Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
bereitete, mit ihr über seine Begegnung mit Alexandra Khlesl zu sprechen.
»Werden Sie sich darüber klar. Sie ist vielleicht ein Geschenk. Von mir an Sie.«
Er winkte ab. Als sie zu ihm herüberglitt, hielt er den Atem an. Sie sah ihm tief in die Augen. Er fühlte eine kühle Hand an seiner Wange, dann brachte sie ihr Gesicht an seines. Ihre Zunge leckte über seinen Mund. Als er die Lippen öffnete, zog sie sich zurück. Er wollte nach ihr fassen, doch der glatte Stoff ihres Kleides entglitt ihm.
»Was war in Brünn?«, fragte sie.
»Irgendein armes Schwein hat dafür bezahlt, dass er ein junges Mädchen umgebracht hat. Ein Idiot«, fügte er an. »Er wusste nicht mal mehr, dass er’s getan hatte.«
»Welch eine glückliche Fügung.«
Heinrich biss die Zähne zusammen. »Ja«, sagte er dann. »Sie ist von ganz allein auf das Thema gekommen, als ich ihr erklärte, die Hinrichtung sei politisch motiviert. Sie hat in Wien auch eine Hinrichtung gesehen, mit genau umgekehrten Vorzeichen.«
»Es gibt zu viele Hinrichtungen in diesen Zeiten«, sagte sie und setzte ein falsches Mitleidsgesicht auf. »Und die Kirche kommt bei fast keiner gut weg, die protestantische wie die katholische.«
Heinrich sagte nichts. Er fühlte ihren Blick auf sich ruhen und empfand ihn gleichzeitig als unangenehm und aufreizend. Unruhig bewegte er die Schultern.
»Ich habe mit allen Mitteln versucht, den Code zur Teufelsbibel zu entschlüsseln. Ich habe nichts erreicht …«
Mit allen Mitteln, fürwahr, dachte Heinrich. Drei dieser Mittel sind von den Schweinen gefressen worden, samt ihren lächerlichen Alchimistenroben. Die drei alten Männer zu töten war langweilig gewesen. Er hatte gehofft, dass Diana sichihm hingeben würde, während sie die Werkzeuge an ihnen ausprobierten, die ein Tischler vor langen Jahren zu ganz unschuldigen Zwecken hiergelassen hatte. Doch sie hatte ihm nur befohlen, ihnen die Kehlen durchzuschneiden und die Leichen dann in den Schweinestall zu tragen.
»Glauben Sie wirklich, dass Kardinal Khlesl mehr weiß als Sie?«
» Mehr weiß? Er hat sich nie damit beschäftigt, aus Angst, sie könne stärker sein als er.«
»Aber ich dachte, Sie wollten ihn zwingen, Ihnen zu helfen, indem wir die Tochter seines Neffen in unsere Gewalt bringen? Wenn wir sie erst haben. Derzeit rollt sie unbehelligt nach Prag.«
»Sie enttäuschen mich, Henyk.«
Er starrte sie an. »Ich verstehe nicht …«
»Sie verstehen noch viel mehr nicht, als Sie denken.«
Heinrich zuckte mit den Schultern. »Aus dem, was Sie mir gesagt haben, habe ich geschlossen, dass wir das Mädchen hierher bringen und den alten Kardinal auf diese Weise bewegen, uns sein Wissen über die Teufelsbibel zu verraten.« Obwohl es ihm plötzlich einen schlechten Geschmack bereitete, fügte er ganz bewusst hinzu: »Und sollte er zögern, senden wir ihm Haarsträhnen, Finger, Ohren …« Er verstummte.
»Sie wissen offenbar immer noch nicht, mit wem wir es zu tun haben, Henyk.«
»Mit einem Kardinal, der gleichzeitig Minister von Kaiser Matthias ist, und mit seinem Neffen, der ein Krämer ist. Na und? Ihr Mann steht himmelhoch über dem alten Pfaffen, und Cyprian Khlesl ist ein Nichts.«
»Melchior Khlesl«, sagte sie langsam, »ist es zu verdanken, dass Kaiser Rudolf abdanken musste und dass unser neuer Kaiser jetzt Matthias heißt. Er hat den Herrn des Reichs in der Hand. Und Erzherzog Ferdinand hat solche Angst vor ihm, dass er ihn mit Hass überzieht, anstatt sich ihm anzudienen. Melchior Khlesl ist die graue Eminenz des Reichs und vielleicht der übernächste Papst.«
Heinrich sah zu Boden. Er fühlte sich wie ein Hütejunge, der nicht gemerkt hatte, dass ihm die Herde davongelaufen war. Und Diana war noch nicht fertig.
»Was Cyprian Khlesl angeht, so würde ich, wenn Sie und er in einer dunklen Gasse aneinandergerieten, versucht sein, mein Geld auf ihn zu setzen.«
Fassungslos fuhr er auf. Sie lächelte fein, die Hände vor dem Schoß gefaltet wie die züchtigste Jungfrau. Wut loderte in ihm empor, so schnell, dass er seinen Gesichtsausdruck nicht unter Kontrolle bekam. Ihre Brauen hoben sich leicht. »Hören Sie mit dem Zähnefletschen auf, Sie sehen aus wie ein Tier!«
»Ich bringe Ihnen seinen Kopf, und dann pisse ich in seine leeren Augenhöhlen!«, sagte er. Seine Stimme zitterte vor Zorn – und Eifersucht. Als er das erkannte, steigerte sich seine Wut noch mehr.
»Das wird nicht nötig sein«, sagte sie, »so wie es nicht nötig sein
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