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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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wird, Alexandra Khlesl zu zerstückeln – jedenfalls nicht, um Kardinal Khlesl damit zu erpressen. Alexandra wird eine von uns sein.«
    »Was?«
    »Sobald die Zeit reif ist, werde ich Sie bitten, das Herz von Alexandra Khlesl zu erobern. Sie werden dafür sorgen, dass sie Ihnen nach und nach aus der Hand frisst.«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    Ihr Lächeln war federleicht. »Ich bitte Sie! Es wird Ihnen bestimmt etwas einfallen. Auf Ihr Gesicht wären Engel neidisch. Und was den Rest betrifft: Jeder hat eine dunkle Seite. Sie sind gut darin, daran zu rühren. Vögeln Sie sie. Darin sind Sie noch besser.«
    »Dazu muss sie mich erst mal an sich ranlassen, oder?« Er dachte an das schmale Gesicht der jungen Frau in der Kutsche, fast versteckt in seiner Umrahmung aus üppigem dunklen Haar. Ein Gesicht, das verletzlich und zart wirkte, bis man den winzigen Zug von Härte um die Mundwinkel wahrnahm und auf eine Qualität schließen konnte, die Alexandra Khlesl vielleicht nicht einmal selbst bewusst war. »Vielleicht bin ich nicht ihr Typ?«
    Sie seufzte leicht. »Sie sind sich offenbar nicht bewusst, dass Sie eine Gabe haben.« Sie trat wieder nahe an ihn heran, und mit einem Ruck, der so schmerzhaft war, dass er zusammenzuckte, packte sie ihn zwischen den Beinen. Ihr Mund war plötzlich so dicht an seinem, dass ihre Lippen ihn beim Sprechen streiften. »Von dir geht eine ständige Einladung zu einem Fick aus«, flüsterte sie und bewegte die Hand. Er stöhnte. Schmerz und Lust schossen gleichermaßen durch seine Lenden. »Die einen mögen es Charme nennen, die anderen Ausstrahlung, aber ich weiß, was es ist, weil ich weiß, was in deinem kleinen schwarzen Herzen vorgeht, mein Freund Henyk: Es ist der überwältigende Hunger nach dem nächsten Stück Fleisch. Du strahlst ihn aus wie einen Duft, und er ist ansteckend wie eine Krankheit.«
    Sie trat zurück, und er richtete sich ächzend auf, die Augen glasig. Sein Schoß pochte so hart, dass es ihm die Eingeweide abschnürte.
    »Ich erkenne noch etwas, was den anderen verborgen bleibt«, fuhr sie fort. »Dass Sie Ihr Fleisch am liebsten blutig mögen.«
    Heinrich versuchte es mit Leichtigkeit, obwohl er erschüttert war. »Nachdem Sie mir so viel über mich gesagt haben, haben Sie vielleicht auch Freude daran, mir zu sagen, was in Ihrem Kopf vorgeht? Ich weiß nämlich wirklich nicht mehr, was das Ganze soll.«
    Sie wandte ihm wieder den Rücken zu, trat vor das Pult und fuhr mit der Hand über die Seiten des Codex. Heinrich hatte das Gefühl, als streiche sie über eine unsichtbare Harfe –Basstöne schienen plötzlich aufzuklingen und die Luft im Raum zum Erzittern zu bringen.
    »Leite mich«, flüsterte sie. Heinrich wusste, dass nicht er gemeint war. Er hatte es mittlerweile oft genug erlebt – plötzlich gab es nur noch das Buch für sie. Die Umwelt hatte aufgehört zu existieren. Selbst ihre weiße Gestalt machte den Eindruck, mit einem Mal weniger stofflich zu sein, durchsichtig zu werden, in der Sphäre aufzugehen, aus der das Buch allen Legenden zufolge zu kommen schien. »Leite mich – damit ich das Reich leiten kann. Befiehl mir – damit ich dem Reich befehlen kann. Gib dich mir hin – damit ich dir das Reich zu Füßen legen kann.«
    Heinrich verdrehte die Augen, obwohl sein Zwerchfell bebte in dem unhörbaren Basston, der den Raum erfüllte. Er hätte sich nicht gewundert, wenn Putz von den Wänden gerieselt wäre, aber was er – und zweifellos sie – spürte, hatte auf das Mauerwerk keinerlei Effekt. Plötzlich hob sie die Hand von der Seite und ließ den Kopf sinken, und das Gefühl, nahe dem Zentrum einer riesigen Trommel zu stehen, wurde schwächer.
    »Kaiser Rudolf war zu schwach«, sagte sie. »Er hatte das richtige Ziel, aber den falschen Weg, und er war nicht der Auserwählte. Er glaubte, die Teufelsbibel zu besitzen, aber in Wahrheit hatte er nur Staub in seinen Händen. Er hatte erkannt, dass die Macht des Reichs nicht länger von Katholizismus oder Protestantismus, nicht länger vom Christentum abhängen kann, das sich als so schwach erwiesen hat, dass selbst seine Anhänger sich untereinander bekämpfen. Gott ist zu weit weg, und Jesus Christus hat der Welt den Rücken gekehrt und weint darüber, dass er umsonst in den Tod gegangen ist. Kaiser Rudolf war davon überzeugt, dass die Wissenschaft der einzige Ausweg sei. Sein Glaube war falsch.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Es war eines der wenigen Male, da sie ihm

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