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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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Einsamkeit wieder zur Abreise aufgefordert worden war, und sich vorgenommen, sie beim nächsten Mal zum Verkehr mit ihm zu zwingen, mit ein paar Faustschlägen als Dreingabe und Bezahlung für ihre vorhergehende Kälte. Doch als er, Monate später, wieder nach Pernstein gerufen worden war, hatte sich das Spiel wiederholt. Er hatte sie so sehr begehrt, dass er manchmal mehrfach pro Nacht selbst Hand an sich gelegt hatte, wissend, dass nur ein verwaister, dunkler, spinnwebenverseuchter Gang seine Schlafkammer von der ihren trennte, und er hatte nicht gewagt, sie erneut zu bedrängen.
    Natürlich war ihr all dies vollkommen bewusst. Natürlich spielte sie mit ihm. Er hasste sie. Er hasste sie, während er versuchte, so langsam wie möglich durch das Labyrinth aus Gängen und Treppenfluchten zu schreiten, das die Eingeweide von Pernstein darstellte, und dabei immer wieder feststellte, dass er beinahe zu laufen angefangen hatte. Er hasste sie, während er sich gleichzeitig vorstellte, wie es sein würde, sie wieder zu besitzen, die Kühle ihrer Haut und die Hitze ihres Schoßes zu spüren, von ihr gekratzt, gekniffen und halb erstickt zu werden und ihre heisere Stimme zu hören, die ihm ins Ohr flüsterte: Fick mich noch einmal. Er musste langsamer gehen, weil ihm der Atem ausging und weil er so erregt war, dass er sich selbst in der Schamkapsel wund scheuerte.
    Er liebte sie.
    Er gehörte ihr.
    Und sie gehörte dem Buch.
    Er stieß die Tür auf zu ihrer Kapelle. Sie nannte es ihre Kapelle. Es mochte sogar die Kapelle der Burg gewesen sein, als Wilhelm von Pernstein noch im Geld geschwommen war und als sein Sohn Ladislaus es begeistert und mit vollen Händen ausgegeben hatte. Jetzt war es nur mehr ein leeres Gewölbe. Das Buch lag auf einem großen Stehpult. Wie immer stand sie davor und betrachtete es, als er eintrat. Er wiederum betrachtete sie. Das Strahlen ihres weißen Gewandes blendete seine Augen, obwohl der Raum düster war.
    »Es entzieht sich mir«, sagte sie.
    Es war fast zu einem Ritual geworden; er fühlte sich gezwungen zu sagen: »Geben Sie sich Zeit.«
    Sie wandte sich nur halb zu ihm um. Er sah die Linie ihrer weiß geschminkten Wange und holte Luft. »Es ist Jahrhunderte alt. Und wenn es stimmt, dass der Teufel selbst es geschrieben …«
    Er ahnte ihr spöttisches Lächeln mehr, als dass er es sah. Er wusste, sie glaubte daran. Heinrich selbst wusste nicht, was er glauben sollte. Er spürte, wie sein Körper zu beben anfing wie unter einem unhörbaren Vibrieren und seine Ohren dröhnten, sobald er sich Pernstein nur näherte. Doch das Vibrieren spürte er auch, wenn er in Prag war. Er war sich nicht mehr sicher, ob es nicht schon immer da gewesen war oder erst seit dem Zeitpunkt, in dem er in die Existenz der Teufelsbibel eingeweiht worden war. Das Vibrieren war wie ein Erdrutsch, der jedes Mal den innersten Kern seiner Seele freilegte und ihm gestattete, einen Blick darauf zu werfen. Manchmal gefiel ihm, was er da sah. Manchmal erregte es ihn. Manchmal musste er an sich halten, um nicht in die nächste Ecke zu stürzen und sich dort zu erbrechen, bis seine Eingeweide sich krümmten. Dann schmeckte er das viele Blut, das er an den Händen hatte, auf der Zunge, und er glaubte zu hören, wie Toro ächzte, als er ihn zum geöffneten Fenster hinauswarf. Und er vernahm das Geräusch, wie er dem schwarzen Mönch, den kein Armbrustbolzen tödlich getroffen hatte, eines der Geschosse aus der Wunde riss und dann in die Kehle stach, und endlich das durch den Knebel erstickte wahnsinnige Geheul der billigen Hure, als er den rot glühenden Phallus aus dem Kohlenbecken nahm und … Und dann pflegte er das Gebrüll Ravaillacs zu hören, unten auf der Place de Grve, während Madame de Guise stoßweise keuchte: »Fe-ster-fe-ster-fe-ster …!« Es war schwer, das Erbrechen zurückzuhalten. Er hasste die Teufelsbibel dafür, dass sie ihm diesen Blick ermöglichte.
    »Ich habe Sie früher erwartet«, sagte Diana.
    »Sie wurde in Brünn aufgehalten. Ich nutzte die Gelegenheit, sie mir aus der Nähe anzusehen.«
    »Und?«
    »Sie ist hübsch«, sagte er widerwillig.
    Sie drehte sich ganz um. Über ihre Schulter sah er riesige Illuminationen und eng geschriebene Zeichenkolonnen, dann verdeckte ihr Körper die Sicht. Das weiße Gesicht verzog die Lippen, und die Zunge zeigte sich.
    »Nach Ihrem Geschmack?«
    »Weiß ich nicht.« Er wunderte sich selbst über seine Wortkargheit und darüber, dass es ihm Unbehagen

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