Die Wächter Edens
Schritte auf dem Teppich, dann wurde die Tür wieder geschlossen.
»Und das müssen wir jedes Mal machen?«, fragte eine Männerstimme. Sie gehörte nicht dem Hünen, der sie so argwöhnisch im Auto betrachtet hatte, das konnte man erkennen.
»Ja, Toni«, antwortete eine Frau. »Oder wir riskieren, dass er wiederkommt.«
»Aber ich dachte, Vincent würde ihn vernichten?«, fragte der Mann, den sie Toni nannten.
»Das tut er auch«, warf der Hüne ein. »Aber dennoch könnte er bereits ein paar Kumpels eingeladen haben, verstehst du?«
Während sie sprachen, bewegten sie sich durch die Wohnung, was man an der schwankenden Lautstärke ihrer Stimmen erkennen konnte.
»Sie suchen vielleicht etwas«, sagte Tom.
»Oder sie kontrollieren etwas«, überlegte Arienne.
Der Hüne ergriff erneut das Wort: »Und sollte uns mal einer entwischen, dann wäre das ziemlich schlimm, wie du dir denken kannst.«
»Wie äußert sich das? Der arme Kerl sah schrecklich aus, das passiert doch nicht einfach so über Nacht, oder doch?«
Die Frau antwortete ihm. »Nein, es dauert meist ein paar Tage. Je nachdem, wie stark das Opfer ist.«
»Und dann?« Offensichtlich wusste Toni nicht viel über das, was er da tat.
Der Hüne seufzte. »Das ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Manche sind bloß müde, andere kotzen sich buchstäblich die Seele aus dem Leib. Wieder andere bemerken gar nichts. Kopfschmerzen, eine Erkältung, Fieber – man kann nie genau sagen, wie es geschieht. Luzifers Pack ist da sehr gerissen.«
»Und wer garantiert uns dann, dass er nicht einen von uns besetzt hat?«
Der Hüne brach in Gelächter aus. »Keine Sorge, Vincent würde das sofort bemerken … und sich deiner armen Seele annehmen.« Er machte eine kurze Pause. »He, Noriko, hast du was Verdächtiges gefunden?«
»Nein«, antwortete die Frau. »Kein Hinweis auf weitere Übergriffe. Aber das Schlafzimmer ist durchwühlt worden.«
»Also ein hilfsbereiter Nachbar, der die Nachlassverwaltung angetreten hat. Zurück ins Nest«, sagte der Hüne. »Bald gehen wir zur Hexe, vielleicht weiß die was.«
Arienne gratulierte Tom mit einem Kopfnicken. »Gute Idee, das mit den Schubladen.«
Mittlerweile war es offensichtlich, dass der Hüne die Gruppe anführte und Toni eher ein Anfänger war.
»Mach dir keine Sorgen, du wirst es noch begreifen«, sagte der Hüne in versöhnlichem Ton. »Und dann wirst du erkennen, dass wir wahre Wunder vollbringen.«
Die Wohnungstür wurde wieder geschlossen.
Sie warteten noch einen Moment, aber nichts weiter geschah.
Arienne spulte die Aufnahme vor, auf der Suche nach weiteren Gesprächsfetzen, aber es gab keine. Nur das Rauschen der Autofahrt war dumpf zu hören. Sie schaltete den Mediaplayer des Notebooks ab und lehnte sich in ihrem Sessel zurück.
Tom rieb sich müde die Augen. »Also, womit haben wir es nun zu tun?«
»Das sind sicher keine Polizisten«, stellte Arienne fest.
Tom stand auf und ging langsam auf und ab. »Was haben wir? Mehrere Tote, die meist verbrannt waren. Einen toten Polizisten, der wie ein Sieb durchlöchert wurde, mit einer Brandwunde auf der Stirn. Einer Brandwunde in Form eines Kreuzes.«
Arienne schrieb seine Gedanken auf und fügte ihre hinzu. »Wir haben drei Gestalten, die an den Ort des Verbrechens zurückkehren, offensichtlich, um ihn zu kontrollieren.«
Tom deutete mit dem Zeigefinger auf sie. »Kontrolle, ja, das denke ich mittlerweile auch. Gut.« Er schritt weiter durch den Raum. »Sie fahren zurück zum Nest, was auch immer das ist. Vermutlich ihr Quartier.«
»Was bedeutet, dass es kein verrückter Spinner ist, der aus reiner Lust tötet«, sagte Arienne.
»Genau. Das sind Spinner mit einem Plan.« Tom setzte sich wieder aufs Sofa. »Die sind schlimmer.«
»Religiöse Fanatiker?«
Er zuckte mit den Schultern. »Möglich. Sie sprachen von Luzifer …«
»Also eine Gruppe von selbst ernannten Exorzisten?«
»Es könnte sogar noch schlimmer sein«, sagte Tom. »Ihr Wagen stand bei einer kleinen Kirche …«
Arienne sprang auf. »Moment«, sagte sie und warf die Hände in die Luft. »Bevor wir weitermachen, müssen wir kurz durchatmen und uns vor Augen führen, wie verrückt das klingt.«
»Einverstanden.«
Sie fuhr fort. »Also, nach deiner Theorie mit den schießwütigen Bullen kommst du jetzt hiermit an? Dass die Kircheheimlich ein paar Mörder herumschickt und Leute verbrennen lässt?«
Tom zuckte erneut mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll,
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