Die Wächter Edens
aber so sieht es für mich aus.« Er hielt sich die Hand vor den Mund und hustete trocken. »Du hast sie doch selbst gehört«, beharrte er dann. »Die sprachen von Luzifer, von einer Hexe und von Wundern!«
Arienne schüttelte den Kopf. »Das klingt alles so verrückt!«
»Ich weiß. Aber wir können es leicht überprüfen. Wenn sie zu dieser Hexe gehen, werden wir sie beobachten.«
»Willst du sie beschatten?«
»Natürlich!«, rief er eindringlich. Er wollte aufspringen, doch ein weiterer Hustenanfall bremste seinen Schwung. »Wir beobachten ihr Auto. Oder wir benutzen noch mal deinen Trick mit dem Handy. Aber wir lassen sie nicht aus den Augen.«
»Tom!« Arienne blickte ihn eindringlich an. »Diese Leute sind gefährlich. Wenn auch nur die Hälfte deiner Vermutungen stimmt, dann sind sie sogar extrem gefährlich. Denkst du nicht, wir sollten die Polizei einschalten?«
»Du kannst gerne zu den Bullen gehen, wenn du ihnen erklären willst, wie du zu der Annahme kommst, dass die Kirche einen geheimen Exorzistenklub gegründet hat und in unserer Stadt Ketzer und Heiden hinrichtet … oder wie auch immer sie ihre Ziele sonst auswählen.«
Er wartete ihre Antwort mit hochgezogenen Augenbrauen ab, doch Arienne fiel keine spontane Erwiderung ein. »Ich weiß, es klingt zu verrückt.«
»Und mit ein paar Vermutungen müssen wir da auch nicht antanzen.« Er seufzte. »Ari, die stecken uns in die Klapse, aber ohne mit der Wimper zu zucken.« Er stand auf, streckte sich und rieb sich die müden Augen. »Ich werdenach Hause fahren. Ich weiß zwar nicht, wann sie zu dieser Hexe wollen, aber ich brauche Schlaf.«
Als er gerade an der Tür angekommen war, hielt Arienne ihn zurück. »Weißt du? Ich wünschte, du hättest mit dem schießwütigen Bullen richtiggelegen.«
Tom lächelte. »Ich auch, Ari. Ich auch.« Er seufzte. »Also, ich komme morgen früh vorbei. Dann werden wir eine waschechte Observation starten.«
Arienne ließ sich seufzend auf den Sessel fallen. »Wo sind wir da nur reingeraten?«, fragte sie leise.
Sie erhielt keine Antwort, lediglich ein leises Surren, das einen erneuten Ausfall der Heizung ankündigte, was sie wieder zu einer abendlichen Dusche zwang. Sie stand auf und ließ auf dem Weg ins Bad die Rollläden herunter. Dabei warf sie noch einen Blick auf die Straße. Der Schnee blieb tatsächlich liegen. Die ganze Stadt wurde langsam unter dem weißen Zauber begraben.
Bei dem Gedanken an die vielen Mordopfer kam Arienne jedoch ein anderer Gedanke: Die Stadt verschwindet unter einem großen Leichentuch.
Sie eilte ins Badezimmer. Rasch streifte sie ihre Klamotten ab und stellte sich unter den Wasserstrahl. Die wohlige Wärme prasselte auf sie nieder und half ihr, sich zu beruhigen. Arienne fühlte, wie das Adrenalin noch immer durch ihre Adern pumpte, hörte das Rauschen in ihren Ohren. Der Einbruch in die Wohnung war eine Sache für sich, dabei aber auch beinahe noch den mutmaßlichen Killern in die Arme zu laufen, war für sie ein wenig zu viel Spannung für einen Abend gewesen. Durch die Dusche würde sie hoffentlich den Kopf frei bekommen, um in Ruhe zu schlafen, denn sie wusste, dass sie Schlaf ganz besonders nötig hatte.
Pünktlich, als das warme Wasser zur Neige ging, kamArienne aus der Dusche. Sie föhnte sich die Haare. Es war zwar eine schreckliche Energieverschwendung, aber es würde über Nacht einfach zu kalt sein, die Haare an der Luft trocknen zu lassen.
Die Anspannung der letzten Stunden fiel nun vollends von ihr ab und sie kroch müde unter die Bettdecke. Ihre Lider wurden schwerer und schwerer und schon bald glitt Arienne in einen Traum hinab.
*
Sie stand im Windfang eines Hauses. Links von ihr führte eine Treppe aus großen Steinfliesen ins obere Stockwerk, geradeaus würde sie durch die Tür eine große und dunkle Diele betreten. Von dort ging es links in die Küche und geradeaus ins Wohnzimmer. Alle drei Räume waren miteinander verbunden und man hätte Stunden damit verbringen können, im Kreis zu rennen.
Sie wusste diese Dinge, weil sie als Kind genau so einige Stunden verbracht hatte.
Sie war in ihrem alten Elternhaus!
Arienne hörte im oberen Stockwerk ein Geräusch, es war helles Lachen. Ein Kinderlachen. Neugierig, aber dennoch vorsichtig schlich sie die Treppe hinauf. Sie fühlte, dass sie träumte, doch der Schlaf war noch zu fest, um daraus erwachen zu können.
Oben erstreckte sich ein langer Gang, zu dessen beiden Seiten weitere Türen in die
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