem sich windenden, gemarterten Körper der Hure gemolken hatte? Die Erkenntnis, dass sie fähig gewesen war, in sein Herz zu blicken, dort den Wunsch gesehen hatte, zu demütigen, Schmerz zuzufügen, Herr über Leben und Tod zu sein, und ihr stummes Geständnis, dass sie beide in dieser Hinsicht aus einem Holz geschnitzt waren?
    Seither hatte sie ihm nicht mehr erlaubt, sie zu berühren. In Prag hielt sie sich fern von ihm. In den Lobkowicz’schen Palast hatte er nur noch dann eine Einladung erhalten, wenn es galt, eine Botschaft von ihrer Seite zu beantworten und dazu ihre Brieftauben zu benutzen. Sie schien sich fast ausschließlich in Pernstein aufzuhalten, und ihr Mann, Zdenk von Lobkowicz, ebenso ausschließlich in Wien. Einmal hatte er beide von Weitem gesehen. Er hatte die ferne, im Sonnenlicht von Geschmeide und teurem Stoff funkelnde Gestalt, die ihren Mann beinahe um Haupteslänge überragte, nicht mit der Diana in Einklang bringen können, die ihn im Halbdunkel des Schlafzimmers befriedigt hatte, während er die Hure zu Tode quälte.
    In Pernstein, zu den wenigen Gelegenheiten, an denen sie ihn dorthin zitiert hatte, war sie stets geschminkt gewesen. Bei ihrem ersten dortigen Wiedersehen hatte er die Arme um sie geschlungen und sie an die Wand gedrängt, war mit einer Hand unter ihren Rock gefahren und hatte versucht, sie zu erregen. Der Blick aus den luchsgrünen Augen hatte ihn versteinern und dann zurückweichen lassen. Er hätte das Miststück vergewaltigen sollen, hatte er sich gesagt, als er nach Tagen verwirrter

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